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23.01.13
19:31 Uhr
Piratenpartei

Torge Schmidt: Rede zum Sparkassengesetz (Volltext) #6Piraten @torgator

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Rede im Volltext --- Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 23.01.2013 Torge Schmidt: Rede zum Sparkassengesetz (Volltext)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
die Situation der Sparkassen, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, ist dramatisch, aber anscheinend noch nicht dramatisch genug, wenn weiterhin Gelder für Einladungen zu Luxustagungen an politische Entscheidungsträger verwendet werden können. Verzeihen Sie mir diese Spitze. Die Einladung des Sparkassen- und Giroverbands kommt schon recht komisch, wenn wir parallel dazu über Not leidende Banken diskutieren.
Es drohen weitere Abschreibungen auf Grund von Beteiligungen an der HSH Nordbank und der Landesbank Berlin. Die Mindestanforderungen der Basel III-Kriterien rücken in weite Ferne.
Eine Möglichkeit, diesen wieder näher zu kommen, ist die Bindung neuer Eigenkapitalgeber. Sie können sich derzeit als 25,1%-ige Minderheitsbeteiligung am Stammkapital der schleswig-holsteinischen Sparkassen beteiligen und so zu einer Erhöhung des Kernkapitals führen. Einen Interessenten gibt es bereits: Die Hamburgische Sparkasse. Was zwar noch den Namen einer Sparkasse trägt, ist in Wirklichkeit eine Aktiengesellschaft. Sie wird zu 100% von der HASPA Finanzholding gehalten. Diese hält u.a. weitere Beteiligungen an der LBS Schleswig- Holstein AG und der Sparkasse zu Lübeck AG.
Ihre einmalige Struktur nach dem alten hamburgischen Recht ist zugleich der Grund für die Beteiligungsproblematik. Sie kann zum Einfalltor einer kompletten Privatisierung dieser Säule des Bankensystems werden. Wir halten entsprechende Klagen auf europäischer Ebene für nicht ausgeschlossen.
Wie die Sparkasse Hohenwestedt in ihrem Faktenpapier zum 21.01.2013 mitteilte, gehen die Verhandlungen bereits bis auf das Jahr 2010 zurück. Das Kartellamt erteilte seine Genehmigung am 10.07.2012, die BaFin bestätigte am 10.12.2012, dass es sich bei dem zur Verfügung gestellten Mittel um Kernkapital halte.
Die regierungstragenden Fraktionen möchten nun im Eilverfahren das Sparkassengesetz ändern und die anstehende Minderheitsbeteiligung der HASPA bei der kleinen Sparkasse Hohenwestedt abwenden.
Nun, es bleiben da noch ein paar offene Fragen: Was bedeutet dies für die bisherige Beteiligung an der Sparkasse zu Lübeck AG? Möchte die Regierung auch an diese Struktur langfristig ran und eine Rückabwicklung der AG bewirken?
Es kann nicht sein, dass eine so weitreichende Gesetzesänderung in einer 2-Tages-Frist überhastet entschieden werden soll. Auf Grund eines Präzedenzfalles soll nun die komplette Beteiligungsstruktur über den Haufen geworfen werden. Die weitreichenden Auswirkungen auf die Struktur der Sparkassen und die Stabilität des Bankensystems können nicht über ein Eilverfahren im Parlament ignoriert werden. In jedem geordneten Verfahren würde man zunächst die Bankenaufsicht, bestehend aus BaFin und Bundesbank, anhören.
Der vorliegende Gesetzentwurf der CDU-Fraktion sieht -wenn auch schön umschrieben- eine Umgehung von Basel III vor. Stille Einlagen sollen durch Anteile am Stammkapital substituiert werden. Entscheidend dabei ist, dass sich nicht die Finanzgeber ändern sollen, sondern ihr Mitspracherecht. Bisher sahen die Fraktionen keinen Anlass, die Struktur der stillen Einlage zu kritisieren. Dies allein zu tun, um die Rahmenbedingungen von Basel III zu umgehen und die Kriterien zu erfüllen, kann nicht ernsthaft unsere Zustimmung erhalten.
Basel III wurde entwickelt, um den Bankensektor und die Bankenstruktur nachhaltig zu stärken und zu stabilisieren. Schon bei der Einführung soll nun getrickst werden. Ich dachte, die HSH Nordbank reicht uns diesbezüglich.
Es gibt aber noch eine zweite Problematik, die gegen den Vorschlag spricht, dass sich der deutsche Sparkassen- und Giroverband sowie die regionalen Mitgliedsverbände nun auch am Stammkapital beteiligen können. Im Gegensatz zu einzelnen Sparkassen ist der Verband in der Lage, flächendeckend Beteiligungen einzugehen.
Das vorgesehene Stimmrecht und die gegenseitige Einflussnahme wird dazu führen, dass sich langfristig in allen Sparkassen mit einer solchen Beteiligungsstruktur eine gleiche Geschäftspolitik durchsetzen wird - trotz der Minderheitsbeteiligung. De facto nimmt der Gleichklang und die Verknüpfung der Institute zu. Können Sie ausschließen, dass es so zu einer indirekten Fusion kommt? Welche Auswirkungen dies auf das systemische Risiko durch ein "too connected" oder sogar "too big to fail" und die Bankenstabilität bedeutet, muss ich Ihnen doch nicht erklären. Der gut gemeinte Vorschlag kann leider auch zum Bumerang werden.
Sie sehen, es gibt noch sehr viele offene Fragen, die im Raum stehen. Vieles müsste in einem ordentlichen Anhörungsverfahren geklärt werden. Man kann z.B. auf eine Befristung des Entwurfs der Regierung nachdenken, damit wir uns Zeit verschaffen, um ausführlich über die Auswirkungen der vorhandenen Gesetzesentwürfe zu sprechen.
Jetzt aber hier im Hau-Ruck-Verfahren einen Blindflug der regierungstragenden Fraktionen zu unterstützen, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Eigentlich müsste man das komplette Verfahren im Ausschuss boykottieren. Ich bin aber ein gesitteter Mensch.
Ansprechpartner: MdL Torge Schmidt (Tel.: 0431 9881636, tschmidt@piratenpartei-sh.de, Twitter: @torgator) Pressestelle: Dr. Stefan Appelius (Tel.: 0171 5444282)