Barbara Ostmeier zu TOP 15: Nach 135 Jahren ist die Zeit reif
JustizpolitikNr. 41/14 vom 23. Januar 2014Barbara Ostmeier zu TOP 15: Nach 135 Jahren ist die Zeit reifMit dem vorliegen den Antrag möchten wir über den Weg der Bundesratsinitiative die Überprüfung des externen Weisungsrechtes der Justizverwaltungen gegenüber den Staatsanwaltschaften in Berlin auf den Weg bringen. Eine Diskussion die von den Berufsverbänden eingefordert und längst überfällig ist, damit unser Rechtsstaat auch in Zukunft modern bleibt und im Übrigen in Europa seine Vorbildfunktion behaupten kann.Die Strafverfolgung ist eine der zentralen Aufgaben des Staates. Die Verantwortlichkeit hierfür liegt bei den unabhängigen Gerichten. Aber das staatliche Anklagemonopol liegt bei den Staatsanwaltschaften. Ihre Bedeutung wird deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass es bei fast 80 Prozent aller Ermittlungsverfahren nicht zu einer Anklageerhebung kommt.Verfahren werden mit oder ohne Auflagen eingestellt, ohne dass hiermit ein Gericht befasst ist.Im Gegensatz zu den Richterinnen und Richtern jedoch sind Staatsanwälte nicht unabhängig. Die Staatsanwaltschaften sind vielmehr eingebunden in eine strenge Verwaltungshierarchie, an deren Spitze das Justizministerium steht. Dieses hat nicht nur umfassende Informations-, sondern vor allem auch umfassende Weisungsrechte. Pressesprecher Dirk Hundertmark, Mareike Watolla Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Seite 1/3 Sogar im Einzelfall.Ob diese Form politischen Einflusses heute noch zeitgemäß ist, bedarf einer umfassenden Diskussion. Innerhalb der Justiz ist diese Frage bereits beantwortet. Im Roland Justizreport 2014 sprachen sich 83 Prozent der befragten Richter und Staatsanwälte für eine Abschaffung des politischen Weisungsrechts gegenüber Staatsanwaltschaften aus.Und auch bei den großen Verbänden - dem Richterverband und der neuen Richtervereinigung - ist man sich in dieser Frage einig.Dieses deutliche Ergebnis darf die Politik nicht ignorieren. Dieses Ergebnis muss nach meiner Überzeugung in einen Diskussionsprozess einmünden. Dies umso mehr, als die Justizministerkonferenz im letzten November mit diesem Thema befasst war, es aber keine Unterstützung für die Initiative aus Sachsen gab.Wenn wir einen Blick auf die Entstehung der derzeit geltenden Regelungen werfen, stellen wir fest, dass sie aus einer gänzlich anderen Zeit stammen. Als das Gerichtsverfassungsgesetz 1879 in Kraft getreten ist, wäre die Frage, die wir heute diskutieren, undenkbar gewesen. Aber heute, 135 Jahre später und mit einem anderen Verständnis von Staat, wird es für eine solche Diskussion Zeit.Ist es wirklich noch zeitgemäß, dass ein Justizminister oder eine Justizministerin im Einzelfall in die Arbeit der Staatsanwaltschaften durch Weisung eingreifen kann? In vielen Ländern der Europäischen Gemeinschaft wird die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft im Übrigen bereits heute garantiert.Aber: wir wollen die Länder nicht dazu zwingen.Unser Antrag hat zum Ziel, dass die Länder die Möglichkeit erhalten, Modelle einzuführen, um ihre Staatsanwaltschaften von politischen Weisungsrechten frei zu halten.Wenn wir über eine solche Frage sprechen, dann müssen wir dabei auch das Vertrauen der Menschen in die Justiz im Auge behalten. Denn das Vertrauen der Menschen ist das wichtigste Kapital.Dazu gehört es, dass Strafverfolgung durch in der Sache unabhängige Staatsanwaltschaften erfolgt. Seite 2/3 Dazu gehört es, dass auch nur der Anschein einer politischen Einflussnahmemöglichkeit vermieden wird.Es sind doch gerade die spektakulären und von Presse und Medien begleiteten Strafverfahren, die immer wieder öffentliche Kritik hervorrufen. Auch in der Richtung, dass sich die Politik in solche Verfahren eingemischt haben könnte.Es kommt dabei gar nicht darauf an, ob dieser Vorwurf im Einzelfall gerechtfertigt ist. Und ich bin froh, dass dafür auch keine Beispiele zu nennen sind.Die Abschaffung oder Eingrenzung des externen Weisungsrechtes bedeutet ja nicht die Aufgabe jeglicher Kontrolle. Die dichte richterliche Kontrolle sowohl bei den, dem Richter vorbehaltenen Entscheidungen, als auch im Rahmen der bestehenden Rechtsbehelfe stellen das rechtsstaatliche Handeln der Staatsanwaltschaften sicher.Auch wenn es den einen oder anderen von Ihnen überrascht: Wir als CDU-Fraktion wollen diese Diskussion führen. Wir wollen unsere Staatsanwaltschaften und ihre Leistung für eine effektive Strafverfolgung stärken. Wir als CDU-Fraktion wollen dafür sorgen, dass das Vertrauen in die Justiz gefördert wird.Und gestatten mir abschließend eine Frage an die Justizministerin: Ich wäre Ihnen dankbar, Frau Ministerin, wenn Sie dem Plenum mitteilen könnten, welche Position Sie auf der Justizministerkonferenz im November 2013 zu dieser Frage eingenommen haben. Seite 3/3