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26.04.13
10:25 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 9: Kein Streikrecht für Beamte!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 26. April 2013



TOP 9, Streikrecht für bestimmte Beamtinnen und Beamte (Drucksache 18/731)



Beate Raudies:
Kein Streikrecht für Beamte!

Als ich den Antrag der Piraten zum ersten Mal las, habe ich mich an meine Ausbildung erinnert: Der Tagesordnungspunkt beim Einführungsseminar für die frischgebackenen FinanzanwärterInnen 10/85 in der Landesfinanzschule in Malente hieß „Einführung in das Beamtenrecht – Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums“.
Man legte uns – glaube ich – eine rund 10 Punkte umfassende Liste vor, die diese Grundsätze enthielt. Nach der Lektüre – das weiß ich noch genau – meldete ich mich mit klopfendem Herzen zu Wort und fragte, warum auf dieser Liste nichts vom Streikverbot für Beamte stehe. In den folgenden Jahren meiner Ausbildung lernte ich dann, was sich hinter diesen Grundsätzen verbirgt: „Das Beamtenverhältnis ist ein von beiden Seiten aus freier Willensentscheidung begründetes Rechtsverhältnis, das in seiner Substanz in einem gerechten Ausgleich der Interessen des Dienstherren und des Beamten besteht.“ So formuliert es Prof. Udo di Fabio, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Was daraus folgt, hat das BVerfG 1977 wie folgt beschrieben: „Die wechselseitigen Ansprüche unterscheiden sich ihrer Art nach vom Anspruch auf Leistung und Gegenleistung innerhalb des entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrages und stehen sich vor allem in anderer Weise gegenüber, als sich Leistung und Gegenleistung im entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrag gegenüber stehen." (BVerfG vom 30.3.1977).
Das aus dieser Einschätzung abgeleitete Streikverbot steht allerdings immer wieder in der Kritik, vor allem, wenn es um materielle Verbesserungen für die Bediensteten oder die Veränderung von Arbeitsbedingungen geht. Zuletzt hat sich der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte 2



zum Streikrecht für Lehrerinnen und Lehrer geäußert, und dies nimmt Herr Dr. Breyer nun zum Anlass für den vorliegenden Gesetzentwurf.
Wir sind, anders als einige Gewerkschaften, der Auffassung, dass Beamtinnen und Beamte kein Streikrecht haben. Und wir wollen hier auch nicht fordern, dass der Landtag ein solches Streikrecht für „bestimmte Beamte" auf den Weg bringt. Wobei ich mir, Herr Dr. Breyer, den Hinweis nicht verkneifen kann: Einen derart unbestimmten Rechtsbegriff – „bestimmte Beamte“ – bei einem so wichtigen Thema finde ich, gelinde gesagt, unpassend.
Ich nehme den Antrag der Piraten aber gerne zum Anlass, wieder zu einer grundsätzlichen Reform des öffentlichen Dienstrechts in Deutschland aufzurufen. Eine Reform, die nicht von oben verordnet, sondern gemeinsam mit allen Betroffenen erarbeitet wird. Alleingänge einzelner Länder sind dabei wenig allerdings wenig aussichtsreich, ggf. sogar hinderlich.
Die von Herrn Dr. Breyer zur Begründung seines Antrags angeführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Streikrecht könnte einen Aspekt in dieser Gesamtdiskussion über eine Reform des öffentlichen Dienstes darstellen. Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch scheint für mich eine Umsetzung mit einem Fortbestand des Berufsbeamtentums kaum vereinbar.
Auch die Bildung verschiedener „Klassen“ von Beamten mit oder ohne Streikrecht würde wohl in mehrerer Hinsicht mit Art. 33 Grundgesetz unvereinbar sein. Aus diesem Grunde lehnt der Deutsche Beamtenbund die Einführung eines Streikrechts kategorisch ab und bezieht sich dabei auf ein Rechtsgutachten des ehemaligen Richters am BVerfG, Prof. Udo di Fabio. Dieser hält ein Streikrecht mit dem Beamtenstatus generell für unvereinbar. Der DBB sieht hier die Gefahr des Einstiegs in die Abschaffung des Berufsbeamtentums. Vielleicht hätte Herr Dr. Breyer ja vorher mal mit den von ihm Beglückten reden sollen...
Erlauben Sie mir ein weiteres Zitat, das ich auf der Homepage des Deutschen Beamtenbunds gefunden habe: „Wer das Streikverbot aus Artikel 33 Absatz 5 GG streicht, kann schnell dazu kommen, es in Artikel 9 Absatz 3 GG hineinzuschreiben. Das wäre aus gewerkschaftlicher Sicht dann allerdings kaum eine ertragbare Lösung.“
Herr Dr. Breyer verschweigt übrigens, dass die von ihm zur Bekräftigung seiner Auffassung zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 7.3.2012 nicht rechtskräftig geworden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 02.01.2013 die Revision zugelassen. Deswegen sollten wir den Gesetzentwurf der Piratenfraktion in den Innen- und 3



Rechtsausschuss überweisen und die Beratung bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zurückzustellen.