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26.09.13
11:14 Uhr
FDP

Anita Klahn zu TOP 11 (Schulgesetz): Diese Reform darf so nicht kommen!

FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Es gilt das gesprochene Wort! Wolfgang Kubicki, MdL Sperrfrist Redebeginn Vorsitzender Christopher Vogt, MdL Stellvertretender Vorsitzender Nr. 431 / 2013 Dr. Heiner Garg, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer


Kiel, Donnerstag, 26. September 2013



www.fdp-fraktion-sh.de Bildung/ Änderung des Schulgesetzes


Anita Klahn: Diese Reform darf so nicht kommen!
In ihrer Rede zu TOP 11 (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes) erklärt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:
„Die grundsätzliche Kritik meiner Fraktion am Gesetzentwurf beginnt be- reits mit der Frage, ob Sie das Bildungsministerium konsequenterweise in Pädagogikministerium umbenennen wollen, Frau Ministerin?
Die Streichung des Begriffspaares ‚Bildungs- und Erziehungsauftrag‘ aus dem Schulgesetz zu Gunsten alleiniger ‚pädagogischer Ziele‘ ist das Para- debeispiel und verdeutlicht das bildungsideologische Muster, nach dem sie vorgehen. Eine verfehlte Reformpädagogik, die sie an allen Stellen umzu- setzen versuchen.
Soll Schule zukünftig keine Bildungsziele vermitteln? Sie scheinen zu igno- rieren, was zukünftige Arbeitgeber von Schulabgängern erwarten. Würde eine Stahlbaufirma jemanden einstellen, der zwar sozial kompetent erklä- ren kann, warum eine Brücke haltbar sein sollte und optisch in die Land- schaft passen muss, aber keine ausreichenden Kenntnisse der Mathematik zur Statikberechnung beherrscht?
Meine Damen und Herren, Pädagogik ohne Bildung funktioniert nicht!
Bildung und Erziehung sind heutzutage wichtiger denn je. Es geht dabei gleichermaßen um die Vermittlung und den Umgang von fachlichen Kom- petenzen, Inhalte erkennen und beherrschen, kritisch zu hinterfragen, und es geht um soziales Verhalten.
Letzteres kann man gern auch den pädagogischen Aspekt nennen. Aber Schule ist für uns Liberale immer noch in erster Linie der Ort des Lernens, der Wissensvermittlung. Das ist das Fundament für junge Menschen, ein Leben in Eigenverantwortung und Selbständigkeit zu führen.
Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 2 Die Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen berufen sich ja gern auf Studien. Warum ignorieren sie dann aber die zentrale Aussage wissenschaftlicher Studien zur Bildungsqualität, die da lautet: Auf den Lehrer kommt es an!
Als Teil der Landesregierung hätten sie ihr Veto deutlich machen können. Die jetzige Reform beginnt, den ganzen Lehrerberuf zu entwerten. Sie wol- len keine Lehrer mehr, sondern nur noch Schulmoderatoren.
Zwangsinklusion, zwangsweise binnendifferenzierten Unterricht, der fachli- che Anspruch fällt komplett herunter. Erkenntnisse aus der ausführlichen Beratung zum Thema Flexibilisierung zum Einschulungsalter finden im Schulgesetz keinen Einzug. Das ist ein Weg, den wir Liberale nicht mitge- hen.
Grundsätzlich akzeptabel ist dagegen für uns, dass Regional- und Gemein- schaftsschulen zusammengeführt werden. Dieses formulierte bereits unser Bildungsminister Dr. Ekkehard Klug in seiner Amtszeit.
Dabei war uns aber immer wichtig, dass die Unterrichtsorganisation und Lerngruppenbildung eine originäre Aufgabe der Schulen ist und nach pä- dagogischen Erfordernissen und Möglichkeiten vor Ort, zum Wohle der Schülerinnen und Schüler erfolgt. Sie aber greifen mit diesem Gesetz poli- tisch in die Selbstorganisation von Schulen ein.
Zugang zu einer vielfältigen Bildungslandschaft und Chancengerechtigkeit gestaltet man anders. So wird mit diesem Entwurf für Gymnasien die Mög- lichkeit, G9 oder G-Y anzubieten, endgültig aus dem Schulgesetz entfernt. Wir haben dazu schon viele Debatten geführt. Wovor haben sie Angst, dass sie den Schulen diese Möglichkeit wieder verbauen?
Ich sehe kein einziges bildungspolitisches Argument dafür. Während alle anderen Länder, zuletzt Niedersachsen, sich Richtung G9 und G-Y bewe- gen, schaffen wir die bestehende Möglichkeit wieder ab. Es ist mir wirklich unverständlich, und ich kann es nur mit Ideologie erklären.
Gleiches gilt für die abschlussbezogenen Klassen. Die Ergebnisse aller Vergleichsstudien zeigen, dass die Bundesländer Bayern und Baden- Württemberg Spitzenreiter in unserem Bildungssystem sind.
Differenzierter Unterricht ermöglicht die bessere individuelle Förderung. Ich wiederhole gerne die Worte des Bildungsforschers Jürgen Baumert, dass es keine belastbare Studie gebe, die bestätigen könnte, dass länge- res gemeinsames Lernen sinnvoll sei. Die jüngst veröffentlichte KESS- Studie unterstreicht auch das noch einmal eindrucksvoll.
Wer auf dieser Basis Regionalschulen inhaltlich in Gemeinschaftsschulen zwangsumwandelt, experimentiert mit dem Wohl unserer Kinder.
Mir bleibt der fade Eindruck, dass die Ergebnisse der Bildungsforschung für diese Regierung keine Rolle spielen. Es wird einfach das gemacht, was man für richtig hält, egal welche Auswirkungen das auf unsere Kinder hat.
So kritisiert auch der Gemeindetag völlig zu Recht die überstürzte Umset- zung, die hohen Kosten, Investitionsruinen und die unfairen Bedingungen für die Schulträger.

Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 3 Noch einmal zur Klarstellung: Wir setzen uns dafür ein, beide Schulformen, Regional- und Gemeinschaftsschule, behutsam zusammenzuführen, bei Erhalt der jeweiligen Unterrichtsorganisation. Eine Zwangsumwandlung, wie sie jetzt vorgenommen wird, lehnen wir ab.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Zementierung der Oberstufen an Ge- meinschaftsschulen. Ihre Politik verschärft unnötig den Konkurrenzkampf zwischen den Schulen.
Im Ergebnis wird die Profilvielfalt eingeschränkt, und es werden wertvolle Lehrerressourcen verschwendet, obwohl wir sie an anderer Stelle, z.B. bei kleineren Grundschulen, viel dringender bräuchten. Es erfordert erhebliche Investitionen der Kommunen, die durch die Reform des FAG auch nicht wirklich über üppig gefüllte Kassen verfügen.
Ihre Argumentation zum Bedarf von zusätzlichen Oberstufen an Gemein- schaftsschulen kann ich nur bedingt nachvollziehen. Das Argument, dass die Schülerinnen und Schüler dann ohne Schulwechsel das Abitur machen können, kann es nicht sein. Erstens reden wir hier nicht mehr von Grund- schülern, für die der Anspruch von kurzen Wegen eine ganz andere Bedeu- tung hat, sondern von Schülern, die auf der Schwelle zum Erwachsenwer- den stehen. Zweitens ist für die Schüler das gewünschte Profil entschei- dend, welche Schule sie besuchen. Und hier schränken Sie ein!
Auch beinhalten die Planungen der Landesregierung, dass nicht jede Ge- meinschaftsschule eine Oberstufe bekommen wird. Soll es also Gemein- schaftsschulen zweiter Klasse geben?
Aber es ist ja nicht alles schlecht. Grundsätzlich begrüßen wir den Weg zu Kooperationen zwischen den Schulen. Ich will das ausdrücklich hervorhe- ben.
Nur leider werden die Schulen auch hier von der Landesregierung alleinge- lassen. Im Gesetzentwurf wird das Problem ja richtigerweise beschrieben. Trotz möglicher Kooperationsvereinbarungen müssen Schulen unserer Landesverfassung entsprechend, Schüler nach dem Leistungsprinzip auf- nehmen. Das ist richtig, könnte aber dann zum Problem werden, wenn Schulen aufgrund begrenzter Raumkapazitäten dadurch in Schwierigkeiten kommen, dass sie nicht beide Ansprüche bedienen können.
Anstatt den Schulen hier Hilfestellung zu geben, wird ausgeführt, warum auf gar keinen Fall das Konnexitätsprinzip anzuwenden ist. Folge könnte sein, dass die Schulträger Kooperationen meiden, aus Sorge vor möglichen Rechtsstreitigkeiten. Das könnte insbesondere für Berufliche Gymnasien ein Problem werden, die ja eigentlich einer der Hauptpartner sein sollten.
Während nach jetzigem Schulgesetz ein überdurchschnittlicher Realschul- abschluss ( Notendurchschnitt 2,4) notwendig für die Aufnahme an einem Beruflichen Gymnasium war, reicht zukünftig ‚ein vorrangig durch Prüfung erworbener Mittlerer Schulabschluss‘.
Ich lese das so: Zukünftig kann jeder auf ein Berufliches Gymnasium wechseln, Noten sind nebensächlich. Dies ist ein weiterer Schritt, um jeden Leistungsanreiz aus den Schulen zu tilgen und auch die Beruflichen Gym- nasien zu Einheitsschulen zu entwerten.

Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 4 Der Eifer der Ministerin neue Begrifflichkeiten zu kreieren, gipfelt in der un- ausgegorenen Umbenennung der schulischen Abschlüsse. Die Benennung ist in sich völlig unsystematisch. ‚Berufsbildungsreife’, ‚Mittlerer Schulab- schluss’ und ‚Abitur’ - nichts passt begrifflich zusammen, nichts baut aufei- nander auf.
Gerade beim Begriff ‚Berufsbildungsreife’ geht der humanistische Gedanke unseres Bildungssystems völlig verloren. Zusätzlich wird etwas suggeriert, was in der Realität von zukünftigen Ausbildungsfirmen anders gesehen wird. So steht allein die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Schulabgänger im Mittelpunkt. Orientiert wird sich dabei nur an den Bildungsverlierern aller bundesweiten Vergleichsstudien Berlin, Brandenburg und Bremen. Es passt aber in die Linie, ‚Bildungsziele‘ abzuschaffen.
So kann man die Ankündigung der Ministerin, die Qualität der Abschlüsse zu ändern, nur als Drohung auffassen. Es steht zu befürchten, dass die Bil- dungsqualität in diesem Land völlig nivelliert wird. Anstatt sich an den Bes- ten zu orientieren, orientieren wir uns an den Schlechtesten.
Die Schulgesetzreform der Großen Koalition aus dem Jahr 2007 war ein großer Fehler. Tiefe Wunden wurden in unser Schulsystem geschlagen, weil Ideologie und faule Kompromisse wichtiger waren, als unsere Schulen mit Rahmenbedingungen zu versehen, die ihnen eine gute pädagogische Arbeit und Wissensvermittlung ermöglichen.
Wir Liberale haben mit unserem Schulgesetz versucht, diese Wunden wie- der zu heilen. Stärkung der Wahlfreiheit und Eigenverantwortlichkeit waren unsere Maximen. Niemand wurde zu etwas gezwungen, eine vielfältige Schullandschaft hatte die Freiheit, sich dem Bedarf und der Nachfrage ent- sprechend zu entwickeln. Vor allem wurde keine Schule und keine Schulart gegen eine andere ausgespielt.
Die jetzige Reform macht genau das Gegenteil, atmet wieder den roten Geist von 2007. Die Schulen werden wieder in ein enges Korsett ge- schnürt, ihnen wird die Luft zum Atmen genommen. Welche Schule sich entwickeln darf und welche nicht, wird wieder zentral aus Kiel diktiert.
Mindestens 9 bis 12 Regionalschulen, für die jetzt schon keine Hilfe in Aus- sicht gestellt wird, sondern auch Gymnasien und berufliche Gymnasien werden unnötig in Bedrängnis gebracht, genauso wie alle künftigen Ge- meinschaftsschulen, denen das Ministerium nicht die Gnade einer Oberstu- fe zuteilwerden lässt.
Nein, werte Kolleginnen und Kollegen, diese Reform darf so nicht kommen. Das Schulgesetz von 2011 muss wieder die Basis unseres Handelns wer- den. Die Wahlfreiheit zwischen G8, G9 und G-Y an Gymnasien sowie die Möglichkeit, abschlussbezogene Klassen an Regional- und Gemein- schaftsschulen einzurichten, muss wiederhergestellt werden.
Aber zum Glück ist ja so viel Konsens wie noch nie – zumindest in der Vor- stellungswelt der (Pädagogik)Ministerin!“



Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de