Icon Hinweis

Unsere Website befindet sich zurzeit im Umbau. Es kann zu kürzeren Ausfällen oder einer ungewohnten Darstellungsweise kommen.

Wir beeilen uns! Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
14.05.14
16:39 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 26: eCall nur ohne Ortungszwang

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 14. Mai 2014



TOP 26, Privatsphäre von Autofahrern schützen, Zwangsausstattung von Fahrzeugen mit elektronischem Ortungssystem eCall stoppen (Drucksache 18/1857)



Dr. Kai Dolgner:
eCall nur ohne Ortungszwang


Zweifellos ist eCall geeignet, in speziellen Situationen Rettungszeiten zu verkürzen und Menschenleben zu retten. Ähnliche Systeme verschiedenen Hersteller gibt es schon seit geraumer Zeit. Und es kann gerechtfertigt sein für ein flächendeckendes, einheitliches und effektives System, bei dem die Notrufannahme staatlicherseits organisiert werden soll, den Einbau eines entsprechenden Systems bei Neuzulassungen zwangsweise vorzusehen, auch wenn dieses zweifellos zu Mehrkosten führen wird und natürlich den freien Wettbewerb einschränkt. Das alleine wird noch für reichlich Diskussionsstoff und Widerstände bei der nationalen Umsetzung führen.
Schwierig wird es allerdings, wenn dieses System Daten übermittelt, ohne dass ich die Übermittlung unterbinden kann. Seit dem berühmten Volkszählungsurteil genießt das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eine entsprechend hohe Bedeutung, dass jeder über die Weitergabe und Verwendung seiner persönlichen Daten erstmal selbst bestimmen kann.
Man kann es nicht häufig genug wiederholen: Grundrechte sind Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Für Ihre Einschränkung bedarf es sehr guter Gründe. Zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr können Grundrechte grundsätzlich eingeschränkt werden, auch wenn da 2



natürlich die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss, wie die Urteile zur Vorratsdatenspeicherung zeigen. Aber genauso wenig wie es ein Supergrundrecht auf Sicherheit des Staates gegenüber seinen Bürgern gibt, gibt es auch kein Recht des Staates, den Bürger zur Wahrnehmung seines eigenen Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit gegen seinen Willen zu zwingen und deshalb sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einzuschränken.
Ich persönlich halte eCall für sinnvoll und würde es in meiner persönlichen Abwägung zwischen meinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und meinem persönlichen Überlebenswillen auch sicher benutzen. Ich werde aber dafür kämpfen, dass andere eine andere Entscheidung überhaupt treffen können.
Was ich nicht verstehen kann, ohne mich in Verschwörungstheorien zu versteigen: Was vergibt man sich eigentlich, wenn man das System ausschalten kann? Warum werden die wiederholte Aufforderung dazu sowohl von Verkehrsrechtsexperten, aber auch der Artikel-29-Gruppe der EU ignoriert? Wäre das System funktionsunfähig, wenn es ein Bruchteil nicht nutzte? Da es nur für Neuzulassungen gilt, wird vermutlich noch ein Jahrzehnt vergehen, bevor eine Mehrheit der Fahrzeuge ein solches System überhaupt installiert hat.
Nein, wer auf der Zwangsnutzung besteht, der gefährdet die Akzeptanz von eCall, da er den Geruch der staatlichen Zwangsbeglückung und gar den Verdacht staatlicher Massenüberwachung nicht los wird. Das böse Wort von der „Autowanze“ macht ja schon die Runde.
Nun werden sich einige fragen, was regt der Dolgner sich eigentlich so auf? Er würde das System selber nutzen und so viele Daten werden da ja gar nicht übertragen. Ich werde Ihnen sagen, warum. Ich wehre mich dagegen, dass mit dem Argument der eigenen Gesunderhaltung Grundrechtseingriffe begründet werden sollen. Diese Logik muss im Keim erstickt werden.
Was ist eigentlich, wenn ein implementierbarer Chip entwickelt wird, der vitale Lebensfunktionen überprüft und im Notfall selbstständig den Rettungsdienst alarmiert? Wird es dann eine Implantationspflicht geben? Zweifellos könnten so z.B. viele Infarktpatienten gerettet werden. Und bevor sie jetzt Science Fiction rufen: Den Chip gibt es bereits seit 14 Jahren! Es ist die 3



persönliche Entscheidung, auf kürzere Rettungsfristen verzichten zu können, auch wenn man bewusst dabei gegen das eigene gesundheitliche Interesse verstößt.
Auch das Europäische Parlament sollte seine eigenen Beschlüsse ernst nehmen. Es ist schlicht wenig glaubwürdig, in einem wegweisenden Beschluss zu den Folgen der NSA-Affäre einen digitalen Habeas Corpus für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger mit hohen Standards zu fordern und dann in der konkreten Umsetzung so schlank darüber hinwegzugehen. Aber dazu werden wir morgen ja noch kommen.
Wir werden dem Antrag der Piraten deshalb zustimmen.