Kai Vogel zu TOP 21 + 49: Mangelfächer halten Arbeitsmarkt für Lehrer offen
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 26. September 2013TOP 21 und 49: Große Anfrage Lehrerbedarf und Bericht zur Unterrichtssituation (Drucksachen 18/1123 und 18/1023Kai Vogel:Mangelfächer halten Arbeitsmarkt für Lehrer offenMit der Bewertung der Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2012/13 befinden wir uns sozusagen auf neutralem Boden. Die Küstenkoalition war schon im Amt, aber alle wesentlichen Weichenstellungen waren durch den Landeshaushalt für 2012 durch die CDU/FDP-Regierung erfolgt.Als die damalige Landesregierung im Juni 2003 den entsprechenden Bericht vorlegte, in dem die Prognosen für die Entwicklung der Schülerzahlen in den folgenden zehn Jahren enthalten sind, sagte sie für die allgemein bildenden Schulen im Schuljahr 2012/13 296.653 Schüler voraus. Tatsächlich sind es nur ganze 144 mehr. Viel treffsicherer geht es kaum. Ich bin selbst überrascht, dass man bei so vielen Variablen auf so einen langen Zeitraum eine solche Zielsicherheit erreichen kann. Das gibt mir auch die Sicherheit, dass die Prognose für die nächsten neun Jahre ähnlich zuverlässig ist, wonach wir im Schuljahr 2021/22 bei knapp 252.000 Schülerinnen und Schülern liegen werden.Wir haben im Bildungsausschuss vor kurzem intensiv über das Thema des Einschulungsalters beraten und werden diesen Diskussionspunkt auch im Zusammenhang mit der Schulgesetznovelle erneut thematisieren. Mit 92,8 Prozent erreicht die Zahl der Kinder, die fristgemäß eingeschult werden, einen neuen Höhepunkt. 2Wir halten es für richtig, dass das Bildungsministerium einen Erlass vorbereitet, der die Vielzahl von Gründen auflistet, aus denen Kinder vom Schulbesuch beurlaubt werden können. Dazu gehören nicht nur schwere Erkrankungen oder verzögerte Entwicklung aufgrund von zu früher Geburt, sondern ausdrücklich auch schwierige Familiensituationen wie eine Trennung der Eltern. Wir werden deshalb sehr genau beraten, ob die jetzige Regelung einer Modifizierung bedarf. Die Beliebigkeit bei der Rückstellung, wie wir sie vor 2007 hatten und mit der wir bundesweit auf einem der schlechtesten Plätze landeten, kann es jedenfalls nicht geben.Die Landesregierung und die Küstenkoalition treten für Transparenz ein. Wir haben in unserer Eröffnungsbilanz klar eingeräumt, dass wir eine Versorgungslücke haben, die je nachdem, wie man Erzieherstellen gegenrechnet, zwischen 1.250 und 1.650 Stellen liegt. Dazu kommt zusätzlicher Bedarf für die Umsetzung der Inklusion. Wir werden diese Lücke nicht kurzfristig schließen können; keine Regierung kann das. Wir werden sie aber schrittweise kleiner machen, wobei uns der demographische Faktor wesentlich zu Hilfe kommt.Wir werden sie aber nur dann wirklich nachhaltig verengen können, wenn der Bund bereit ist und rechtlich in die Lage versetzt wird, den Ländern bei der Erfüllung ihrer Schulaufgaben zu helfen. Die Landesregierung hat sich deshalb in konsequenter Umsetzung des Landtagsbeschlusses für eine umfassende Streichung des Kooperationsverbotes eingesetzt und nicht für eine Begrenzung auf Wissenschaft und Forschung.Ich bedanke mich beim Ministerium und bei der fragestellenden Piraten-Fraktion für die Daten in der Antwort auf die Große Anfrage zur Lehrerbedarfsprognose.Der Anteil der Lehrkräfte in der obersten Altersgruppe ab 60 Jahren wächst jährlich um rund 1 %. Das ist einerseits gut, weil der Ersatzbedarf trotz der aus Haushaltsgründen notwendigen Stellenstreichungen immer noch einen Einstellungskorridor offenhalten wird, so dass diejenigen, die sich heute für ein Lehramtsstudium entscheiden, nicht in die Dauerarbeitslosigkeit hineinlaufen; zugleich liegt hier natürlich die Gefahr einer Versorgungslücke, besonders für die weniger stark nachgefragten Fächer. Wenn kürzlich bei „Wer wird Millionär“ schon die Frage gestellt wurde, mit welchem Problem sich der Begriff „MINT-Fächer“ verbindet und die richtige Antwort „Lehrermangel“ war, können wir sehen, dass dies keineswegs nur ein Thema für die Kultusbürokratien ist. 3Im Schuljahr 2011/12 standen 1.027 qualifizierte Bewerber 998 pensionierten Lehrkräften gegenüber; da ist nicht viel Spielraum drin, weil Fächer, Schulart und Wohnort selten deckungsgleich sind.Die Daten geben Auskunft darüber, wie sich die Einstellungschancen in den einzelnen Fächern voraussichtlich gestalten werden. Wir können hier kaum steuern, und wir sollten auch keinen Schulabgänger dazu verleiten, an seinen Interessen und Fähigkeiten vorbei zu studieren. Wir sollten aber die Chance einer guten Beratung nutzen. Ich erinnere mich noch genau, dass ich vor Beginn des Lehramtsstudiums zwischen den Fächern Deutsch oder Mathematik schwankte. Für eine sinnvolle Beratung wäre ich dankbar gewesen. Diese gab es nicht. Für eine Passgenauigkeit des späteren Einsatzes auf dem Arbeitsmarkt und der eigenen Fähigkeiten ist dieses aber unerlässlich. Der begeisterte Historiker ist selten auch ein begeisterter Mathematiker, und wenn jemand die Perspektive vor sich hat, 30 oder 40 Jahre in einem Fach zu unterrichten, benötigt man diese Begeisterung, damit die Unterrichtsinhalte, die Schülerinnen und Schüler fesseln.Lassen Sie uns über beide Berichte im Bildungsausschuss weiterberaten.