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19.03.14
17:54 Uhr
SSW

Lars Harms: Streikrecht für bestimmte Beamtinnen und Beamte

Presseinformation Kiel, den 19. März 2014

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 27 Streikrecht für bestimmte Beamtinnen und Beamte einführen
Drs. 18/1680


„Rechtssicherheit ist auch nach dem Straßburger Urteil nicht eindeutig geklärt“


Es ist jetzt genau 11 Monate her, dass wir dieses Thema zuletzt hier im Landtag debattiert
haben. Soweit ich das beurteilen kann, hat sich die Sachlage nicht wesentlich verändert. Das
Berufsbeamtentum ist als Institution ist in Deutschland immer noch fest verwurzelt. Das
deutsche Beamtentum gehört zu einem besonderen Eigenmerkmal der Bundesrepublik und
lässt sich mit anderen Beschäftigungsformen im EU-Vergleich nur schwer vergleichen –
auch nicht mit Formen des Beamtentums in anderen Ländern. Der Europäische Gerichtshof
hat vor kurzem ein Urteil gesprochen und betont darin das Streikrecht für Beamte. Nun
haben wir also ein Urteil mehr in der langen Reihe von Urteilsverkündungen. So hat sich
beispielsweise das Oberverwaltungsgericht in Münster gegen ein Streikrecht für Beamte
ausgesprochen, ebenso wie das Verwaltungsgericht in Osnabrück. Auf der anderen Seite
haben die Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und Kassel ein Streikrecht für zumindest
bestimmte Beamten für rechtens erklärt. 2
Die Rechtssicherheit ist auch nach dem letzten Urteil aus Straßburg nicht eindeutig geklärt.
Der Wortlaut des Urteils bezieht sich weder explizit auf die deutschen Beamten, noch auf
bestimmte Gruppierungen von Beamten. Am Status quo hat sich also nichts geändert.


Das Streikverbot für Beamte hängt mit der Treuepflicht zusammen und bildet gleichzeitig
eine Art Gegenstück zu den speziellen Regelungen für Beamte, wie etwa die Unkündbarkeit
und das Alimentationsprinzip. Mit dem Streikverbot soll sichergestellt werden, dass wichtige
Funktionen wie Zoll und Schulwesen oder die Verwaltung eines Staates zu jeder Zeit
aufrechterhalten werden.


In vielen anderen europäischen Ländern, hat man eine solche Regelung nicht. So hat etwa
Dänemark im letzten Jahr von sich reden gemacht. Es ging dabei um erhebliche Probleme,
jedenfalls wenn man den größten Teil der Eltern im Königreich befragte. Zu dem Zeitpunkt
wurden alle Lehrer der folkeskoler – sprich Gesamtschulen - von der ersten bis zur neunten
Schulstufe ausgesperrt, das heißt, es lag eine Zwangsaussperrung vom Seiten des
Arbeitgebers vor. Die ausgesperrten Lehrkräfte bekamen kein Lohn, jedoch zahlte die
Gewerkschaft ihnen einen Ausgleich aus der Streikkasse. Die Kommunen als Schulbetreiber
strebten einen Anstieg der Unterrichtsstunden an und forderten zudem eine allgemeine
Anwesenheitspflicht für Lehrer, die folglich bis 16.00 Uhr auf dem Schulgelände zu bleiben
haben. Es kam zum Streit zwischen dem Dänischen Lehrerverein (Danmarks Lærerforening)
und der Vertretung der Kommunen (Kommunernes Landsforening). So sah die
Ausgangslage, die zum Arbeitskampf der dänischen Lehrkräfte geführt hat, aus.


Für berufstätige Eltern oder Alleinerziehende hat diese Situation rein praktisch bedeutet,
dass sie ihre Kinder irgendwie anders unterbringen mussten. 25 lange Tage mussten sie
sich immer wieder aufs Neue fragen, wo bringe ich heute meine Kinder unter? Mehr noch,
die Schüler in den Abschlussklassen bangten um ihren Abschluss. Erst mit einem rechtlichen
Eingriff, der von einer Mehrheit der vertretenen Parteien im Folketing mitgetragen wurde,
konnte dieser landesweite Konflikt beendet werden. 3



In Dänemark können Lehrer also streiken, jedoch bedeutet das auch, dass sie vom
Arbeitgeber ausgeschlossen werden können. Egal ob ausgesperrt oder Streik – das
Ergebnis bleibt gleich. Kinder können nicht zum Unterricht und die Eltern oder
Alleinerziehende stehen vor einem akuten Betreuungsproblem.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass es einen Zielkonflikt gibt. Einerseits das Recht auf
Streik für die Beschäftigten und die Aussperrungsmöglichkeit für den Arbeitgeber, auf der
anderen Seite die Aufrechterhaltung der staatlichen Funktionen, für die die Bürgerinnen und
Bürger im Übrigen auch ihre Steuern entrichten.
Wir haben hier also ein rechtliches Problem und ein praktisches Problem. Nach unserer
Auffassung hat sich an der unsicheren Rechtslage nichts geändert und auch die praktischen
Fragen wären ungelöst. Ob es doch noch neue Erkenntnisse gibt, können wir sicherlich in
den Ausschussberatungen noch erörtern.