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25.04.13
17:56 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 13: Mit Wohnungspolitik die solidarische Gesellschaft mitgestalten

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 25. April 2013


TOP 13, Bezahlbarer Wohnraum / Versorgung mit Wohnraum in Schleswig-Holstein (Drucksache 18/599 und 18/563)



Serpil Midyatlı:
Mit Wohnungspolitik die solidarische Gesellschaft mitgestalten

Wenn ich mir den Bericht von Minister Breitner anhöre, muss ich sagen: Wie gut, dass wir in Schleswig-Holstein einen sozialdemokratischen Wohnungs- und Städtebauminister haben! Eine wichtige Botschaft ist: Wohnraum mit sozialer Bindung wird es weiterhin geben, auslaufende Bindungen werden ersetzt. Wir werden sowohl im Mietwohnungsbau als auch bei Eigenheimen fördern können. Die Mittel kommen dort an, wo sie am nötigsten gebraucht werden: Bei Familien und Haushalten, die aus eigener Kraft auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben.
Förderung nach dem Gießkannenprinzip kann und soll es nicht geben. Eine Gesellschaft muss sich auch daran messen lassen, ob sie den Mut hat, gezielt solche Bevölkerungsgruppen zu unterstützen, die diese Unterstützung benötigen. Das sind nicht immer diejenigen mit der stärksten Lobby.
Hinzu kommt: Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein ist schon jetzt regional sehr differenziert. Dazu wird es nach der Sommerpause ein Gutachten geben. Schon jetzt können wir aber sagen, dass die Wohnraumförderung ganz neu aufgestellt wird. Wir binden lokale Akteure stark ein und wir setzen auf die Fachkompetenz der Beteiligten bei der „Offensive für bezahlbares Wohnen in Schleswig-Holstein“, die das Innenministerium gemeinsam mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden initiiert hat.
Sie alle haben den Bericht gelesen und die Ausführungen des Innenministers gehört. Deshalb will ich mich in dieser ersten Behandlung im Landtag auf einige wenige Aspekte konzentrieren.
Demografischer Wandel berührt den Wohnungs- und Städtebau in mehrfacher Weise: 2



1. Die Entwicklungen in den Regionen unseres Landes werden sich zunehmend voneinander unterscheiden. Wer hier nicht mit planerischen Konzepten gegensteuert, wird in den strukturschwachen Regionen eine Abwärtsspirale bei der Wohnraumversorgung befördern, weil sich im freien Spiel der Kräfte in diesen Regionen der Wohnungsbau für Investoren nicht mehr lohnt.
2. Gleichzeitig werden wir mit einer durchschnittlich älteren Gesellschaft andere Wohnungen benötigen. Die Generation, die jetzt älter wird, ist nicht mehr bereit, Einschränkungen in ihrer Mobilität einfach hinzunehmen. Die Menschen haben – zu Recht – die Erwartung, am Leben teilhaben zu können. Wohnungsbaupolitik muss diese berechtigte Forderung bei der Schneidung der Wohnungen ebenso berücksichtigen wie bei der Einbindung eines guten Umfelds in die Gesamtplanung.
Wir brauchen nicht zuletzt eine Quartierspolitik, die von den Bedürfnissen der Menschen im Stadtteil oder im Ort ausgeht.
Was die Mieten betrifft, müssen wir unterscheiden zwischen den Bestandsmieten und den Angebotsmieten, die für Neu- und Wiedervermietung verlangt werden. Die Situation in den Regionen Schleswig-Holsteins ist sehr unterschiedlich. Daher kann und darf es „ein Konzept für alle“ nicht geben.
Sehr klar möchte ich mich Versuchen entgegenstellen, Energiewende und bezahlbaren Wohnraum gegeneinander auszuspielen. Das EEG ist seit seinem Bestehen nicht der Preistreiber beim Strom gewesen. Insbesondere die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb fallen wesentlich signifikanter ins Gewicht. Wer meint, hier ein Spiel Umwelt versus Armut spielen zu müssen, handelt unredlich. Soziale, ökologische und finanzielle Nachhaltigkeit gehören zusammen.
Wir wollen die solidarische Gesellschaft gestalten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Das heißt nicht, dass alles überall genau gleich sein muss. Es bedeutet aber, dass es gleiche Chancen geben muss, dass die Voraussetzungen für eine faire Teilhabe an der Gesellschaft stimmen müssen. Dieser Grundsatz ist im demografischen Wandel Herausforderung und Chance zugleich. Der Wohnungsbau spielt dabei eine große Rolle.
Wohnungsbau und Landesentwicklung wollen wir auch zusammen denken und abgestimmt weiter verfolgen. Wir wollen und wir werden bestehende gewachsene Strukturen fördern, vorhandene Infrastruktur besser auslasten und Versorgungseinrichtungen zusammen mit der 3



