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23.01.14
17:58 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zu neuen Formen der staatsanwaltlichen Organisation

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 15 – Länderkompetenzen stärken – Neue Düsternbrooker Weg 70 Formen staatsanwaltlicher Organisation ermöglichen 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der justizpolitische Sprecher Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Burkhard Peters: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 030.14 / 23.01.2014



Sie finden mit Ihrem Antrag bei uns weit geöffnete Türen vor liebe Frau Kollegin Ostmeier,
Ihr Antrag ist prima, er könnte glatt von uns stammen!
Bei genauer Betrachtung geht es in Ihrem Antrag um Gewaltenteilung. Noch präzi- ser: Um die von Einflüssen der Exekutive weitgehend befreite, selbstverwaltete Jus- tiz. Denn die Staatsanwaltschaft ist – worauf Sie in der Begründung Ihres Antrags zu- treffend hinweisen – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein „notwendiges Organ“ der Strafrechtspflege und somit eher der dritten Gewalt, also der Judikative und nicht der Exekutive zuzurechnen. Für den Bereich der Richterinnen und Richter ist es selbstverständlich, dass die Justizverwaltung im Bereich ihrer Rechtsprechung keine Weisungen erteilen darf. Sie sind von Verfassung wegen unabhängig.
Insofern ist es in der Tat ein schwer nachzuvollziehender Systembruch, dass die JustizministerInnen der Länder einer bestimmten Staatsanwältin oder einem Staatsanwalt in einem konkreten Einzelfall eine Weisung erteilen können. Das ist nach der gegenwärtigen Rechtslage gem. §§ 146, 147 GVG durchaus möglich, auch wenn es selten geschieht. Es kam aber auch in Schleswig-Holstein durchaus schon vor, wie der Fall des ehemaligen Oberstaatsanwalt Wille aus Lübeck in der Mordermittlungssache Barschel belegt.

In vielen Ländern der Europäischen Union ist die Weisungsfreiheit der Staatsan- waltschaft garantiert. Auch die Planungen zu einer EU-Staatsanwaltschaft schlie- Seite 1 von 2 ßen ein Einzelweisungsrecht der Exekutive ausdrücklich aus.
Das allgemeine Weisungsrecht des Justizministeriums ist aus meiner Sicht unprob- lematisch. Dieses verkörpert sich in Richtlinien für eine landesweit oder bundesweit geltende, gleichmäßige Vorgehensweise in bestimmten Verfahrensarten oder Fall- gruppen.
Zum Beispiel in der Richtlinie für Straf- und Bußgeldsachen oder der Anordnung über die Einstellung von Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Cannabisbe- sitz in geringen Mengen.
Um dieses allgemeine Weisungsrecht geht es in Ihrem Antrag jedoch nicht.
Es freut mich, dass Sie, liebe KollegInnen von der CDU, diesen Antrag jetzt vorle- gen! Das erfüllt mich mit der Hoffnung, dass Sie auch anderweitige Pläne für eine selbstverwaltete Justiz in Schleswig-Holstein zukünftig unterstützen werden. Die nächste Gelegenheit dazu ergibt sich im Verfassungsreformausschuss, in dem dis- kutiert wird, das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit der Gerichte und Staatsanwalt- schaften in unserer Landesverfassung zu verankern.
Sie sehen, Sie finden mit Ihrem Antrag bei uns weit geöffnete Türen vor. Auch im Justizministerium sind die Zeichen der Zeit längst erkannt worden.
Auf der letzten Justizministerkonferenz im November 2013 legte der sächsische Justizminister Dr. Martens (FDP) eine Initiative vor, wonach geprüft werden sollte, ob und in welchem Umfang das externe Weisungsrecht in Einzelfällen notwendig und noch zeitgemäß sei. Neben dem Justizminister aus Sachsen stimmten nur die Justizminister aus Bran- denburg von den Linken und Anke Spoorendonk aus SH der Initiative zu. Sie befin- den sich also mit Ihrem Antrag in guter Gesellschaft.
Die Grüne Justizministerin aus Niedersachsen und die Justizministerin des Saar- landes enthielten sich.
Aber elf JustizministerInnen, darunter drei von der CDU bzw. CSU, lehnten den Vorstoß aus Sachsen ab.
Liebe Kollegin Ostmeier, Sie sehen also, die meiste Überzeugungsarbeit müssen Sie mit Ihrer geplanten Bundesratsinitiative nicht hier in Schleswig-Holstein leisten, sondern in den anderen Bundesländern, vornehmlich in denen mit CDU-Beteiligung in der Landesregierung.
Zur weiteren Beratung sollten wir den Antrag in den Innen- und Rechtsausschuss überweisen, wo wir auch eine Anhörung durchführen sollten.
Dort können wir dann auch noch die äußerst spannende weitere Frage diskutieren, ob denn auch das interne Weisungsrecht, also innerhalb der staatsanwaltschaftli- chen Hierarchie, noch zeitgemäß ist. Die Abschaffung dieses internen Weisungs- rechts wird z.B. von der Neuen Richtervereinigung gefordert.
Vielen Dank
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