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13.12.12
17:14 Uhr
B 90/Grüne

Rasmus Andresen zur HSH Nordbank

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 20 – Bericht zur HSH Nordbank Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Rasmus Andresen: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 542.12 / 13.12.2012


Rettungspläne für die HSH müssen durch das Parlament nicht nur geprüft, sondern verabschiedet werden
zunächst danke ich der Finanzministerin für ihren Bericht. Bereits letzte Woche wurden wir im Beteiligungsausschuss zeitnah über die neuesten Entwicklungen informiert und haben mögliche Auswege beraten. Gut, dass diese Debatte jetzt auch im Plenum statt- findet. Schließlich kann das Schicksal der HSH Nordbank mittelfristig auch Auswirkun- gen auf den Haushalt haben, also auf das Königsrecht des Parlaments. Und wir spre- chen hier nicht von ein paar Hunderttausend Euro, sondern möglicherweise von drei- stelligen Millionenbeträgen.
Ich bin froh, dass die Landesregierung ihrer Informationspflicht gegenüber uns als Par- lament offen und transparent in den Gremien und heute hier gerecht wird. Das Parla- ment hat ein Anrecht auf umfassende Informationen.
Und es ist auch wichtig, dass wir das Thema HSH heute öffentlich diskutieren. Die Men- schen in Schleswig-Holstein und Hamburg fragen sich, welche Bürde sie als Steuerzah- lerInnen mit der HSH zu schultern haben, und wie sich drohende Verluste auf die finan- zielle Leistungsfähigkeit des Landes auswirkt.
Ich sage es hier ganz deutlich. Welche Rettungsmaßnahmen auch immer beschlossen werden müssen, dies darf nicht ohne Parlamentsbeteiligung geschehen. Information reicht in dem Fall nicht mehr aus, eine eventuelle Erhöhung der Garantie muss im Par- lament beschlossen werden. Auch wenn es theoretisch ohne den Landtag gehen wür- de.
Seite 1 von 4 Aber nun zur Lage der HSH. Wie sieht die Situation der HSH Nordbank also derzeit aus? Letzte Woche ist der dritte Quartalsbericht der Bank erschienen. Hier gibt es klei- ne Lichtblicke: Das Neukreditgeschäft hat sich seit dem Vorjahr fast verdoppelt. Es ist aber noch zu früh, daraus abzuleiten, dass der HSH ihre Neuausrichtung als ‚Bank für Unternehmer‘ geglückt ist.
Denn nach wie vor treibt die HSH im Strudel der Schifffahrtskrise. Dadurch nehmen die Risiken im Kreditportfolio deutlich zu. Die harte Kernkapitalquote liegt mit 9,4 Prozent nur noch knapp über der Mindestquote von 9 Prozent, die die europäische Bankenauf- sicht fordert.
Die Bank erwartet mittlerweile massive Wertverluste in den kommenden Jahren. An- ders als noch vor drei Monaten rechnet die Bank mittlerweile damit, dass sie die Garan- tie der Länder ab 2019 in Anspruch nehmen muss. Derzeit wird der Bedarf bei 1,3 Milli- arden bis 2025 geschätzt. Für den schleswig-holsteinischen Haushalt würden das über die Jahre verteilt 650 Millionen bedeuten. Das wären nicht nur Steine auf unserem Weg zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt, sondern gewaltige Felsbrocken.
In dieser Situation müssen wir alles tun, um den Landeshaushalt vor größerem Scha- den zu bewahren. Ich möchte über echte Lösungsvorschläge diskutieren. Der naive Vorschlag der Hamburger und Kieler CDU-Fraktionen hilft hier nicht weiter.
Die HSH Nordbank befindet sich bereits mitten in einer Neuausrichtung ihres Ge- schäftsmodells. Und jetzt sollen Torsten Albig und Olaf Scholz gemeinsam mit der Eu- ropäischen Kommission eine Neuausrichtung der Bank aus dem Hut zaubern? Dieser Vorstoß von Ihnen, Herr Koch, ist nicht viel mehr als ein einsamer Hilfeschrei nach ein- fachen Antworten, die es nicht gibt.
Lassen sie uns lieber über die vier seriösen Alternativen sprechen, die wir mit Bedacht prüfen müssen. Erstens könnte ein privater Garantiegeber einsteigen. Es scheint der- zeit allerdings nicht wahrscheinlich, dass ein Privater so eine Garantie wirklich zu guten Bedingungen anbietet. Es bringt uns schließlich wenig, wenn private Investoren wie Flowers einsteigen würden, um noch ein paar positive Mitnahmeeffekte zu erzielen.
Denkbar ist zweitens auch die Veräußerung von Teilen des Wertpapierportfolios.
Drittens ist ein Rückkauf von Hybridkapital zur Erhöhung der Eigenkapitalquote ein denkbarer Weg. Allerdings ist die Frage, ob damit die notwendige Aufstockung auch wirklich erreicht werden kann.
Und, lieber Kollege Kubicki, auf weiße Ritter sollten wir nicht zu lange setzen.
