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09.04.14
13:58 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 44: Bürgerbeauftragte - eine Erfolgsgeschichte für Schleswig-Holstein

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 9. April 2014



TOP 44: Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein bei dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages (Drucksache 18/1525)



Dr. Ralf Stegner:
Bürgerbeauftragte – eine Erfolgsgeschichte für Schleswig-Holstein

1988 hatte Ministerpräsident Björn Engholm in seiner Regierungserklärung angekündigt: „Die Landesregierung wird noch in diesem Jahr einen Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten berufen. Er soll gleichzeitig die Interessen der Behinderten gegenüber der Verwaltung und der Politik wahrnehmen. Er wird unabhängig sein und auf der Seite derer stehen, die in Not um Hilfe nachsuchen.“ Später zog er einmal Bilanz: „Der hat, glaube ich, viel Segensreiches für Menschen mit Sorgen im Lande bewegt“. Das möchte ich heute ausdrücklich bestätigen.
Als Björn Engholm am 22. September 1988 – damals noch nicht durch den Landtag gewählt, sondern per Organisationserlass – nach dem Vorbild der skandinavischen Ombudsleute das Amt des Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten ins Leben rief, wurde der Geist des neuen politischen Verständnisses in diesem Land einmal mehr deutlich: Es sollte ein echtes Bürger- Amt geben, weil bei aller Rechtsstaatlichkeit die bittere Erkenntnis nicht zu leugnen ist, dass es in Verwaltungen mit ihrer teilweise schwer durchschaubaren bürokratischen Struktur zu Fehlern kommen kann und Menschen Unrecht geschieht. Manchmal in einem Ausmaß, das der Sozialstaat keinesfalls hinnehmen darf.
Heute, über 25 Jahre später, lesen wir den Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten und stellen fest: Es ist gut, dass wir dieses Amt haben. Die Bürgerbeauftragte ist eine – manchmal sogar die 2



– soziale Instanz des Landes Schleswig-Holstein. Ihr Ansehen, ihr Fachwissen und ihr Engagement sind allseits anerkannt und geachtet. Das ist nicht selbstverständlich, wenn es darum geht, Menschen im Umgang mit Einrichtungen und Verwaltungen im Sozialbereich, mit Bewilligungs- und Leistungsbescheiden zu ihrem Recht zu verhelfen.
Die Anzahl der Menschen, die sich an die Bürgerbeauftragte wenden, steigt jährlich. Von 804 Eingaben im ersten Amtsjahr auf ein neues Rekordhoch im vergangenen Jahr von rund 3.900 Eingaben, ein Plus zum Vorjahr von 5,7%.
Die Dichte und Kompliziertheit von Sozialgesetzgebung nimmt zu, viele Menschen fühlen sich im Paragraphendschungel verloren. Rund 3.500 Menschen suchten 2013 in einer Vielzahl von Ausnahmeregelungen, Gesetzen und Verordnungen in der Verwaltungspraxis ihren Rat. Die Bürgerbeauftragte ist in solchen Fällen für die Menschen eine verlässliche Anwältin für schnelle und flexible Hilfen bei sozialen Angelegenheiten.
Ich will dazu anmerken, dass auch wir gefordert sind, wenn es darum geht, die Arbeitsbedingungen in unseren Behörden nicht außer acht zu lassen. Sie sind Grundlage für eine funktionierende bürgernahe Verwaltung. Wir brauchen Erkenntnisse darüber, wo Änderungsbedarf besteht. Auch diese Aufgabe erfüllt die Bürgerbeauftragte in besonderem Maße.
Da, wo die Bürgerbeauftragte gebraucht wird, geht es häufig um die Existenz eines Menschen oder gar einer gesamten Familie. Dass die Eingaben im Bereich des SGB II auf besonders hohem Niveau liegen, zeigt dies sehr deutlich. Hier gibt die Bürgerbeauftragte Hinweise und zeigt einen deutlichen Änderungsbedarf in der Bearbeitung der einzelnen Anträge auf.
Die Anregungen der Bürgerbeauftragten an die politischen Institutionen in diesem Land sind für uns wichtig, oft auch schmerzhaft, weil sie den Finger immer wieder zielsicher in offene Wunden legt. Umso mehr werbe ich dafür, ihre Anregungen aufzugreifen, zu debattieren und – wo immer möglich – auch umzusetzen.
Ein Drittel der Eingaben im vergangenen Jahr betraf die Grundsicherung für Arbeitssuchende, wahrlich keine Luxusfrage, sondern schlicht eine Überlebensfrage. Die Vielfalt ihrer Arbeitsbereiche geht aber weit darüber hinaus: Arbeitsförderung, Kranken- und Rentenversicherung, Gesundheitsversorgung, Kinder- und Jugendhilfe, Rehabilitation, Teilhabe 3



