Ines Strehlau zum kommunalen Finanzausgleich
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 20 – Reform des kommunalen Finanzausgleichs neu 24105 Kiel starten Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Dazu sagt die kommunalpolitische Sprecherin presse@gruene.ltsh.de der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, www.sh.gruene-fraktion.de Ines Strehlau: Nr. 067.14 / 20.02.2014 Wir müssen mit unserem Finanzierungssystem auf Veränderungen in Schleswig-Holstein reagieren Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, gleich eine Klarstellung: Wir werden die Landesregierung nicht bitten, den Gesetzentwurf für eine neues Finanzausgleichsgesetz in den Mülleimer zu werfen. Dafür ist es viel zu schade. Im Gegenteil: Wir begrüßen es, dass der Innenminister es nach 40 Jahren erstmals schafft, das Finanzausgleichsgesetz umfassend zu reformieren. Das Innenministerium hat einen bedarfsorientierten, verfassungskonformen Gesetzentwurf erarbeitet, der sich an den Grundsätzen der Transparenz und der gerechten Verteilung der Finanzaus- gleichsmittel ausrichtet. Unsinnige Altlasten wie die Zonenrandförderung sind beseitigt. So wie die CDU es fordert. Das FAG wird von einem Labyrinth zu einem strukturierten System. Es ist immer noch komplex, aber nicht mehr undurchschaubar. Der Gesetzentwurf ist in einem sehr ausführlichen Prozess mit den kommunalen Lan- desverbänden ein Jahr lang erarbeitet worden. Die kommunalen Landesverbände haben Seite 1 von 5 sich intensiv in den Prozess eingebracht und gemeinsam das Gerüst gebaut - ein Jahr lang ohne Aufschrei der Empörung von den Beteiligten. Stattdessen gab es Lob für die konstruktive Zusammenarbeit. So schlecht kann das Konzept also nicht sein! Der Auf- schrei kam, als konkrete Zahlen in der Welt waren. Das war der Startschuss zum Vertei- lungswettlauf und das ist auch nicht wirklich verwunderlich.Nun wurde die Systematik in Frage gestellt. Vor allem die Kreise und die abundanten, al- so reichen, Kommunen wollten nicht weniger Mittel bekommen. Eines der neuen Haupt- argumente war, dass nicht die Aufgaben und die dafür notwendigen Mittel definiert wor- den seien, sondern die Ausgaben.Richtig ist aber, dass die Gutachter die Haushalte der Kommunen gründlich durchforstet haben. Sie haben die Ausgaben für die dort aufgeführten Aufgaben zusammen gerech- net und so ermittelt, wie viel Geld die Kommunen für welche Aufgabe ausgeben. Daraus haben sie die einzelnen Töpfe für Kreisaufgaben, übergemeindliche und Ge- meindeaufgaben berechnet. Wir haben immer gefordert, dass das Geld den Aufgaben folgen soll. Und genau so wird es im neuen FAG umgesetzt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.Aus grüner Sicht wäre es sinnvoll und besser gewesen, vor einem neuen FAG eine Ver- waltungsstrukturreform mit einer Aufgabenanalyse zu machen. Aber dazu fehlen in die- sem Haus im Moment leider die Mehrheiten. So wird die Chance vertan eine zukunfts- weisende Finanzausgleichsstruktur mit einer zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur zu verbinden. Trotzdem ist es richtig und mutig, den kommunalen Finanzausgleich jetzt auf neue, stabilere Füße zu stellen.Nicht alle können gleichzeitig vom neuen FAG profitieren. Deshalb wird es Streit geben, egal wie ein neuer Ausgleich aussieht. Doch es ist ja gerade das Wesen eines Finanz- ausgleichs, dass das Geld dort ankommt, wo es am meisten gebraucht wird. Und in die- sem Punkt hat es deutliche Verbesserungen gegeben:Gemeindliche und übergemeindliche Aufgaben wurden bisher unterschätzt. Das zeigt das Gutachten und das bildet sich auch in der zukünftigen Verteilung der Finanzaus- gleichsmasse ab. Bildungsangebote, Sportstätten und Büchereien werden auch von den Menschen aus dem jeweiligen Umland genutzt. Das ist die Versorgungsfunktion der 2 zentralen Orte, die dafür auch angemessene finanzielle Mittel erhalten müssen.Ein Grundstein der Reform ist der Ausgleich nach sozialen Leistungen. Und es ist richtig, die Kommunen zu unterstützen, die hier die größten Lasten zu tragen haben. Dadurch wird mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung erreicht.Auch die demografische Entwicklung berührt den kommunalen Finanzausgleich, denn die Einwohnerzahl ist maßgeblich für die Berechnung der Schlüsselzuweisungen. Die Gemeinden, die vom demografischen Wandel besonders betroffen sind und die damit ohnehin vor großen Herausforderungen stehen, werden durch