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20.06.13
16:19 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Energiewende und Klimaschutz in Schleswig-Holstein

Presseinformation Kiel, den 20.06.2013

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer
TOP 52 Energiewende und Klimaschutz in Schleswig-Holstein Drs. 18/889

Bereits beim Kauf von Äpfeln stellt sich die Frage nach dem Klimaschutz: greift man lieber bei
hiesigen Sorten zu oder landen importierte Äpfel, die schon ein paar tausend Flugkilometer
hinter sich haben, im Einkaufswagen? In unserer globalisierten Welt stellt sich diese Frage nach
angewandtem Klimaschutz mehrmals täglich. Inzwischen betrifft Klimaschutz fast alle
Lebensbereiche Der Klimaschutz hat sich von der einstigen Nische der Weltverbesserer und
Hippies gründlich emanzipiert. Klimaschutz geht uns alle an. Wer aber alles zur Frage des
Klimaschutzes macht, dem droht, sich zu verzetteln oder aber das Anliegen zu verwässern. Denn,
wenn alles klimarelevant ist, spielt die individuelle Entscheidung keine Rolle mehr.
Darum ist es unerlässlich, Prioritäten zu setzen. Genau das tut der vorliegende Bericht: er setzt
Schwerpunkte. Dazu gehören der Ausstieg aus der Atomenergie und die Förderung
regenerierbarer Energieformen. Außerdem will die Landesregierung klimaschonende
Mobilitätsformen etablieren. Diese drei Schwerpunkte werden jeweils mit Maßnahmen bzw.
Maßnahmenvorschlägen unterlegt. Nur auf diese Weise, durch die Konzentrierung, erreichen wir
dauerhafte Erfolge. Dementsprechend fehlen einige Bereiche wie Beschaffungsmanagement der 2
Landesregierung oder die Waldwirtschaft. Das ist aber nicht anders zu machen: ansonsten bleibt
der Klimaschutz ein nebulöses Ziel, das nur dazu taugt, Sonntagsreden zu garnieren.
Stattdessen: je konkreter, desto wirkungsvoller. Und genau das belegt der vorliegende Bericht
auf eindrucksvolle Weise. Die Umsteuerung hin zu Energiewende und Klimaschutz funktioniert!
Fairerweise muss man sagen, dass das keine Erfindung der aktuellen Regierung ist, denn auch
die Vorgängerregierungen haben teilweise beachtliche Erfolge erzielen können. So sinkt
beispielsweise dank der Anstrengungen der letzten Jahre der Endenergieverbrauch seit 1996
kontinuierlich (S. 71). Jede Kilowattstunde Strom, die nicht verbraucht wird, ist letztlich eine
Investition in die Zukunft, denn die Energiewende ist ein Generationenprojekt, von dem unsere
Kinder und deren Kinder profitieren werden.
Dazu bedarf es gemeinsamer Anstrengungen. Lange Zeit wurden darunter ausschließlich
Verzicht und Verteuerungen verstanden. In einigen Bereichen trifft das durchaus zu, zum Beispiel
bei der so genannten zweiten Miete. Der Landtag hat unter anderem deswegen den
Verbraucherzentralen Geld bewilligt, damit sie einkommensschwache Familien über
Möglichkeiten des energiesparenden Wirtschaftens informieren.
Die Energiewende eröffnet aber vor allem Gewinne. Der Bericht nennt wirtschaftlich positive
Effekte und liefert auch die Zahlen dazu. Man kann Geld mit alternativer Energie verdienen.
Voraussetzung ist aber, dass man ständig am Ball bleibt. Ein Beispiel: Die Flensburger Werft
erforscht und baut neuartige Schiffsrümpfe mit extrem kleinen Wellenwiderstandswerten.
Dieser Wettbewerbsvorteil am Markt sichert der Werft langfristig Aufträge und den
Beschäftigten Arbeitsplätze; unterstützt durch entsprechende Förderung seitens der
Landesregierung und Knowhow durch die Flensburger Hochschulen. Dieses Bündnis steht
stellvertretend für andere. Ihnen muss unsere Unterstützung gelten.


Symbol fürs Energieland sind die Windenergieanlagen, die auch im Bericht einen breiten Raum
einnehmen. Die Bürgerwindparks zeigen neue Wege und werden inzwischen im selbst
ernannten Hightech-Land Bayern erfolgreich kopiert. Das, was da von unten gewachsen ist, ist
vorbildlich und lässt mich insgesamt positiv in die Zukunft blicken. Die Bürgerinnen und Bürger 3
bringen ihre Ortskenntnis und ihren Sachverstand ein. Das kommt jetzt im nächsten
anstehenden Schritt, und zwar bei der Ertüchtigung der Leitungsnetze und dem Trassenneubau,
zum Tragen. In Sachen Leitung und auch Energiespeicherung sind wir allerdings teilweise noch
im GROWIAN-Stadium. Vor ziemlich genau dreißig Jahren, im Oktober 1983, wurde die Anlage im
Kaiser-Wilhelm-Koog als Zweiflügler errichtet. Damals wusste man kaum etwas von optimaler
Windnutzung an Land. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Ich hoffe nicht, dass wir noch
einmal dreißig Jahre warten müssen, bis die Leistungsfähigkeit der Netze der erneuerbaren
Energie gerecht werden. Das Abstellen der Anlagen aufgrund von Leitungsengpässen ist und
bleibt ein enormes Ärgernis, das möglichst schnell aus der Welt zu schaffen ist. Die
Landesregierung steht darum im ernsthaften Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das war
nicht immer einfach, nachdem einige Parteien den Protest gegen CCS-Lagerung zunächst
überhaupt nicht ernst genommen hatten. Damals wurde viel Vertrauen verspielt, das jetzt
mühsam zurückgewonnen werden muss.
Gerade vor diesem Hintergrund hätte ich mir einen leichter lesbaren Bericht gewünscht.
Zugegeben ist die Materie nicht leicht - die Förderpolitik der EU durchdringt sicherlich nicht
einmal die EU selbst in allen Zügen – dennoch sollte die Überarbeitung des Textes erwogen
werden, damit sich möglichst viele Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner eine
Meinung zur Energiewende machen können.