Jette Waldinger-Thiering: Kulturelle Bildung - ein Begriff hat Hochkonjunktur
Presseinformation Kiel, den 23. Januar 2014Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-ThieringTOP 44 Bericht zur Situation kulturelle Bildung Drs. 18/1384 Kulturelle Bildung – ein Begriff hat HochkonjunkturBildung und Kultur sind zwei Seiten einer Medaille. Sie müssen daher gemeinsamgedacht und getragen werden. Kultusministerin Anke Spoorendonk hat zusammen mitihren Kolleginnen Wara Wende und Kristin Alheit für 2014 das Jahr der kulturellenBildung eingeläutet. Ein Begriff, der in diesen Tagen Hochkonjunktur hat, nicht nur inSchleswig-Holstein. Auch auf Bundesebene hat man ein Pendant zu dem Vorhabenunserer drei Ministerinnen auf die Beine gestellt. Vielerorts werden Enquete-Kommissionen, Projekte, Initiativen und Gutachten zu diesem Thema präsentiert. Dochworum geht es in der kulturellen Bildung eigentlich? Es geht dabei vor allem um dieFörderung zur kulturellen Teilhabe. Die Kulturpolitik hat in diesem Zusammenhangeinen klaren Auftrag, nämlich dafür zu sorgen, dass so viele Menschen wie möglich,einen Zugang zum Kultursektor bekommen können. Und je früher man damit beginnt,umso größer sind die Erfolgsaussichten. Das Angebot zur kulturellen Bildung ist nicht 2für alle Kinder und Jugendliche im gleichen Umfang zugänglich. Der schulischeRahmen, sollte daher allen eine Chance bieten, Kultur in vielfältiger Weise auch nutzenund gestalten zu können. Hier müssen Brücken gebaut werden, zwischen denschulischen und außerschulischen Akteuren. Es geht dabei nicht nur um künstlerischeFähigkeiten, sondern auch um interkulturelle Kompetenzen, die Stärkung derpolitischen und gesellschaftlichen Partizipation oder auch um ganz persönlicheErfahrungen, Interessen und Entwicklungen. Kulturkonsum, Kulturhobbys, Anwendungvon Kulturtechniken und künstlerische Schulfächer, all das sind die Utensilien, mit demdas Jahr der kulturellen Bildung beschritten werden soll.In den meisten Schulen spielen Fächer wie etwa Musik oder Kunst nur eine Randrolle.Zum einen, zumal der ökonomische Nutzen nicht unmittelbar erkennbar ist, und zumanderen, weil diese Fächer nicht nur in Zeiten der PISA-Ergebnisse in einer starkenKonkurrenz zu den MINT-Fächern stehen. Auf der anderen Seite wiederum, scheinendie Musiker und andere Künstler in Deutschland nur so mit Preisen undAuszeichnungen überhäuft zu werden. Sie genießen ein hohes öffentliches Ansehen.Ihnen gilt der Ruhm. Natürlich sind Projekte und Investitionen im Kulturbereich mitanderen Sektoren, wie etwa im Bereich der Verkehrspolitik, nur schwer zu vergleichen.Jedoch erwirtschaftete die Branche im Jahr 2011 einen bundesweiten Umsatz von mehrals 143 Milliarden Euro. Ungefähr eine Million Arbeitnehmer arbeiten hauptamtlich imKulturbereich; Tendenz steigend. Es ist sicher keine Überraschung, dass die Kultur- undKreativwirtschaft weit hinter den Umsatzzahlen der Automobilindustrie liegt. Jedochschneidet die Kulturwirtschaft im Bruttowertschöpfungsvergleich besser ab, als etwadie Energieversorgung oder die Chemieindustrie. Im Jahr 2012 machte derKulturbereich in Schleswig-Holstein 5,7 % der Gesamtwirtschaft aus. Es handelt sich 3also durchaus um ein Arbeitsbereich, in dem viele Schülerinnen und Schüler ihren Berufausüben werden. Die Kultur- und Kreativwirtschaft fungiert mit ihren Dienstleistungenals ein wichtiger Querschnittsbereich für andere Bereiche in der Wirtschaft. DieKulturwirtschaft bildet eine wichtige Basis für wirtschaftliche und gesellschaftlicheNeuerungen. Denn die Kulturwirtschaft versprüht eine Menge an Kreativität, ohne diees keine Innovationen gäbe. Und ohne Innovationen gibt es keinen wirtschaftlichenFortschritt. Das ist natürlich ein wenig überspitzt formuliert. Aber worin wir uns glaubeich alle einig sind ist, dass der Kulturbereich von der Schul- und Berufsbildung nichtausgeschlossen werden darf. Kreativität