Wolfgang Kubicki: HSH Nordbank braucht einen Befreiungsschlag
FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Es gilt das gesprochene Wort.Nr. 493 / 2012 Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Christopher Vogt, MdL Kiel, Donnerstag, 13. Dezember 2012 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Parlamentarischer GeschäftsführerFinanzen / HSH NordbankWolfgang Kubicki: HSH Nordbank braucht einen www.fdp-sh.de BefreiungsschlagIn seiner Rede zu TOP 20 (Berichtsantrag zur HSH Nordbank) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„Unsere Befürchtungen über Verluste und zunehmende Risiken sind nicht nur eingetreten, sondern wurden leider übertroffen. Unsere Sorgen über die Ent- wicklungen wurden Ende September von einzelnen Mitgliedern der Regierungs- fraktionen als parteipolitisches Geplänkel gewertet. Ich hoffe, dass die damali- gen Ansichten sich mit Blick auf die Zahlen zum 30. September 2012 nun grundlegend geändert haben. Wer den Vorwurf der parteipolitischen Taktik ständig als Gegenargument für unangenehme Tatsachen und Verantwortung ins Spiel bringt, läuft augenblicklich Gefahr, unsere Parteiendemokratie nach- haltig zu beschädigen.Ich wünschte mir, dass zumindest jetzt die Mitglieder der Regierungsfraktionen klare Worte für das eigensinnige und eigenwillige Handeln des Aufsichtsrats- vorsitzenden Hilmar Kopper finden. Wir können es insgesamt nicht hinnehmen, dass der schriftlich erklärte Wille des Hauptaktionärs in der Causa Nonnenma- cher so nachhaltig ignoriert wird.Über der Bank hängen derzeit zwei Damoklesschwerter. Das erste Damokles- schwert wäre die Herabstufung des Ratings durch Moody’s um zwei Stufen. Mit einer solchen Herabstufung würde die Bank für unbesicherte Anleihen ein Ra- ting im sogenannten Nicht-Investment-Bereich erhalten.Damit dürfte ein Großteil der professionellen Investoren schon aus regulatori- schen Gründen, wie beispielsweise den Kapitalanlagerichtlinien, nicht mehr in die Anleihen investieren. Die Refinanzierungskosten würden vermutlich um deutlich über 1 Prozent gegenüber der derzeitigen Anleiherendite ansteigen. Wer der bestehenden Nettozinsmarge von 0,4 Prozent einen Kostenanstieg von einem Prozent gegenüberstellt, wird feststellen, dass die Bank operativ Verluste generieren wird. Die Bank wäre aus Wettbewerbsgründen gezwungen, ihren Kunden günstigere Konditionen anzubieten, als sie selbst dafür aufwendet. Je- dem ist bewusst, dass dies nicht darstellbar ist. Weder ökonomisch noch ma- thematisch.Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de 2 Das zweite Risiko ist die dramatisch sinkende Eigenkapitalquote. 9,0 Prozent beträgt die derzeitige aufsichtsrechtliche Mindestanforderung, die die EBA, die Europäische Bankenaufsicht, festgelegt hat.Die HSH Nordbank kommt leider mit großen Schritten immer näher an die ge- setzlichen Mindestanforderungen für das Eigenkapital. Hat sie zum 30. Juni 2012 noch eine harte Kernkapitalquote von 10,0 Prozent ausgewiesen, so lag diese bereits am 30. September 2012, also 92 Tage später, bei nur noch 9,4 Prozent. Wenn die HSH Nordbank in dieser Geschwindigkeit weiter voran- schreitet, würde sie die gesetzlichen Mindestanforderungen noch vor Jahres- ende unterschreiten.Sollten Handlungen der Bank, der Anteilseigner unterlassen werden, wird die BaFin, die zuständige