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06.03.14
14:14 Uhr
B 90/Grüne

Tobias von Pein (SPD), Burkhard Peters (Grüne) und Lars Harms (SSW) zum Versammlungsfreiheitsgesetz

6. März 2014



Gemeinsame Presseinformation von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW



Küstenkoalition stellt Änderungen zum Versammlungsgesetz vor:
Bürgerrechte garantieren, Versammlungsfreiheit stärken
Nach intensiven Beratungen haben sich die Fraktionen der Küstenkoalition auf ei- nen gemeinsamen Änderungsantrag zum Versammlungsgesetzentwurf der FDP- Fraktion geeinigt. Leitfaden ist der Koalitionsvertrag: "Demonstrationen sind keine Gefahr, sondern Ausübung eines Grundrechts". Der Änderungsantrag wurde am 05.03.2014 in den Innen- und Rechtsausschuss des Landtags eingebracht und wird Gegenstand der mündlichen Anhörung sein.
18 Verbände, Institutionen und RechtswissenschaftlerInnen - von der Gewerk- schaft der Polizei über den Schleswig-Holsteinischen Landkreistag bis zum Komi- tee für Grundrechte und Demokratie e.V. - hatten die bisher vorliegenden Entwürfe kritisch kommentiert. Der jetzt von SPD, den Grünen und dem SSW vorgelegte Antrag nimmt viele Anregungen und Verbesserungsvorschläge aus der schriftli- chen Anhörung auf.

Der Sprecher für Demonstrationsgeschehen der SPD-Landtagsfraktion, Tobias von Pein, erklärt dazu:
„Unser überarbeiteter Entwurf eines ‚Versammlungsfreiheitsgesetzes‘ macht schon mit seinem Namen deutlich, dass es uns in seiner Ausgestaltung um die Wahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit geht. Gegenüber dem geltenden Bun- desversammlungsgesetz werden wesentliche Regelungen, insbesondere polizeili- che Eingriffsbefugnisse im Sinne des Schutzes der Versammlungsfreiheit liberali- siert. So dürfen sich polizeiliche Maßnahmen im Rahmen einer Versammlung ab sofort nur auf diejenigen konzentrieren, die die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährden.
1 Im Gegensatz zum geltenden Versammlungsgesetz werden Eingriffsbefugnisse des Staates wie Durchsuchungen und Identitätsfeststellungen direkt im Gesetz, statt wie zuvor mit Verweisen zum allgemeinen Polizeirecht geregelt. Dabei wer- den die Eingriffsvoraussetzungen den strengen Anforderungen des Schutzes der Demonstrationsfreiheit angepasst. Mit diesen und weiteren Punkten schaffen wir das bundesweit freiheitlichste Versammlungsrecht!“

Burkhard Peters, innen- und rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ergänzt:
„Wir freuen uns über den gelungenen Kompromiss. Mit dem vorgelegten Ände- rungsentwurf werden wichtige Eckpunkte eines modernen Versammlungsfreiheits- gesetzes umgesetzt.
Nach der Durchsetzung der Polizeikennzeichnung ist mit dem Verbot der Über- sichtsaufzeichnungen ein weiterer Meilenstein für die Bürgerrechte erreicht. Die Übersichtsaufnahmen müssen durch die Polizei offen vorgenommen werden und dürfen unter keinen Umständen aufgezeichnet werden. Sie dürfen also nur in Echtzeit von den Kameras auf den Monitor der polizeilichen Einsatzleitstelle über- tragen werden, wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Ver- sammlung erforderlich ist.“

