Dr. Ralf Stegner zu TOP 10: Über Landesbeauftragte und das politische Verständnis der CDU
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 10. April 2014TOP 10: Änderung gesetzlicher Vorschriften über die Wahlen von Landesbeauftragten (Drucksache 18/1764)Dr. Ralf Stegner:Über Landesbeauftragte und das politische Verständnis der CDUEs gibt Ämter, deren Besetzung wählen wir in diesem Hause mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Zwei-Drittel-Mehrheit steht in erster Linie für eine verfassungsändernde und ist damit eine besondere Mehrheit. Sie gilt bei der Wahl von Richtern, bei der Wahl des Landesverfassungsgerichts, also bei der Einsetzung der Judikative. Die Landesrechnungshofpräsidentin, übrigens derzeit auf CDU-Vorschlag besetzt, wird ebenfalls mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Sie ist aber auch Dienstherrin einer eigenen Behörde.Landesbeauftragte sind eine große Errungenschaft des politischen Systems in Schleswig- Holstein. Ich habe gestern am Beispiel der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten einiges hierzu gesagt. Aber ist die eben skizzierte Zwei-Drittel-Mehrheit für diese Ämter die richtige Wahl? Derzeit ist es eine einfache Mehrheit im Parlament, die über die Besetzung dieser Ämter entscheidet. Warum sollten wir das ändern? Die Beauftragten haben gegenüber dem Landtag eine Berichtspflicht. Andere Amtsinhaber sind uns gegenüber deutlich mehr Rechenschaft schuldig: Ich erinnere daran, dass der Ministerpräsident als Kopf der Exekutive mit Richtlinienkompetenz mit einfacher Mehrheit vom Landtag gewählt wird.Dieselbe Mehrheit gilt für den Landtagspräsidenten, obwohl von diesem eine überparteiliche Amtsführung erwartet wird. Herr Callsen, wo ist Ihre sachliche Begründung, die Beauftragten mit 2Zwei-Drittel-Mehrheit zu wählen, Landtagspräsident und Ministerpräsident dagegen mit einfacher Mehrheit? Ich bitte Sie: Lassen Sie die Kirche im Dorf.Wissen Sie, was ich denke? Ich denke, dass Frust die Motivation für Ihren Antrag ist. Sie verrennen sich ein ums andere Mal und selbst die FDP macht sich über Ihre Oppositionsarbeit lustig. Aber Frust ist ein schlechter Ratgeber. Die CDU hat keine Mehrheit, vermag sich nicht durchzusetzen, es gelingt Ihnen nicht, substantielle Konzepte als Gegenvorschläge zu unseren Gesetzen zu entwickeln.Das Ergebnis davon ist, dass Sie offensichtlich überlegen, wie groß denn eine Mehrheit sein muss, damit die CDU in diesem Land überhaupt noch mitreden kann. Ich antworte Ihnen aber: So funktioniert unsere Demokratie nicht! Die Wählerinnen und Wähler haben anders entschieden. Versuchen Sie, Ihre Konzeptlosigkeit doch nicht mit Larmoyanz zu überdecken!Ich will ja gar nicht so weit gehen wie Olaf Scholz, der gesagt hat: „Wir sind liberal, aber nicht doof.“ Ich sage: Dialog immer – aber am Ende steht in der Demokratie eine Entscheidung der Mehrheit. Und Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, kennen diese Situation doch auch aus der – wenn auch kurzen – Mehrheitsperspektive. Wie oft haben Sie zwischen 2009 und 2012 davon Gebrauch gemacht? Darf ich Ihr Gedächtnis auffrischen:Sie haben ein sehr umstrittenes Vorschaltgesetz zum Schulgesetz eingebracht und ohne Anhörung beschlossen; ein entgegengesetztes Gesetz von SPD, Grünen, SSW und Linken haben Sie dagegen abgelehnt.Beim Haushaltskonsolidierungsgesetz haben Sie die Gewerkschaften und Sozialverbände bei der Anhörung außen vor gelassen, obwohl sie alle betroffen waren.Und ich darf Sie auch daran erinnern, dass wir 2011 den von Ihnen vorgeschlagenen Flüchtlingsbeauftragten Herrn Schmidt – dessen ausgezeichnete Arbeit ich hier gern erwähne – mitgewählt haben, obwohl das Verfahren und Ihr Umgang mit dem leider verstorbenen Amtsvorgänger Wulf Jöhnk alles andere als respektvoll war.Wir waren mit Ihrem Vorgehen nicht einverstanden und pflegen deshalb heute einen anderen Stil. Aber was wir nicht getan haben, ist – weil uns die Mehrheiten nicht passten – einfach versucht zu haben, diese Mehrheiten so zu verändern, dass es ohne uns nicht zu einer Beschlussfassung kommen kann. Nein, wir haben den Wählerinnen und Wählern erklärt, was wir 3anders machen wollen, wir haben um eine entsprechende Mehrheit geworben. Und die haben wir auch bekommen.Dieser Antrag sagt vor allem etwas über Sie und Ihr politisches Verständnis aus. Sie machen die Beauftragten damit zu einem Instrument politischer Machtspiele. Sie können sich nicht mit dem politischen Willen der Wählerinnen und Wähler abfinden. Das aber ist Ihr internes Problem. Wir werden Ihr Gesetz ablehnen!Was Ihren Putin-Vergleich angeht, Herr Oppositionsführer, lassen Sie mich ein wenig versöhnlicher mit Goethe schließen:„Wer die Augen offenhält,dem wird im Leben manches glücken.Doch noch besser geht es dem,der versteht, eins zuzudrücken.“In diesem Sinne: Einmal ist keinmal, lassen Sie uns wieder in den Ideenwettbewerb um die besten Lösungen für unser schönes Schleswig-Holstein eintreten.