Bundesaufsicht, zum Handeln regelrecht gedrängt.In Paragraph 48b des Kreditwesengesetzes heißt es: Bestandsgefährdung ist die Gefahr eines insolvenzbedingten Zusammenbruchs des Kreditinstituts für den Fall des Unterbleibens korrigierender Maßnahmen. Eine Bestandsgefähr- dung wird vermutet, wenn1. das verfügbare Kernkapital das nach § 10 Absatz 1 erforderliche Kernkapital zu weniger als 90 vom Hundert deckt;Wenn eine Bestandsgefährdung vorliegt, wird die Bank schon von Gesetzes wegen gezwungen sein, zu handeln und ein sogenanntes Reorganisationsver- fahren einzuleiten. Das Reorganisationsverfahren ist ein bankenrechtlicher Be- griff, der nichts anderes darstellt, als ein insolvenzrechtliches Planverfahren. Die Außenwirkung einer solchen Nachricht brauche ich wohl niemandem zu er- läutern.Was ist also die Lösung des Problems? Die Erhöhung des Garantierahmens von sieben auf zehn Milliarden Euro? Leider nicht.Und hier möchte ich nur auf die häufig genannten beihilferechtlichen Schwierig- keiten hinweisen. Es wird der EU-Kommission nämlich nicht zu erklären sein, dass sie wiederholt eine Beihilfe genehmigt, obwohl sich ihre Zweifel aus dem ersten Beihilfeverfahren bestätigt haben.Die EU-Kommission wird eine Genehmigung nach einer längeren Prüfung ab- lehnen und eine entsprechende Vertragsstrafe auflegen. Dies wäre im Zweifels- fall vielleicht sogar noch vertretbar, wenn die Bank dann in zwei oder drei Jah- ren aus den Schwierigkeiten heraus wäre. Leider jedoch wird die Zeit zeigen, dass die Probleme zusehends sogar noch zunehmen werden.Dass es so kommen wird, ist auch Ihnen bekannt, und man darf davon ausge- hen, dass sie eine solche Entscheidung auch bewusst in Kauf nehmen. Statt Verantwortung zu übernehmen, verschieben Sie Verantwortung. So soll die EU- Kommission verantwortlich gemacht werden für das Scheitern der HSH Nordbank. Wer so agiert, darf sich nicht wundern, wenn die antieuropäischen Ressentiments auch außerhalb des Stammtisches Zulauf finden. Morgens Eu- ropa hoch loben, um nachmittags europäisches Handeln zu kritisieren – das ist keine verantwortliche Politik, das ist eine Farce.Basel III – das neue Regelwerk für Bankenregulierung – fasst künftig den Be- griff des Eigenkapitals deutlich strenger, als der bisherige Ansatz. Künftig gelten mit wenigen Ausnahmen nur noch eingebrachtes Eigenkapital und einbehaltene Gewinne als Eigenkapital. Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de 3 Ziel der Reform war und ist es, die Qualität des Eigenkapitals, die sogenannte Verlustabsorptionsfähigkeit, sicherzustellen. Eigenkapital soll dem Unterneh- men künftig dauerhaft zur Verfügung stehen und im Falle von Unternehmens- verlusten haften. Hybride Finanzinstrumente, wie zum Beispiel Stille Einlagen, haben dies in der Finanzkrise nicht sichergestellt. Einigen von Ihnen wird das Dilemma mit der Bedienung von Stillen Einlagen bei der HSH Nordbank noch in schlechter Erinnerung sein.Basel III sieht vor, die Vorschriften für Eigenkapital nach und nach zu verstär- ken. Jahr für Jahr soll das Regelwerk ein Stück strenger gefasst werden, bis das Regelwerk 2019 vollumfänglich in Kraft getreten sein wird. Das heißt, selbst wenn die Regierungsfraktionen heute eine Erhöhung der Garantie beschließen und damit die Risiken für den Haushalt und die Steuerzahler einseitig weiter er- höhen würden, würde