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20.02.14
17:57 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zur Verlängerung der Kernbrennstoffsteuer

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 28 – Verlängerung der Kernbrennstoffsteuer Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Detlef Matthiessen: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 071.14 / 20.02.2014

Von einer Würgesteuer sind wir weit entfernt
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte KollegInnen!
Das Kernbrennstoffsteuergesetz – auch Brennelementsteuer genannt – legt in Paragraf 12 eine zeitliche Begrenzung fest. Dort heißt es unter dem Titel Anwendungsvorschrift: „Das Gesetz ist auf Besteuerungsvorgänge anzuwenden, bei denen die sich selbsttra- gende Kettenreaktion vor dem 1. Januar 2017 ausgelöst wurde.“
Wir wollen diese zeitliche Begrenzung entfristen. Wir brauchen diese Steuer auch über 2016 hinaus. Wir decken die Folgekosten der Atomwirtschaft damit nur sehr unvoll- ständig. Aller juristischer Aufwand und die massive Öffentlichkeitsarbeit der Atomin- dustrie sollten uns nicht beirren. Das Geheul um die angebliche Ungerechtigkeit der Brennelementsteuer sind nur Krokodiltränen.
Bis 2010 empfing die Atomindustrie nominal 143,2 Milliarden Euro Subventionen, wie es so schön heißt: Budgetwirksame Förderungen. In Preisen von 2010 bedeutet das zirka 195 Mrd. Euro. Pro Kilowattstunde 4,1 Eurocent. Dabei sind die Vorteile des Emissionshandels noch gar nicht eingerechnet: zirka 9 Mrd. Euro. Und die Vorteile des unvollständigen Wettbewerbs in den Strommärkten sind ebenfalls noch nicht einge- rechnet: zirka 36 Mrd. Euro.
Die Subventionierung hält bis heute an. 240 Mrd. bis 2010: Das Gejammer der Atomin- dustrie kann vor diesem Hintergrund kaum Mitleid auslösen.
Auf der anderen Seite stehen die Kosten, die die öffentliche Hand für die Beendigung des Atomprogramms zu tragen hat. Denken Sie nur an die Sanierung der Deponie As- se. Das angeblich sichere Endlager zur Probe zieht Wasser und keiner weiß genau, was dort lagert. Es soll geräumt werden. Auf öffentliche Kosten. Eine dunkle Episode aus dem Atom-Film „Lügen pflastern ihren Weg“. Seite 1 von 2 Der Zeitpunkt dieser Debatte heute kann nicht besser gewählt sein, wenn auch der An- lass ernst ist. In den strahlenden Kellern schleswig-holsteinischer AKW lagern rostige Atommüllfässer. Ein finsteres Kapitel der atomaren Vergangenheit, das uns heute und in unabsehbare Zukunft beschäftigen wird.
Es ist schon paradox, dass alle Reaktoraufsichtsbehörden der Länder mit Ausnahme Bayerns heute einen grünen Minister bzw. Ministerin haben. Die Anti-Atom-Partei orga- nisiert den Ausstiegsvollzug.
Auch den antragstellenden Fraktionen der Koalition ist es nicht verborgen geblieben, dass die Kernbrennstoffsteuer rechtlich umstritten ist. Zwei Landesfinanzgerichte haben dagegen geurteilt, das jüngste Urteil – Landesfinanzgericht Baden-Württemberg – setzt sich damit auseinander: Ein AKW-Betreiber hatte gegen die Steuerfestsetzungen ge- klagt. Das zuständige Hauptzollamt hatte zuvor die Anträge auf Aufhebung der Vollzie- hung abgelehnt. Der 11. Senat hat diese Entscheidung bestätigt.
Die RichterInnen haben in Ansehung der Entscheidung ihrer KollegInnen bei den Fi- nanzgerichten in Hamburg und München die Auffassung vertreten, dass es für die Ge- setzgebungskompetenz des Bundes zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer in Form einer Verbrauchsteuer nicht darauf ankäme, ob die Steuer auf die Stromkunden ab- wälzbar wäre oder nicht. Der Gesetzgeber sei auch vor dem Hintergrund des allgemei- nen Gleichheitssatzes Art. 3 Grundgesetz nicht daran gehindert gewesen, den Ver- brauch von Kernbrennstoffen zum Gegenstand einer Steuer zu machen. Es liege keine Verletzung des in Art. 14 GG gewährleisteten Eigentumsrechts der Betreiber von Kern- kraftwerken vor, sofern es diesen weiterhin möglich sei, ihre kerntechnischen Anlagen rentierlich zu betreiben.
Das hebt auf das Verbot der Würgesteuer ab. Eine Steuer darf nicht die Wirtschaftlich- keit zerstören. Davon sind wir hier auch weit entfernt. Brennstoffkosten bei AKW liegen in der Größenordnung von zehn Prozent der Gesamtkosten. Wir haben also kein Prob- lem mit der Kernbrennstoffsteuer.
Diese rechtlichen Fragestellungen veranlassen die Piraten einen Änderungsantrag zu stellen. Den lehnen wir ab. Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund. Nicht der Schleswig-Holsteinische Landtag überprüft das Ergebnis, allenfalls das Verfassungsge- richt.
Wir wollen schlicht die Landesregierung bitten, sich auf Bundesebene für eine Verlän- gerung bzw. für eine Entfristung der Brennelementsteuer einzusetzen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
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