Bernd Heinemann zu TOP 14: Mit den Kirchen zusammenarbeiten, nicht über sie hinweggehen
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 12. Dezember 2013TOP 14, Kirchenstaatsverträge evaluieren – Auftrag des Grundgesetzes erfüllen (Drucksachen 18/1258 und 18/1411)Bernd Heinemann:Mit den Kirchen zusammenarbeiten, nicht über sie hinweggehenJa ist denn schon wieder Weihnachten? Ja, das hohe Haus unseres Landes ist keine Kirche und doch voller Tannenbäume. Wir leben in diesen Wochen, wie an anderen Stellen in unserem Jahreskalender, unsere christlich-jüdischen Traditionen. Verlässliche und tiefe innere Balance, Sicherheit und emotionale Sicherheit wohnt in unserer Seele. Ein Anker dafür ist in der Geschichte der Menschheit immer wieder der Glaube, der, wie man sagt, sogar Berge versetzen kann.Das gilt nicht nur für Menschen, die nach Jahrzehnten der Glaubensabstinenz im Angesicht des nahenden Todes zum Glauben finden, es gilt auch für die überwältigende Zahl junger Menschen, die auf Kirchentagen zusammenkommen, über Grenzen hinweg diskutieren und sich gemeinsam für andere einsetzen. Es gibt Gesellschaften, die schreiben ihre Glaubensorientierung in die Verfassung, unterwerfen sich einem Glauben umfassend, etwa als Gottesstaat, oder drucken Glaubensbekenntnisse gar auf Geldscheine. Auf dem Glauben beruhen viele Elemente, auch hier in unserer abendländischen Tradition.Einigkeit besteht sicher im politischen Gedanken der Toleranz gegenüber den unterschiedlichen menschlichen Wertsystemen, also auch dem Glauben. Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung trennt zwar strikt die Institutionen des Glaubens, also Kirchen und Religionsgemeinschaften, und der rechtlichen Ordnung, also den Staat mit seinen Institutionen, aber es bestehen vertragliche Beziehungen zwischen diesen Elementen des Zusammenlebens. 2Kirchenstaatsverträge sind ein produktives Mittel, die Zusammenarbeit zu ordnen, Arbeits- und Aufgabenfelder zu beschreiben, und sie regeln die Verantwortung. Kirchenstaatsverträge sind damit auch die Garanten für eine ordentliche Trennung von Kirche und Staat und sie sorgen für Verlässlichkeit und Sicherheit für alle Beteiligten. Auch eine moderne Gesellschaft hat religiöse Orientierungen.Kritiker der Kirchenstaatsverträge sehen ein undemokratisches Element, weil die Verträge nur im Einvernehmen kündbar sind. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Kirchen grundsätzlich bereit sind, sie zu gestalten. Auch Kirche wandelt sich. Und wenn ich mich in den Kirchen umhöre, finden im Gegensatz zu unserer Vorgängerregierung die Kirchen mit uns auch in Schleswig- Holstein Verhandlungspartner, die ihre Bedenken ernst nehmen und mit denen konstruktiv verlässliche Regelungen gefunden werden können.Über unterschiedliche Begrifflichkeiten lassen sich sicher zeitgemäße demokratische Formeln finden. Dauerhaft oder langfristig muss heute in unserer schnelllebigen Zeit nicht mehr mit ewiglich beschrieben werden? Das kann es sicher nicht sein! Ein anderer Kritikpunkt ist der Gestaltungsrahmen der Parlamente. In der Tat gibt es fehlende gesetzliche Regelungen. Hier kann eine Kommission vielleicht tatsächlich ein Weg sein; ein derartiges Gremium kann hier durchaus ins Detail gehen.Wie gestaltet sich die Bewertung der Leistungen für das Gemeinwesen? Wer tut z.B. was für unser kulturelles Erbe? Der Denkmalschutz ist nur ein wichtiges Tätigkeitsfeld. Wie viel und was kann und sollte in kirchlicher oder staatlicher Verantwortung geleistet werden? Dies bezieht sich zum Beispiel auch auf karitative und diakonische Leistungen als wesentliche Garanten einer sozialen Gesellschaft, auf Bahnhofsmissionen, auf Kindergärten, auf Tafeln, vor allem aber auf Seelsorge z.B. auch Unfallseelsorge, diese Kompetenz der Sinnstiftung und Wertevermittlung – letzteres ist sogar ist ein Alleinstellungsmerkmal der Kirchen, Hilfe bei Trauer und Verzweiflung. Die religiöse Motivation für diese Leistungen ist politisch nachrangig, aber unverzichtbar.Wir gehen den Weg der Überprüfung der Zusammenarbeit auf Bundesebene mit, aber worum es uns hier nicht vorrangig geht, ist die Verrechnung alter Rechnungen. Worum es uns mit unserem Antrag wirklich geht, ist viel grundsätzlicher: Es geht uns generell um das Verhältnis von Kirche und Staat, und zwar nachhaltig und vor allem mit der Kirche gemeinsam und nicht über sie 3hinweg. Unsere modernen Kirchen sind gesprächsbereit, nutzen wir das! Bitte stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu!