Thomas Rother zu TOP 10: Den Jugendarrest konsequent pädagogisch ausgestalten
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 18. Juni 2013TOP 10, Jugendarrestvollzugsgesetz (Drucksache 18/891)Thomas Rother:Den Jugendarrest konsequent pädagogisch ausgestaltenIn der Tat brauchen wir aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht schon vor sieben Jahren formulieren Anforderungen ein Jugendarrestvollzugsgesetz. Bereits Justizminister Schmalfuß hatte Anfang 2012 einen ersten Entwurf vorgelegt, um diese Gesetzeslücke zu schließen. Frau Ministerin Spoorendonk hat darauf hingewiesen, dass dieser Entwurf nach einer Veranstaltung im November 2012 mit zahlreichen Anregungen aus Fachkreisen überarbeitet wurde. Erstaunlicherweise haben auch diejenigen, die damals den Schmalfuß-Entwurf begrüßt haben, nun zur Überarbeitung desselben beigetragen. Das weist darauf hin, dass Anhörungsverfahren ihren Sinn haben und man auf die Menschen hören sollte, die etwas von der Materie verstehen.Grundsätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass es gute Gründe gibt, die Sinnhaftigkeit eines Jugendarrestes – der ja maximal vier Wochen dauern darf – anzuzweifeln, vom so genannten Warnschussarrest ganz zu schweigen. Haft bzw. Arrest vermeidende Maßnahmen sollten immer vorrangig betrachtet werden. Auch wenn es natürlich so ist, dass manche Kommunen erzieherische Maßnahmen aus Kostengründen nicht so intensiv verfolgen, wie es wünschenswert wäre, so hat dies doch aus meiner Sicht den Vorrang.Es wäre unabhängig davon gut zu wissen, wie hoch die aktuelle Rückfallquote bei den Arrestantinnen und Arrestanten ist, um einen Erfolgsindikator für den bisherigen Vollzug zu 2haben. Ältere Untersuchungen gehen hier von einer Rückfallquote von 70 % aus, für mich Grund genug, das Instrument des Jugendarrestes und seine bisherige Konzeption sehr kritisch zu hinterfragen.Es ist gut und richtig, dass nun in dem Gesetzentwurf der erzieherische Gesichtspunkt und der Bildungsgesichtspunkt des Vollzugs in Abgrenzung zur Jugendstrafe deutlich hervortreten. Denn allein schon der Begriff des Arrests und seine Einordnung als sogenanntes „Zuchtmittel“ im Jugendgerichtsgesetz lassen eher an schwarze Pädagogik und den Rohrstock als an eine moderne Sanktionsform denken.Wir brauchen ein pädagogisches Gesamtkonzept für die Ausgestaltung des Vollzugs, bei dem Förderung, Erziehung und Bildung der Jugendlichen im Vordergrund stehen. Ein dahingehend konsequent ausgestalteter Jugendarrest kann wirksam auf die Jugendlichen, die nicht anders zu erreichen sind, einwirken. Das hilft ihnen und bietet einen effektiven Schutz vor weiteren Straftaten. Der Arrest darf aber nicht dazu führen, schulische oder berufliche Ausbildungen zu behindern. Darauf ist Rücksicht zu nehmen.Es ist sehr sinnvoll, dass nun auch die Einbeziehung der Eltern – hier Personensorgeberechtigte genannt – bei der Maßnahmengestaltung geregelt wird. Zumeist tragen die Eltern ja auch eine Mitverantwortung dafür, dass ihr Kind einsitzt. Und nach dem Arrest geht es ja auch für die meisten nach Hause.Freizeit- und Kurzarreste bieten aufgrund eben ihrer Kürze nur wenig Möglichkeiten, nachhaltig auf die Jugendlichen einzuwirken. Auf den Dauerarrest wird daher sinnvollerweise ein Schwerpunkt gelegt. Bei der Freizeitgestaltung stehen individuell und altersgemäß zugeschnittene Angebote neben solchen, die der Verbesserung der Gemeinschaftsfähigkeit – teilweise überhaupt der Entwicklung von sozialer Kompetenz – dienen.Wichtig ist auch, dass wir, anders als im Strafvollzug, von einem Durchgangsmanagement sprechen, da viele Arrestantinnen und Arrestanten auch nach dem Arrest noch Betreuung und Hilfen brauchen. Es wird also alles andere als nur einfach „weggesperrt“, wie die Diskussion um den Warnschussarrest vermuten ließe. 3Ein Beirat wird ein Stück Öffentlichkeit herstellen. Das ist gut und richtig insbesondere für die Akzeptanz der Einrichtung. Die Jugendanstalt Moltsfelde leistet schon jetzt eine wichtige Arbeit, für die wir den dort Beschäftigten herzlich danken und ihnen unsere Anerkennung aussprechen. Dazu gehört aber auch, dass die personelle Ausstattung verbessert wird – von drei Stellen ist die Rede –, denn die Erfüllung all der schön formulierten Anforderungen tut sich nicht von allein.Liebe Frau Ministerin, Sie haben ein zum allerersten Entwurf deutlich verbesserten Gesetzentwurf vorgelegt. Dafür vielen Dank. Ich freue mich auf die Detailberatungen in der Ausschussanhörung.