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22.08.13
10:27 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 30 - Konsequenzen rot-grüner Steuerpolitik

Presseinformation Kiel, den 22. August 2013

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 30 Konsequenzen rot-grüner Steuerpolitik
Drs. 18/1045


Bevor ich zu den inhaltlichen Punkten komme, möchte ich doch erst einmal die
Kolleginnen und Kollegen der antragstellenden Fraktion fragen, ob Sie allen Ernstes
davon ausgehen, dass so ein Text von der Mehrheit des Landtages, also auch von dem
in Antrag kritisierten Fraktionen, angenommen werden wird? Keine Partei wird jemals
zustimmen, dass ihre Forderungen schlecht, kaum durchdacht oder schädigend seien.
Wer auf die Idee kommt, dass so etwas wirklich einmal geschieht, der hat schon eine
besondere Art Humor.


In der Sache kritisiert der Antrag in allen acht Punkten Forderungen, die dazu beitragen
wollen, die Einnahmesituation des Staates zu verbessern; ob es nun um die Reform der
Einkommenssteuer geht, um die Erbschafts- oder die Kapitalertragssteuer. Man kann
das „Steuererhöhungen“ oder „Einführung neuer Steuern und Abgaben“ nennen, und
so suggerieren, als ob diese möglichen Ma0nahmen ein Selbstzweck seien. Eine 2
saubere Argumentation ist das aber nicht. Im Bundestagswahlkampf geht es darum,
wie dem Bundeshaushalt mehr Spielraum gewährt werden kann, schließlich haben
viele kleine und große Entscheidungen der letzten Jahre und Jahrzehnte der
Einnahmeseite nicht gerade gut getan. Das hatte Auswirkungen auf die Strukturen, die
der Staat nicht mehr vollumfänglich zur Verfügung stellen kann. Den besser gestellten
Bürgerinnen und Bürgern mag das ziemlich schnuppe sein. Sie können sich
Dienstleistungen wie Nachhilfe, private Schulen oder Kinderbetreuung einfach auf
dem Markt kaufen. Die Durchschnittsverdiener und die vielen Bürgerinnen und Bürger,
die sich mit Werkverträgen, Minijobs, oder Teilzeitverträgen durchschlagen, brauchen
dagegen eine leistungsfähige, öffentliche Infrastruktur für sich und ihre Kinder. Um
diese Strukturen zu erhalten, ist man in Berlin auf die Idee verfallen, die Zahl der Nutzer
zu senken: durch hohe Kita-Beiträge oder durch das so genannte Betreuungsgeld.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Fernhalteprämien und Ausgrenzungsprogramme
aber das falsche Mittel sind. Sie reduzieren vielleicht die Zahl der Nutzer von
Kindergärten und Kinderkrippen, führen aber zu Benachteiligung, weil sie darauf
spekulieren, dass einkommensschwache Haushalte auf den monetären Anreiz
anspringen und lieber das kleine Geld nehmen als die Kitaangebote. Doch gerade
Kinder aus diesen Haushalten sind auf die Bildungsangebote angewiesen. Die Kitas
sind Bausteine einer Politik der Chancengleichheit. Kinder sollten nach Talent und nicht
nach der sozialen Herkunft gefördert werden. In unseren Kitas werden alle Kinder
gefördert und jedem einzelnen werden individuelle Angebote gemacht. Für die
Qualität und Tiefe der Angebote spielt das Einkommen der Eltern keine Rolle. Darum
müssen die Kitas auskömmlich finanziert werden und dazu kann dann auch eine
steuerliche Maßnahme notwendig sein. 3
Der Staat muss allerdings nicht nur neue Strukturen schaffen, sondern auch, wie wir in
Sachen Verkehrspolitik gerade wieder lernen müssen, ausreichende Mittel haben, um
diese Strukturen in standzuhalten. An der einen oder anderen Stelle genügt die
Anschubfinanzierung in Form eines Modellprojektes, das sich nach der Bewährung in
eine stabile Struktur durch nicht-staatliche Stellen überführen lässt. In den weit
überwiegenden Fällen, wo es um Integration oder Teilhabechancen geht, muss der
Staat mit aller Energie für verlässliche Strukturen einstehen. Das ist sein
grundgesetzlicher Auftrag, für den er schlicht und einfach Geld benötigt.
Damit sind wir wieder bei Ideen für eine bessere Einnahmesituation des Staates. Ich
würde mir in diesem Zusammenhang einen Wettbewerb guter Ideen wünschen, bei
dem eine Gesellschaft um die optimale und solidarische Lösung ringt. Der
Bundestagswahlkampf wäre dafür ein gutes Forum.


Die weit überwiegenden Punkte, die der Antrag anführt, setzen sich mit steuerlichen
Fragen des Bundesgesetzgebers auseinander. Seit vielen Jahren fordert der SSW das
Ende des Ehegattensplittings, weil es Geld von Familien mit Kindern zu Familien ohne
Kinder umverteilt. Das Ehegattensplitting ist keineswegs das familienpolitische
Nonplusultra, als das es der Antrag darstellt. Die Antragsteller bemühen sich nicht
einmal um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern schütten einen Kübel von
Desinformationen aus. In Sachen angeblicher Wahlfreiheit, die das Ehegattensplitting
angeblich gewährt, bezahlen tatsächlich vor allem die Frauen die Rechnung. Als
Rentnerinnen werden die Frauen die Konsequenzen der runter gerechneten
Sozialbeiträge bei der Altersversorgung empfindlich zu spüren bekommen. Dann ist es
allerdings zu spät. 4
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass es eben nicht um steuerliche Maßnahmen an sich
geht, sondern um eine gerechte Aufteilung von Lasten in einer Gesellschaft. Und darin,
dass man sich für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit für unsere Gesellschaft
einsetzt – auch mit steuerlichen Maßnahmen – kann ich nichts Verwerfliches sehen.