Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
29.05.13
17:02 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Schleswig-Holstein

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 9 + 10 – Besoldungs- und Versorgungsanpassung 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt die Vorsitzende Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Eka von Kalben: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 217.13 / 29.05.2013



Der Vorschlag der Landesregierung ist ein guter Vorschlag, weil er eine soziale Komponente enthält
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Die Debatte um die Tarifübernahme ist die erste Feuerprobe für diese Koalition. Wir er- leben, was es bedeutet, wenn ein Land ein strukturelles Defizit von über einer Milliarde innerhalb von nur zehn Jahren abbauen muss. Ein Land, das jährlich fast ebenso viel Geld, eine knappe Milliarde an Zinsen für seine Schuldenberge bezahlt.
Und sie können mir glauben, das ist eine harte Probe für alle unsere Abgeordneten. Keiner von uns hat Freude daran, unseren BeamtInnen die zeit- und inhaltsgleiche Ü- bertragung des Tarifabschlusses zu verwehren. Wir alle haben BeamtInnen in unserem Freundeskreis, unserer Familie, unserer Nachbarschaft, unseren Parteien und unserem Arbeitsumfeld. Denen allen müssen wir erklären, wieso sie trotz wirtschaftlichen Auf- schwungs und trotz ihrer hervorragenden Leistungen keine Eins-zu-eins-Übertragung erhalten.
Viele Menschen in unserem Umfeld sind direkt von unseren Plänen betroffen. Zum Bei- spiel die LehrerInnen unserer Kinder. Mit A 13 erhalten sie zwar eine inhaltsgleiche Ü- bertragung, aber die Zeitverzögerung wird nicht durch Einmalzahlungen ausgeglichen wie bei Kollegen mit A 12. Oder nehmen wir BeamtInnen in der Landesverwaltung, mit denen wir tagtäglich zusammenarbeiten. Viele von ihnen bekommen deutlich weniger Plus als sie vielleicht erwartet haben.
Doch wir stehen diese unbequeme Debatte durch. Diese Koalition steht die Debatte
Seite 1 von 3 durch. Nicht, weil wir uns vor den Protesten wegducken – im Gegenteil, ich war in den vergangenen Wochen auf vielen Veranstaltungen und Gesprächen mit den Gewerk- schaften. Nein, wir stehen diese Debatte durch, weil wir wissen: Wir stehen vor der Ab- wägung, ob wir den Tarifabschluss voll übertragen. Oder ob wir den Haushalt wieder ins Lot bringen und endlich dringend notwendigen Investitionen in Bildung und Klimaschutz machen. Wir müssen uns entscheiden.
Viele Menschen, mit denen ich spreche, haben Verständnis für diese Entscheidung, wenn ich ihnen klar mache, welche finanziellen Schwierigkeiten das Land hat. Ein Land, das zu den am höchsten Verschuldeten in der Bundesrepublik gehört. Ein Land, das so- lidarisch von der Bundesgemeinschaft finanzierte Konsolidierungshilfe bekommt. Zu dieser Bundesgemeinschaft gehören auch finanzschwache Länder wie Rheinland-Pfalz, das seinen BeamtInnen in den nächsten vier Jahren nur eine Besoldungssteigerung von je einem Prozent finanzieren kann.
Schleswig-Holstein muss bis 2020 jährlich 110 Millionen strukturelles Defizit abbauen. Im Moment bedeutet das fast ausschließlich: Bei den Ausgaben sparen. Denn auf der Einnahmeseite können wir wenig bewirken, und dort wo wir es können, haben wir be- reits Steuern und Abgaben erhöht.
Bestimmte Ausgaben können wir aber gar nicht kürzen, sondern höchstens ihr Wachs- tum begrenzen. Nehmen wir die Personalausgaben. Sie machen mehr als ein Drittel unseres Landeshaushalts aus. Deshalb werden wir bis 2020 über 5.000 Stellen abbau- en. Und trotzdem steigen die Ausgabe für Bezüge und Versorgung bis dahin um min- destens 500 Millionen Euro an.
Schuldenabbau trotz wachsender Personalkosten - das ist der finanzielle Hintergrund, vor dem wir in diesen Wochen über die Besoldung entscheiden müssen.
Ich sage nicht, dass unser Beschluss alternativlos wäre. Aber dieses Geld müssten wir an anderer Stelle wieder einsparen. Zum Beispiel bei den Personalstellen. So macht es ja unser Nachbar Hamburg. Alle Kosten, die über 1,5 Prozent liegen, sollen am Perso- nal wieder gekürzt werden. Aber diesen Weg will meine Fraktion nicht verantworten. Schon jetzt klagen viele Landesbedienstete über die Arbeitsverdichtung. Da können wir nicht noch einen drauf setzen.
Die Opposition scheint sich über unsere Haushalslage nicht im Klaren zu sein. Anders kann ich mir nicht erklären, warum im vorliegenden Gesetzentwurf der FDP kein Wort zur Finanzierung steht. Ich habe selten erlebt, dass es sich die Opposition so einfach macht. Die Gegenfinanzierung kann man bei so einem Volumen doch nicht einfach ig- norieren.
Herr Garg, Sie haben ja schon letztes Mal eindrucksvoll geschildert, wie die Ministerien ihrer Meinung nach überall Reste zusammenfegen sollen, um ihren BeamtInnen mehr zu geben. Das kann nicht ihr Ernst sein. So können Sie sich nicht aus der Finanzie- rungsfrage heraus stehlen.
Und auch von Ihnen, Herr Koch, erwarte ich endlich ein echtes Finanzierungskonzept. In den Rücklagentopf für Steuermindereinnahmen brauchen sie gar nicht zu schauen, der ist inzwischen nämlich leer. Wir haben da Vorsorge getroffen für einen Fall, der jetzt tatsächlich eingetreten ist. Das wurde der Finanzministerin auch noch zum Vorwurf ge- macht. Die Realität gibt ihr jetzt Recht.

2 Es liegt mir fern, das schön zu reden, was wir hier aus einer Haushaltsnotlage heraus vorschlagen. Ich kann auch die Enttäuschung vieler BeamtInnen verstehen. Wenn ihre Leistung das einzige Kriterium wäre, würde ich einer Eins-zu-eins-Übertragung sofort zustimmen. Aber für mich steht eben auch fest: Die Zuwächse bei Besoldung und Ver- sorgung dürfen die finanzielle Leistungsfähigkeit unseres Landes nicht in Frage stellen. Wir haben beschlossen, zukünftigen Generationen einen ausgeglichenen Haushalt vor- zulegen und zumindest die Koalitionsfraktionen fühlen sich diesem Beschluss nach wie vor verpflichtet.
Und ich bin der Ansicht, dass unter diesen Rahmenbedingungen der Vorschlag der Landesregierung ein guter Vorschlag ist, weil er eine soziale Komponente enthält. Wir können nicht die Augen davor verschließen, wie stark gerade die unteren Besoldungs- gruppen von den Preissteigerungen betroffen sind.
Beispielsweise beim Thema Wohnen. In einigen Landesteilen sind die Mieten in den letzten Jahren um über zehn Prozent gestiegen. Davon sind Menschen mit kleineren Einkommen besonders betroffen, weil es für sie relativ gesehen eine größere Belastung bedeutet. Deshalb finde ich es richtig, dass die Besoldungsgruppen bis A 12 eine annä- hernd gleiche Übertragung des Tarifabschlusses erhalten.
Natürlich sind auch alle anderen BeamtInnen von den Preissteigerungen betroffen. Ich weiß, dass wir ihren stärkeren Schultern viel abverlangen. Umso wichtiger finde ich, dass die Landesregierung den Wünschen der Gewerkschaften nachgekommen ist, auf Vorfestlegungen über 2014 hinaus zu verzichten. Das, was als Mindestgarantie gemeint war, wurde als Besoldungsdiktat aufgefasst. Wir haben zugehört, wir haben verstanden und wir haben gehandelt.
Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt stehen die Beratungen im Ausschuss und die Anhörung der Verbände an. Wir werden uns noch einmal der Kritik stellen, und wir werden prüfen, ob man innerhalb des gesteckten Finanzrahmens noch Verbesserungen erreichen kann. Wenn wir das Ge- setz nächsten Monat beschließen, werde ich meine Hand sicher nicht mit Stolz dafür heben. Wohl aber in dem Gefühl, bei einer schwierigen Abwägung die richtige Ent- scheidung für das gesamte Land zu treffen.
***



3