Dr. Ralf Stegner zu TOP 22: Kultur im Norden - nur echt mit dem Landestheater!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 19. März 2014TOP 22: Zukunft der Theaterlandschaft in Schleswig-Holstein (Drucksache 18/1663)Ralf Stegner:Kultur im Norden – nur echt mit dem Landestheater!Es sind kulturpolitisch stürmische Zeiten in diesem Frühling in Schleswig-Holstein. Uns liegt deshalb daran, dass daraus nicht der Herbst für das Landestheater wird. Sowohl die Landesregierung als auch die kommunale Familie sind bis an die Grenze dessen gegangen, was an finanzieller Unterstützung für den Neubau der Spielstätte des Landestheaters auf dem Hesterberg vertretbar war.Umso mehr bedauere ich die Entscheidung der Schleswiger Ratsversammlung. Das Nein zum großen Theater auf dem Hesterberg, das durch ein Patt in der Ratsversammlung in Schleswig zustande kam, hatte in seiner Begründung einiges von einem ganz kleinen Varieté. Bei allem Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung – dass Teile der Ratsversammlung nicht in erster Linie aus finanzpolitischen Erwägungen abgestimmt haben, sondern umgefallen sind, um Kulturministerin Spoorendonk eine Niederlage beizubringen.Da wurde unmittelbar vor der Sitzung eine sogenannte „Expertise“ wie ein Karnickel aus dem Hut gezaubert, der es in der Substanz wie auch Orthographie gleichfalls an Überzeugungskraft mangelte. Ein Sanierungsaufwand von 200.000 Euro für den Dachstuhl des bisherigen Theaters am Lollfuß war das Ziel. Ein paar Tage nach der Abstimmung dann das böse Erwachen in Form eines – diesmal – seriösen Gutachtens mit Kosten von über 15 Mio. Euro. Mich hat das nicht überrascht. Für 200.000 Euro bekommen Sie eine ganz schlechte Laienshow, aber kein solides Fundament für den Umbau des Landestheaters. 2Die Rolle des Oppositionsführers finde ich mehr als traurig. Da hat der örtliche Landtagsabgeordnete Johannes Callsen seinem Wahlkreis einen richtigen Bärendienst erwiesen. Wieder hat sich gezeigt: Wenn die Verantwortlichen des Landestheaters auf einen konstruktiven Lösungsvorschlag von Herrn Callsen warten wollten, könnte das Landestheater genau so gut „Warten auf Godot“ spielen.Aber die Beschäftigten des Landestheaters und Generalintendant Grisebach wissen jetzt immerhin, auf wen sie sich verlassen können und auf wen eben nicht: Auf Birte Pauls und Beate Raudies und natürlich auf Ministerin Anke Spoorendonk und Ministerpräsident Torsten Albig ist Verlass.Nun stehen wir vor einer Situation, die ich mir nicht gewünscht habe. Jetzt stehen alle Beteiligten in der Pflicht, die Konsequenzen der Schleswiger Ratsentscheidung – immer mit dem Blick auf das ganze Land – zu bewältigen. An unserer Unterstützung für das Landestheater hat sich nicht das Geringste geändert. Alle Beteiligten müssen jetzt gemeinsam nach Wegen suchen, diesem in seiner Existenz gefährdeten Modell Perspektiven zu erarbeiten.Ich erinnere mich, dass es aus anderen Teilen des Landes, z. B. in Itzehoe oder Neumünster, ernsthaftes Interesse an der Zukunft des Landestheaters gibt. Und auch für diese Standorte gilt unsere Unterstützung wie für Schleswig, das seine Chancen selbst verspielt hat. Und hier liegt auch für Herrn Callsen noch eine Chance, die ich viel optimistischer als Ihre Ex von der FDP mit Bertolt Brechts Worten darstellen möchte: „Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.“ – Aber möglich ist er, wie man hinzufügen möchte.Mit sehr viel Tatkraft hat sich die Landesregierung der Kulturpolitik angenommen. Ein vielfältiges kulturelles Angebot gehört für uns zu der Lebensqualität, die den echten Norden ausmacht. Der landesweite Kulturdialog, wichtige Gesetzesprojekte wie das Denkmalschutzgesetz oder ein Gedenkstättenkonzept sowie ein Zuwachs der Kulturförderung um immerhin 16 Prozent in finanzpolitisch herausfordernden Zeiten sind nur vier Beispiele dafür.Unser Land kann sich über eine vielfältige Kulturszene freuen. Diese zu erhalten und zu fördern ist uns ebenso wichtig wie eine breite gesellschaftliche Teilhabe an Kultur. Und wenn wir diese kulturelle Teilhabe erhalten wollen – gerade vor dem Hintergrund einer demografischen Entwicklung und einem Land, das auch durch die ländlichen Räume geprägt ist –, dann hat das 3Landestheater eine umso größere Bedeutung. Keine Frage, wir brauchen ein Konzept, das die veränderten Umstände bedenkt, wir müssen den Entscheidungen Rechnung tragen, aber wir wollen auch das Landestheater und damit ein wichtiges Stück Kultur in unserem Land erhalten.Am Tag nach der Abstimmung in Schleswig konnte man der Presse die Worte des Generalintendanten Peter Grisebach entnehmen: „Wenn nicht noch ein Wunder passiert, ist dies das Aus für das Landestheater.“ Ich möchte Herrn Grisebach, den über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landestheaters, aber auch allen Freundinnen und Freundinnen der Kultur in Schleswig-Holstein sagen: Ein Wunder kann diese Regierungskoalition nicht versprechen. Aber ich sage Ihnen zu, dass wir gemeinsam mit unserer Kulturministerin Anke Spoorendonk alles Notwendige dafür tun, dem Landestheater eine Perspektive zu geben.