Flemming Meyer zu TOP 49 - Familienpolitische Leistungen reformieren!
Presseinformation Kiel, den 26.04.2013Es gilt das gesprochene WortFlemming MeyerTOP 49 Familienpolitische Leistungen reformieren! Drs. 18/495, 18/551 und 18/624Eine explizite Familienpolitik, die sich auch so nennt, gibt es in Europa anscheinend nur inDeutschland und in Frankreich. Doch die zähe und in unseren Augen völlig unnütze Debatteum das Betreuungsgeld hat vor allem eins deutlich gemacht: Auch wenn Deutschland sich zueiner Familienpolitik bekennt, gibt es in diesem Land einfach keine einheitliche Zielvorstellung.Das Gesellschafts- und Familienbild in den verschiedenen Regionen weicht offensichtlich sehrstark voneinander ab. Mit Blick auf die ungemein wichtige frühkindliche Bildung setzen dieeinen zum Beispiel auf den Ausbau der Infrastruktur. Andere aber wollen lieber rein finanzielleAnreize für Eltern schaffen, die ihre Kinder zuhause betreuen. Maßnahmen werden aus denabenteuerlichsten Gründen eingeführt und häufig auch schnell wieder kassiert. Derzeit gibt es252 familienpolitische Maßnahmen. Es ist schlicht und einfach keine klare Linie erkennbar. EineGrundvoraussetzung, die in meinen Augen völlig fehlt, ist eine breite gesellschaftliche Debattedarüber, wo die Reise in der Familienpolitik eigentlich hingehen soll. Wie sehen die Ziele aus?Und wie können wir sie erreichen? 2Ich zweifle nicht an der Notwendigkeit der Familienförderung. Wir müssen Familien fördern,weil der Bedarf deutlich erkennbar ist. Hier sollten wir uns nichts vormachen: Im Vergleich zuGutverdienern mit Kindern sind Familien mit einem durchschnittlichen oder geringenEinkommen ganz klar gewissen Einschränkungen ausgesetzt. Dass diese Einschränkungenhäufig auch finanziell sind, lässt sich kaum leugnen. Und in manchen Fällen ist dannirgendwann der Punkt erreicht, an dem auch die konkrete Entwicklung der Kinder betroffen istund an dem sie klar erkennbare Nachteile gegenüber Gleichaltrigen haben. Hier muss der Staateingreifen. Dies muss aus unserer Sicht die Zielsetzung sein. Schwächen müssen ausgeglichenund konkrete Nachteile für Kinder aus weniger gut situierten Elternhäusern verhindert werden.Der SSW hat immer die Auffassung vertreten, dass das System der Familienförderung keineVerlierer produzieren darf. Leider müssen wir feststellen, dass es viel zu häufig genau diesenEffekt hat. Das zeigt sich zum Beispiel beim Kindergeld und Kinderfreibetrag. Hier sindFamilien mit niedrigen Einkommen klar im Nachteil gegenüber Besserverdienenden. Auch dasEhegattensplitting hat eine ähnlich ungerechte Wirkung und es hat sein ursprüngliches Zieldeutlich verfehlt. Deshalb fordern wir die Bundesebene auf, diese Maßnahmen kritisch zuprüfen und gegebenenfalls zu beenden.Ich habe es bereits angedeutet: Grundsätzlich wollen wir mehr soziale Gerechtigkeit in derFamilienpolitik. Niemand darf zurückgelassen werden. Und für uns gibt es keine Alternativezum solidarischen Charakter dieses Systems. Deshalb ist auch völlig klar, dass die Stärkerenentsprechend in die Pflicht genommen werden müssen. Aus Sicht des SSW hakt es leider genauan dieser Stelle. Hier muss der Bund endlich den Mut aufbringen, der nötig ist, umgegenzusteuern und dieses System zukünftig sozial gerechter zu gestalten.Eins will ich deutlich sagen: Egal ob wir über direkte oder indirekte, finanzielle oderinfrastrukturelle Leistungen reden. Sie sind und bleiben notwendig. Wichtig ist aber, dass sieendlich zielführend eingesetzt werden. Deutschland investiert jährlich Milliarden in diesen 3Bereich. Und trotzdem ist das Land alles andere als kinderfreundlich. Ja, wenn wir uns dieSituation Alleinerziehender anschauen, dann sind Kinder sogar bis heute das ArmutsrisikoNummer eins. Diese Entwicklung muss dringend gestoppt werden.Natürlich ist es nicht allein Aufgabe des Bundes, für ein kinder- und familienfreundlichesUmfeld zu sorgen. Was zum Beispiel die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder denAusbau der Betreuungsinfrastruktur angeht, sind Länder, Kommunen aber auch die Wirtschaftgemeinsam in der Pflicht. Klar ist aber auch, dass Ansätze wie das Betreuungsgeld dieeinfachsten Grundsätze der Sozial- und Gleichstellungspolitik verfehlen, und dass sieüberhaupt nicht in ein modernes Familienförderungskonzept passen. Diese Koalition hat völligandere familien- und bildungspolitische Vorstellungen. Deshalb werden wir auf Landesebenealles tun, was einer modernen und sozial gerechten Familienpolitik dient. Und wir fordern dieLandesregierung auf, in diesem Sinne auch verstärkt bundespolitisch aktiv zu sein.