ist eben doch keine Selbstverständlichkeit.Damit das Programm zur kulturellen Bildung auch Erfolg haben kann, darf an denbisherigen gedanklichen Grenzen des Kulturssektors nicht halt gemacht werden. Jegrößer wir dieses Rahmenprogramm stricken, umso besser. Je größer die Vielfalt, umsogrößer ist der Bildungseffekt und umso weiter wird das Netzwerk, welches etabliertwerden soll. Die drei Ministerinnen haben dies aufgegriffen und passender Weise dasJahr der kulturellen Bildung in Zusammenarbeit angerichtet. Gemeinsam sollen vierRegionalkonferenzen im ganzen Land abgehalten werden, in denen die Teilnehmergemeinsame Projekte und Vorhaben entwickeln können. Im Kulturministerium solleine Koordinierungsstelle ihre Arbeit aufnehmen, um den Kontakt zwischen Künstlern,Institutionen und Schulen herzustellen. Auch eine Datenbank soll im Verlauf desProgramms erstellt und genutzt werden. Zudem werden die drei Ministerien fünf so-genannter Kulturschulen in Schleswig-Holstein auszeichnen. Des Weiteren wird eseinen Wettbewerb um den Titel KulturKita 2014, für Kindertagesstätten geben. EinPreisgeld gibt es dazu noch obendrauf. 4Zum Schwerpunkt gehört auch der Bereich der Fort- und Weiterbildung. So sollenMenschen in pädagogischen Berufen verstärkt für das Thema der ästhetischkulturellen Bildung sensibilisiert werden. Auf der anderen Seite sollen Kunstschaffendevon ihren pädagogischen Wissen und Fähigkeiten lernen. Dies sind wieder zwei Seiteneiner Medaille. Eine solche umfassende inter-ministeriale Kooperation kommt nichtallzu oft vor, von daher ist das schon mal ein Applaus wert.Die Akteure und Kulturschaffenden müssen im Rahmen des Jahres der kulturellenBildung nicht neu erfunden werden, die gibt es ja bereits. Sie wohnen um die Ecke, imHaus von gegenüber oder sogar im selben Haus. Denn wir können alle an diesemProgramm teilnehmen. In Bezug auf die Akteure haben wir es mit einer äußerstheterogenen Gruppe zu tun. Sie umfasst etwa Schüler, Lehrer, Kinder, Erwachsene,Schauspieler, Musiker und Grafikdesigner – um nur einige von ihnen zu nennen.Kooperationspartner sind genügend vorhanden. Es muss lediglich ein fundiertesNetzwerk geschaffen werden, von dem die Kinder und Jugendlichen dann auch einenGewinn erzielen können. Die Verbindungen müssen also nur noch geknüpft werden.Das Jahr der kulturellen Bildung bietet dazu die richtige Gelegenheit. Dabei geht esganz konkret um die Frage: Wer macht was? Und wie können wir voneinander lernenund profitieren? Wir vom SSW im Landtag setzen darauf, dass diese Plattform dannauch über die nächsten 12 Monate hinaus genutzt werden kann. In den kommendenMonaten sollte rund um das Jahr der kulturellen Bildung nicht nur kreativ gearbeitetwerden. Sondern wir sollten uns auch kritisch mit diesem Thema auseinander setzen.Was ist eigentlich Qualität? Und welche Qualität wollen wir erreichen? Welche Wertevermittelt kulturelle Bildung? Was können wir im Umgang mit Medien lernen? Und 5welche Rolle spielt eigentlich das Kulturerbe? Auch diese Fragen gilt es in diesemZusammenhang zu diskutieren.An dieser Stelle kann ich jedenfalls alle interessierten nur dazu auffordern, sich am Jahrder kulturellen Bildung tatkräftig zu beteiligen. Vor allem fordere ich die Vertreter derautochthonen Minderheiten sich ebenfalls zu bewerben, damit die Vielfalt in unseremLand auch angemessen repräsentiert ist. Denn wo lernt man eine fremde – oder auchdie eigene – Kultur schneller und besser kennen, als etwa beim Musizieren oderTheater spielen? Abschließend möchte ich noch ein Zitat mit auf den Weg bringen. EinZitat, welches das Jahr der kulturellen Bildung gut umrahmt. So sagte der deutsch-friesisch-dänische Maler Emil Nolde einmal: ,, Die Kunst kommt vom Menschen und istfür den Menschen gemacht - nicht für die Experten. Ihre Formen bilden sich aus derlebendigen Liebe zum Leben. Sie verbindet die Menschen und gibt ein positivesLebensgefühl.“