Wohnbebauung modern weiterentwickeln. Deshalb ist es richtig, dass integrierte Stadtentwicklungskonzepte und Wohnungsmarktkonzepte der Kommunen sowie deren Fortschreibung gefördert werden.
Wer die Gesellschaft von morgen mit den Mitteln von heute gestalten will, stößt immer wieder an Grenzen, denn Werte verändern sich, die Technik entwickelt sich weiter, Menschen haben andere Interessen. Das entbindet uns jedoch nicht von der Verantwortung, auch langfristig zu denken. Und bei der Entwicklung gesellschaftspolitischer Perspektiven spielt eine große Rolle, wie, wo und mit wem wir künftig wohnen und leben wollen.
Auch die Sozialdemokratie ist in der Vergangenheit Wege gegangen, über die wir jetzt den Kopf schütteln. Ich möchte hier nur beispielhaft den Bau von Satellitenstädten nennen, wie er in den 1970ern in vielen deutschen Städten üblich war. Bis heute kämpfen diese Stadtteile, um das zu ersetzen, was andernorts als gewachsene Struktur selbstverständlich scheint. Was wir daraus lernen ist, auf behutsame Entwicklung zu setzen und gesellschaftliches Miteinander von Anfang an als zentrale Kompetenz zu betrachten.
Wohnungsbau schafft auch Arbeitsplätze, und das sind nicht die schlechtesten. Der Bau zahlt gute Löhne, die über das Arbeitnehmerentsendegesetz bundesweit allgemeinverbindlich sind. Lohndumping spielt hier keine Rolle mehr. 86 Prozent der Bauaufträge in geförderten Wohnbauten werden durchschnittlich an Baugewerbe und Bauhandwerk in Schleswig-Holstein vergeben. Die soziale Wohnraumförderung hat 2010 über 7.700 Handwerkerinnen und Handwerkern Beschäftigung gegeben; ein Fünftel der Investitionssumme kommt an direktem Steueraufkommen Land und Kommunen zu Gute.
Das sind wirtschaftliche Faktoren, die mit in den Fokus gehören. Hinzu kommen die Gewinne durch gutes Wohnen in stabilen Quartieren, die wiederum einen verlässlichen Rahmen für Unternehmen bieten und dadurch Arbeitsplätze direkt vor Ort ermöglichen.
Diesen enormen Vorteilen für die kommunale Seite stehen allerdings kaum noch kommunale Mitfinanzierungen entgegen; für die beiden letzten Jahre 2011 und 2012 weist der Bericht der Landesregierung keine kommunale Mitfinanzierung aus. Auch diese Frage gehört in den Gesamtzusammenhang der Beziehungen zwischen Land und Kommunen. Möglicherweise tun die Kommunen sich keinen Gefallen damit, wenn sie sich ganz aus Mitfinanzierung und der dazugehörigen Steuerung zurückziehen. Die Beziehungen zwischen der Bundesebene und dem Land sollten noch weiter erörtert werden, insbesondere die Fortführung der Kompensationszahlungen. 4



Wir werden den Bericht der Landesregierung in den Ausschüssen intensiv beraten. Für’s erste möchte ich mich nochmal herzlich bei Minister Breitner und seinem Haus für die hervorragende Vorlage bedanken.
Zu dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der FDP nur eine kurze Bemerkung: Wenn Sie meinen, Wohnraumknappheit erledige sich von allein, wenn man nur die Marktkräfte ungebremst aufeinander zurasen lässt, täuschen Sie sich. Bei Wohnraum geht es um mehr: um ein gutes soziales Umfeld, um Infrastruktur, um langfristige Perspektiven und um den Blick dafür, wie wir alle in der Welt von morgen miteinander leben wollen. Dafür brauchen wir Planung. Das ist für uns keine Beschränkung, für uns ist es das zentrale Gestaltungsinstrument. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab.
Wir beantragen die Überweisung des Berichts des Innenministers in den Wirtschaftsausschuss, den Sozialausschuss und den Innen- und Rechtsausschuss.