Der Fraktionsvorsitzende des SSW, Lars Harms, erklärt:
„Wichtig war für uns, dass das Tragen von uniformer Kleidung, die Gewaltbereit- schaft signalisieren kann, verboten wird. Die Formulierung, die wir gefunden ha- ben, ist rechtlich tragfähig. Durch die Neugestaltung des Paragrafen 13 wird si- chergestellt, dass Versammlungen, die die nationalsozialistische Gewalt- und Will- kürherrschaft billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen auch dann beschränkt bzw. verboten werden können, wenn sie nicht an symbolträchtigen Or- ten oder Tagen stattfinden.
An einer Anzeigefrist für Versammlungen von 48 Stunden wird festgehalten, je- doch wird auf die Nicht-Berücksichtigung von Sonn- und Feiertagen bei der Frist- berechnung verzichtet. Das macht das Gesetz für die Genehmigungsbehörden und auch für die sich Versammelnden handhabbarer als bisher.
Alles in allem ist der Gesetzentwurf ein gelungener Kompromiss zwischen der um- fassenden Sicherstellung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit und den be- rechtigten Ansprüchen der Bürger auf Gewaltfreiheit und Schutz vor extremisti- schem Gedankengut.“

Zu den Änderungen im Einzelnen:
- Es besteht keine Verpflichtung, eine Versammlungsleitung zu bestellen. Eine sol- che Pflicht widerspricht der heutigen Wirklichkeit, in der Demonstrationen mitunter ohne zentrale Organisation z.B. über soziale Netzwerke geplant werden. Wenn es vor Ort erforderlich scheint, kann auch noch während der laufenden Versammlung eine Versammlungsleitung bestimmt werden.
2 - Die Behörde darf aus ihrer Sicht ungeeignete Versammlungsleitungen oder Ord- nerInnen nicht ablehnen. Auf die vielfach vorgetragene Kritik der Angehörten ha- ben wir die im FDP-Entwurf noch vorgesehene Möglichkeit gestrichen. Der Begriff der „Geeignetheit“ ist einfach zu unbestimmt.
- Der FDP-Entwurf sah außerdem zu weitreichende Möglichkeiten für die Ver- sammlungsbehörde vor, die Teilnahme oder Anwesenheit bestimmter Personen auf Versammlungen zu untersagen. Wir haben die Hürden für den Ausschluss hochgesetzt. Entscheidend ist nun die Gefahreneinschätzung unmittelbar vor Ver- sammlungsbeginn.
- Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird konsequent umge- setzt: Versammlungen müssen auch auf staatlichen Verkehrsflächen in privater Rechtsform möglich sein („Fraport“-Urteil zu Demonstrationen am Frankfurter Flughafen).
- Das Verbot der Ersatzversammlung anstelle einer aufgelösten Versammlung wird präzisiert. Dieses Verbot gilt nur für eine Ersatzversammlung am gleichen Ort. Dies ermöglicht z. B., an anderer Stelle gegen die Auflösung der Versammlung zu demonstrieren.
- Bereits der bisherige Entwurf der Koalition machte aus vielen Straftatbeständen des alten Versammlungsrechts Ordnungswidrigkeiten (z.B. Vermummung oder Nichtanzeige einer Versammlung). Wir haben nach der Anhörung die Höchstsätze von Bußgeldern bei mehreren Ordnungswidrigkeits-Delikten noch einmal deutlich herabgesetzt (von ursprünglich 3.000 auf 1.500 Euro bzw. 500 Euro).
- Bisher konnten bereits zwei Personen eine Versammlung nach dem Versamm- lungsrecht bilden. Dadurch konnten auch kleinste Zusammenkünfte, z.B. zum Zwecke des Verteilens von Handzetteln unter die Anzeigepflicht fallen. Das war nicht sachgerecht. Daher wird jetzt eine Anzahl von mindestens drei Personen vorgesehen.
- Als Anzeigefrist für Versammlungen gelten 48 Stunden, auch wenn in die Frist Sonn- und Feiertage fallen.


SPD-Fraktion Pressesprecherin Petra Bräutigam Tel. 0431 / 988 - 1305
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Pressesprecherin Claudia Jacob Tel.: 0431 / 988 – 1503
SSW Pressesprecher Per Dittrich Tel.: 0431 / 988 - 1383



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