von Menschen mit Behinderung, BAföG, familienpolitische Leistungen, Wohngeld und Schulangelegenheiten – all dies und noch viel mehr umfasst den Tätigkeitsbereich des kleinen Teams in der Dienststelle der Bürgerbeauftragten in Schleswig-Holstein, das so unendlich viel leistet.
Die Einführung der Antidiskriminierungsstelle hat ihre Arbeit im Übrigen noch vielseitiger gemacht und durch ihren Einsatz einen beherzten Start erlebt.
Wer auch die Einzelfallbeispiele im Tätigkeitsbericht liest, dem wird dies sehr anschaulich gemacht:
 Eine Schülerin, die dank Grundsicherung während der Ausbildung einen Abschluss machen kann,
 eine Witwe, deren Rentenansprüche erfüllt werden konnten,
 eine pflegebedürftige Dame, deren Rechte und Wünsche respektiert werden
 sowie die Befreiung einer Familie von Kita-Beiträgen.
Diese Menschen haben ihr Recht erhalten. Aber sie haben es bekommen, weil sie mit Birgit Wille und ihrem Team in Kontakt getreten sind und sich diese für sie stark gemacht haben. Dieser Einsatz und dieses Engagement verdienen Respekt und Anerkennung!
Im Namen der SPD-Landtagsfraktion möchte ich Birgit Wille für ihren unermüdlichen Einsatz und für viele anregende Hinweise in den 13 Jahren ihrer Amtszeit herzlich danken. Sie war stets sachlich und hat uns vor Augen geführt, wo wir nicht wegschauen dürfen. Dabei war sie nie unparteiisch: Sie stand immer fest an der Seite derjenigen, die auf ihre Hilfe angewiesen waren.
Eugen Glombig, Sigrid Warnicke und Birgit Wille haben dieses Amt in den vergangenen Jahren mit Leben gefüllt. Ihnen und ihren Teams gilt unser Dank. Viele zehntausende Eingaben wurden hier bearbeitet, vielen Bürgerinnen und Bürgern konnte schnell und unmittelbar geholfen werden. Die herzliche und kompetente Beratung ist ein unverzichtbarer Bestandteil eines sozialen Schleswig-Holsteins.
Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten ist und bleibt eine notwendige und bewährte Institution in Schleswig-Holstein. Dass ihre Existenz inzwischen unbestritten ist, ist gut für dieses 4



Land. Und mit Blick auf die gleich im Anschluss anstehende Wahl in diesem Punkt bin ich optimistisch, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird.
So bleibt mir nach dem Dank an die ausgeschiedene Bürgerbeauftragte nur, auch der künftigen Amtsinhaberin Glück und Erfolg zu wünschen. Viele Bürgerinnen und Bürger sind auf ihren Sachverstand und ihr Engagement mit viel Herz angewiesen. Und beides verbinde ich mit diesem Amt. Es ist gut für unser Schleswig-Holstein und verdient die volle Rückendeckung in diesem Hause.