einen Demografiefaktor entlastet, der den Einwohnerrückgang abgemildert einfließen lässt. Wichtig ist hier: Der ländliche Raum wird gestärkt.Es ist richtig und wichtig, dass arme Gemeinden einen Garantiebetrag erhalten und dass die abundanten Gemeinden, auf der horizontalen Finanzausgleichsebene auch etwas abgeben. Hier das richtige Maß zu finden, ist schwierig.Der erste Entwurf war vielleicht etwas über’s Ziel hinaus geschossen. Das Innenministe- rium hat nachgebessert, um keine Kommune zu überfordern. Trotzdem wird es weiter Geberkommunen geben. Kampen auf Sylt muss zum Beispiel nach dem neuen FAG 260.000 Euro weniger in den Topf geben, aber immer noch fast zwei Millionen einzahlen. Das ist das Wesen eines Ausgleichs.Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich will die Steuerkompetenz der Kommunen nicht in Frage stellen. Doch wenn eine Ge- meinde die Hebesätze bewusst niedrig hält, um sich damit einen vermeintlichen Stand- ortvorteil zu schaffen und sich gleichzeitig beschwert, dass die Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu gering seien, dann muss diese Gemeinde auch die ei- genen Einnahmen verbessern.Dazu nur eine Zahl: Unsere Kommunen liegen mit ihren Hebesätzen für Grund- und Ge- werbesteuer unter dem Bundesschnitt. Wenn die Hebesätze der schleswig- holsteinischen Kommunen auf den Bundesdurchschnitt angehoben würden, hätten sie120 Millionen Euro mehr in ihren Kassen. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. 3 Es ist auch richtig, zur Ermittlung der Steuerkraftmesszahl zukünftig 92 statt 90 % des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze zu berechnen. Niemand hat etwas davon, wenn die Gemeinden künstlich arm gerechnet werden und die eigene Einnahmeseite nicht ausgeschöpft wird.Schleswig-Holstein ist immer noch ein Konsolidierungsland, auch wenn das Jahreser- gebnis für 2013 positiv war. Die Haushaltsplanung für 2014 basiert auf einem strukturel- len Defizit von 580 Millionen Euro. Dennoch haben wir die Finanzausgleichsmasse er- höht, es fließen 13,5 Millionen Euro mehr für die Schulsozialarbeit ins System.Zusätzlich zu der Entlastung der Kommunen durch die Übernahme der Kosten der U3- Betreuung und weitere 15 Millionen Euro durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, bedeutet das ein finanzielles Durchatmen für alle. Wir Grüne finden es richtig, dass der Vorwegabzug für Straßenbaulasten zukünftig für verschiedene Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden kann und können uns hier gut eine Aufstockung der Mittel für den Betrieb von ÖPNV oder den Breitbandausbau vor- stellen.Liebe Kolleginnen und Kollegen,in den kommunalen Finanzausleich sind in 2014 etwa 200 Millionen Euro mehr geflossen als in 2013. Die Lage wird sich 2015 für die Kommunen noch weiter entspannen, so dass wahrscheinlich alle Kommunen in 2015 mehr Geld vom Land bekommen.Übrigens gilt das natürlich auch für die Kreise, die auch profitieren, meist sogar mit ei- nem Plus abschließen, wenn die Entlastung der Kommunen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die GruSi-Entlastung, gegengerechnet wird.Es ist richtig, diese Entlastung in die Berechnung einzubeziehen. Wenn der Bund zu 100 Prozent eine Aufgabe finanziert, kann das Land dafür nicht auch noch Mittel hineinge- ben.Das Finanzausgleichsgesetz ist, wenn es demnächst den Landtag erreicht, nicht in Stein gemeißelt. Wir werden einen ausführlichen Anhörungsprozess durchführen. Und gerade 4 weil es so viele verschiedene Stellschrauben gibt, die untereinander zu Wechselwirkun- gen führen, ist es wichtig, dass das Gesetz regelmäßig auf den Prüfstand kommt. Des- halb ist geplant, schon in 2015 die erste Evaluierung durchzuführen.Wenn mehr als 600 Kommunen profitieren und inklusive Grusi-Entlastung und Zuwen- dungen für Infrastruktur und Schulsozialarbeit bis auf Stormarn alle Kreise ein Plus ver- zeichnen, dann ist der Entwurf deutlich besser, als CDU und Piraten uns Glauben ma- chen wollen und mitnichten ein Werk für die Tonne.Schleswig-Holstein hat sich in den letzten 40 Jahren verändert. Arbeitswelt und Sozial- struktur, Kita-Bedarf und Ganztagsschule und vieles andere mehr. Darauf müssen wir auch in unseren Finanzierungssystemen reagieren und Systeme anpassen.Ziel muss sein, dass die kommunale Solidarität tatsächlich greift und es insgesamt zu ei- nem gerechten Ausgleich kommt. Der kommende Gesetzentwurf bietet dafür eine gute Basis. *** 5