Die vierte Variante ist die Aufstockung der Garantie. Deshalb müssen wir uns in jedem Fall über die vierte Möglichkeit, nämlich eine Garantieerhöhung, Gedanken machen.
Keine Frage, auch die Aufstockung der Garantie hat Nachteile, denn sie würde ein neu- es EU-Beihilferechtsverfahren auslösen. Zudem vergrößert sie natürlich die Haftungs- masse, für die Hamburg und Schleswig-Holstein zumindest theoretisch aufkommen müssten.
Und es kann der Moment kommen, wo eine Erhöhung der Garantie mehr Risiken mit sich bringt, als Sie vermeintliche Lösungen schafft. Aber sie hat eben auch entscheidende Vorteile: Die Garantie der Länder stützt die Bank
2 jetzt schon spürbar. Sie wirkt sich positiv auf das Rating der Bank aus und sichert ihr somit die Attraktivität für AnlegerInnen. Und sie reduziert die notwendige Risikovorsorge um fast eine halbe Milliarde, so dass das Konzernergebnis nicht noch weiter abfällt.
Es war definitiv ein Fehler der Bank, 2011 die Garantie vorschnell auf 7 Mrd. abzusen- ken. Sie hat damit das Sicherheitsnetz, das die Länder ihr bieten, freiwillig ausgedünnt. Um es wieder zu stärken, ist nun ein erneutes EU-Beihilfeverfahren nötig. Das hätte uns erspart bleiben können.
Doch das Kind ist in den Brunnen gefallen und deshalb ist es gut, dass unsere Finanz- ministerin jetzt bereits die notwendigen Schritte einleitet, damit wir die Garantie, wenn nötig, rasch wieder aufstocken können. Denn anders als bei der Suche nach einer pri- vaten GarantiegeberIn können wir als Politik bei der Garantieaufstockung das Schicksal selbst in die Hand nehmen.
Und es ist eine der stärksten Optionen, um die drohende Unterschreitung der Eigenka- pitalquote unterhalb des kritischen Werts von 9,0 Prozent zu verhindern. Eine Erhöhung der Garantie bedeutet die Erhöhung der Eigenkapitalquote um wenige Prozent.
Doch anders als in der Presse behauptet, ist noch keine Entscheidung gefallen. Wir brauchen eine bessere Grundlage, um dies endgültig entscheiden zu können. Auch deshalb habe ich in den zuständigen Gremien eine schriftliche Vorlage zur Bewertung von Chancen und Risiken der unterschiedlichen Optionen beantragt.
Sorgen macht mir auch die Personalpolitik der HSH. In den letzten zwei Monaten haben wir vier Wechsel im oberen Management erlebt – drei Bereichsleiter haben die Bank verlassen, darunter der PR-Leiter. Das ist kein gutes Zeichen. Dann hat Paul Lerbinger seinen Vorstandsvorsitz an Constantin von Oesterreich übergeben. Und schließlich er- reicht uns die Nachricht über Nonnenmachers dreisten Auflösungsvertrag, der ihm selbst bei Strafverfolgung einen goldenen Handschlag sichert.
Um so begrüßenswerter ist dafür, dass Staatssekretär Thomas Losse-Müller dem- nächst in den Aufsichtsrat der HSH wechseln wird. Es wird Zeit, dass das Land wieder direkteren Einfluss auf die Kontrolle der Bank nimmt.
Wir haben aus der Vergangenheit aber auch gelernt, dass die physische Anwesenheit von PolitikerInnen im Aufsichtsrat allein noch keine Garantie für eine bessere Überwa- chung ist. Neben der exzellenten Erfahrung, die Thomas Losse-Müller als ehemaliger Investmentbanker mitbringt, muss auch der politische Wille zur Kontrolle da sein. Er vereint politische Kontrolle und bankwirtschaftliche Erfahrung in seiner Person. Er ist deshalb der Garant dafür, dass sich alte Fehler so nicht wiederholen.
Bis 2015 wird die Gewährträgerhaftung von derzeit 32 auf 3 Milliarden Euro abschmel- zen. Dann können wir darüber diskutieren, welche Art von Bank den regionalen Mit- telstand am besten mit Krediten versorgen kann. Ich denke, dass eine gemeinwohlori- entierte Investitionsbank oder ein Spitzeninstitut der Sparkasse hier weitaus besser ge- eignet ist, und wir uns von der HSH AG lösen sollten, sobald es wirtschaftlich möglich ist.
Solange das Risiko für das Landesvermögen über die Gewährträgerhaftung unser jähr- liches Haushaltsvolumen aber noch um ein vielfaches übersteigt, müssen wir alles tun, um die Bank zu stützen.

3 Ich vertraue auf die Fortführung der Offenheit und Transparenz, mit der die Landesre- gierung uns bisher über die HSH-Angelegenheiten auf dem Laufenden gehalten hat. Und ich setze darauf, dass wir unserer gemeinsamen Verantwortung hier im Landtag gerecht werden und uns fraktionsübergreifend auf Lösungen verständigen können.
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