Beate Raudies zu TOP 16: Gerechte Steuern sind unabdingbar für eine gerechte Gesellschaft
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 25. April 2013TOP 16, Steuerhinterziehung bekämpfen – Steuergerechtigkeit fördern (Drucksache 18/631, 18/771)Beate Raudies:Gerechte Steuern sind unabdingbar für eine gerechte Gesellschaft „Wer Steuern zahlt, fühlt sich besser“ – so überschreibt die Hans-Böckler-Stiftung einen Artikel, in dem über eine Studie zum Zusammenhang zwischen der Steuerquote und dem subjektiven Wohlbefinden berichtet wird. Diesen Satz werden sicher nicht alle von uns unterschreiben. Beim Blick auf die monatliche Gehaltsabrechnung oder die vierteljährliche Abbuchung des Finanzamtes hat sich vermutlich schon jeder einmal gefragt, wieso der Staat eigentlich einen so hohen Anteil für sich beansprucht.Fakt ist aber: Steuern sind der Preis, den wir für eine zivilisierte Gesellschaft zahlen. So formulierte es bereits 1870 Oliver Wendell Holmes, Richter am Bundesgerichtshof der USA. Oder, wie es Bundespräsident Gauck gerade ausdrückte: „Zu einer funktionierenden Demokratie gehört die Bereitschaft aller, etwas dazu beizutragen. Wir können nicht wählen, ob wir Steuern zahlen, jedenfalls nicht legal.“ Es gehöre zur Verantwortung mündiger Bürger, Pflichten zu akzeptieren.Prof. Dr. Brigitte Unger, die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, bezeichnet Steuerhinterziehung als „Loch in der Zivilisation". „Loch in der Zivilisation“ – das bedeutet: Mit dem Miteinander in unserer Gesellschaft ist etwas Wichtiges ganz und gar nicht in Ordnung.Die Steuereinnahmen in Deutschland sind 2012 bei Bund, Ländern und Gemeinden erheblich gestiegen – übrigens im Gegensatz zu anderen EU-Ländern. Leider stiegen nicht nur die Steuereinnahmen, sondern auch die Steuerhinterziehung. Die aktuellen Enthüllungen von 2„Offshore Leaks“ haben sie sichtbar gemacht, die große Steueroasen-Maschinerie, die es bisher einfach machte, illegales Geld vor aller Welt zu verstecken.Nach unterschiedlichen Schätzungen gehen in Deutschland zwischen 40 und 158 Milliarden Euro jährlich durch Steuerhinterziehung verloren. Allein die schleswig-holsteinischen Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder haben im vergangenen Jahr einen Steuerschaden von 149 Millionen Euro aufgedeckt. Dieser hohe Betrag in 2012 resultiert z.T. aus besonderen Einzelfällen. Aber wenn man noch die 133 Millionen Euro Erbschaft- und Einkommensteuer dazu nimmt, die das Land seit 2010 aufgrund von Selbstanzeigen aus deutschen Kapitalanlagen in der Schweiz vereinnahmt hat, wird klar, welche Beträge der Allgemeinheit jährlich verloren gehen.Gerechte Steuern sind unabdingbar für eine gerechte Gesellschaft. Die staatlichen Schulden, an denen wir hier im Landtag, in unseren Kommunalparlamenten und im Bundestag schwer zu tragen haben, könnten bei fairem Steuerverhalten nahezu getilgt werden.Wer Steuern hinterzieht, verabschiedet sich aus der solidarischen Gesellschaft und ist mit dafür verantwortlich, wenn die Schere zwischen Arm und Reich auch in Deutschland weit auseinander klafft: Durchschnitts-Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer leisten ihre Abgaben über den Steuerabzug vom Lohn und Gehalt. Für gut Verdienende, Vermögende und große Unternehmen existieren dagegen reichlich Gestaltungsmöglichkeiten.Ein Blick auf die Steuer- und Abgabenquoten zeigt: Deutschland liegt europaweit knapp im Mittelfeld. Es gibt also erstens Luft nach oben, ohne dass unsere Gesellschaft und unsere Ökonomie Schaden nehmen. Das bedeutet, an der Einnahmesituation können wir durchaus noch etwas tun. Und, zweitens: Nein, auch der beherzte Kampf gegen Steuerhinterziehung ist keine Konjunkturbremse, im Gegenteil. Beides ließe sich durch Steuervereinfachung, mehr Transparenz und entschlossene Maßnahmen erreichen.Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen Steuerbetrug zuallererst deswegen eindämmen, weil er den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet. Wir wollen durchsetzen, dass diejenigen, die in der Einkommens- und Vermögensverteilung ganz oben angesiedelt sind, sich genauso an die Steuergesetze halten müssen wie alle anderen. Aus diesen Gründen brauchen wir• einen bundesweit einheitlichen Steuervollzug,• auf EU-Ebene Maßnahmen gegen Banken, die Steuerhinterziehung begünstigen, 3• konsequente Strafverfolgung bei Steuerhinterziehung,• die Ausweitung von Besteuerungsgrundlagen sowie• faire Steuerabkommen mit Nachbarländern.Nicht mehr und nicht weniger fordern wir mit unserem Antrag. Bitte stimmen Sie zu!