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14.05.14
16:25 Uhr
SSW

Lars Harms: Datensicherheit und Wahlmöglichkeit statt Zwangsausstattung mit eCall

Presseinformation Kiel, den 14.05.2014

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 26 Antrag zum Stopp der Zwangsausstattung von Fahrzeugen mit elektronischem Ortungssystem eCall Drs. 18/1857

„Wenn die Datensicherheit auf dem neuesten technischen Stand ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzen wollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.“
2.500 Verkehrstote weniger soll das neue eCall-System bringen, wenn es denn flächendeckend
in die Autos eingebaut worden ist. Jeder Neuwagen soll nach dem Willen des EU-Parlaments ab
2015 seine Standortdaten via SIM-Karte im Falle eines Unfalls senden können. Dafür soll
höchstwahrscheinlich in Deutschland das bestehende 112-Notruf-Netz genutzt werden.
ECall hat allerdings auch Nachteile, weil es Daten erzeugt, die abgefangen und gespeichert
werden können. So wie die Mautdaten der LKW inzwischen von der Polizei genutzt werden,
obwohl das so eigentlich nie vorgesehen war, könnte das auch bei den eCall-Daten sein. Das ist
keine gute Vorstellung und hat überhaupt nichts mit Hysterie zu tun. Wenn Daten erzeugt
werden, dann werden sie auch weiterverarbeitet, von Dritten genutzt und gespeichert. Das
zeigen uns alle Erfahrungen in vielen Bereichen. Darum hat das EU-Parlament den
Kommissionsentwurf entscheidend nachgebessert. Eine dauerhafte elektronische Verfolgung
des Fahrers ist danach ausdrücklich ausgeschlossen. Die Kommission hatte lediglich eine Formulierung gewählt, wonach die Nachverfolgung im Normalbetrieb auszuschließen sei.
Doch die hat das Parlament einkassiert.


In Brüssel hat man also durchaus die europaweiten Bedenken gegen eCall registriert und
entsprechend reagiert. Die Änderungen im Gesetzestext sind bürgerfreundlicher als der
Kommissionsentwurf und versuchen ein Höchstmaß an Datenschutz zu gewährleisten. Das ist
wiederum nötig, um die obligatorische Ausstattung mit eCall zu rechtfertigen. Die
europäischen Autofahrerinnen und Autofahrer wird nämlich die Möglichkeit genommen, ihren
Aufenthaltsort zu verbergen. Das ist künftig nur möglich, wenn man mit einem Taxi fährt oder
weiter mit seiner alten Gurke unterwegs ist. Einen Neuwagen ohne eCall wird es ab 2015 in
Europa nicht geben.


Das System büßt nämlich seine Vorteile ein, wenn es nicht flächendeckend zum Einsatz
kommt. Es geht um die Autos, die beispielsweise ungebremst in einen Stau hineinfahren. Denn
durch den raschen Notruf kann auch früher die Warnung vor dem Unfall an andere Autofahrer
rausgehen. Das wiederum soll Unfälle verhindern.


Die Sicherheit, die von dem neuen System ausgeht, bewertete das Parlament höher als
Datenschutzgesichtspunkte. Da haben die EU-Parlamentarier aber die Rechnung ohne die
Nutzer gemacht. Von Ihnen haben manche eben doch große Bedenken, selbst wenn ein solches
System gut gemeint ist. Im Internet werden inzwischen schon Möglichkeiten diskutiert, das
System einfach zu zerstören. Die Wogen gehen also hoch.Ich bin davon überzeugt, dass man
die Bedenken ernst nehmen sollte. Es geht nicht darum, dass ein Autofahrer nichts zu
verbergen habe. Jedermann kann ruhig wissen können, wo ich hinfahre und muss es sogar
wissen, wenn ich aufgrund eines Unfalls nicht mehr in der Lage bin, meinen Standort der
Rettungsleitstelle mitzuteilen. Aber ich möchte schon selbst die Wahl haben, ob ich diese
Informationen weitergeben möchte oder nicht. Der Staat sollte niemals leichtfertig seine Bürgerinnen und Bürger verpflichten. Wenn er es
dennoch tut, ergibt sich für den Staat eine besondere Sorgfaltspflicht. Das Spannungsfeld
zwischen Datenschutz und Fahrsicherheit, zwischen Bevormundung und Schutz bei Unfällen
ist ja nicht neu. Als am 1. Januar 1976 in Deutschland die Gurtpflicht eingeführt wurde, kam es
ebenfalls zu einer breiten Debatte. Viele Autofahrer fühlten sich bevormundet und an ihr Auto
gefesselt. Sie sahen nicht ein, dass der Staat ihnen vorschrieb, wie sie ihr Leben schützen
sollten. Inzwischen ist der Griff zum Sicherheitsgurt eine Routine, den kaum noch jemand
nachfragt. Allerdings muss man aber auch sagen, dass sich seitdem technisch Einiges getan
hat. Unter den modernen Dreipunktgurten kann man nicht mehr durchrutschen und die
Gurtstraffer haben das Risiko von Verletzungen des Gurts erheblich verringert.
So eine Entwicklung wünsche ich mir auch für eCall-Systeme. Dass nämlich die Datensicherheit
auf dem neuesten technischen Stand ist.


Wenn dies der Fall ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzen
wollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.