die Eigenkapitalquote auch bei gleichbleibendem ge- schäftlichen Umfeld – wovon derzeit noch nicht einmal die Bank ausgeht – suk- zessive abnehmen.Eine Studie der Deutsche-Bank-Tochter ‚DB Securities‘ hat diese Folgen der strengeren Eigenkapitalvorschriften für die weltweit größten Banken untersucht. Die Ergebnisse, die das Handelsblatt am 13. November 2012 graphisch darge- stellt hat, sind mehr als ernüchternd. Würden die Basel III-Regeln bereits heute auf die Deutsche Bank angewendet werden, würde ihre harte Kernkapitalquote von 10,2 auf 7,2 Prozentpunkte sinken. Die Quote der Commerzbank würde sogar von 12,2 auf 7,7 Prozentpunkte abnehmen und die der schweizerischen UBS von 17,2 auf knapp über 9,0 Prozent. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie die Regelungen übertragen auf die HSH Nordbank wirken werden. Die Bank und die Landesregierung schweigen bisher dazu, sie werden ihre Gründe haben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.Mit der Erhöhung der Garantie gewinnt die Bank bestenfalls nur mehr Zeit. Möglicherweise sechs, zwölf oder achtzehn Monate, bevor wir uns erneut mit der gleichen Debatte hier vorfinden. Die HSH Nordbank braucht aber nicht mehr Zeit. Die HSH Nordbank braucht einen Befreiungsschlag. An einer priva- ten Rekapitalisierung des Instituts, an einer Finanzspritze durch einen renom- mierten privaten Investor, führt kein Weg vorbei.Ich habe vorhin ausgeführt, dass aufgrund der Regelungen durch Basel III nur frisches haftungsdeckendes Eigenkapital die Bank nach innen und außen stabi- lisieren kann. Zudem kann nur ein privater Investor von außen das schwinden- de Vertrauen in die Bank reaktivieren.Ich bitte Sie alle, einen genaueren Blick auf die Zahlen zu werfen. Die vorgeleg- ten Zahlen der HSH Nordbank sind nur vordergründig besser als erwartet. Die vorgelegten Zahlen sind nur deshalb so gut, weil nicht-operative Einmaleffekte das Ergebnis entsprechend verbessert haben. Das Ergebnis der Bank wäre al- leine im 3. Quartal 2012 um 317 Millionen Euro schlechter ausgefallen, wären die sogenannten ‚Hybriden Finanzinstrumente‘ in ihrer Wertentwicklung stabil geblieben. Übrigens, wenn diese Finanzinstrumente bis zum Ende der Laufzeit gehalten werden, werden aus den heutigen positiven Effekten von 317 Millionen Euro morgen negative Effekte in gleicher Höhe.Die Ratingagentur Moody’s hat in ihrem Bericht darauf verwiesen, dass der po- sitive Abschluss im 1. Quartal 2012 nicht auf dem operativen Geschäft, sondern auf Einmaleffekten beruht. Durch den Rückkauf einer im Nennwert niedrig no- tierten Anleihe ergab sich entsprechend ein Gewinn. Das heißt, der Konzern- fehlbetrag von 25 Millionen Euro in den ersten neun Monaten wäre ohne dieseSusann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de 4 Einmaleffekte um 500 Millionen Euro höher! Ich muss Ihnen nicht erklären, dass die Effekte auf Eigenkapitalquote und Ähnliches entsprechend stark wären.Für alle, die meine Ausführungen nachlesen möchten, verweise ich auf die Fi- nanzinformation und den Ratingbericht von Moody‘s. Beides ist auf der Home- page der HSH Nordbank öffentlich verfügbar, wenn man denn Zahlen richtig le- sen kann.Der Landtag muss sich ein eigenes Bild der Lage machen. Ein Rückblick auf die Aussagen der Bank seit 2007 zeigt bedauerlicherweise, dass sich im Nach- hinein durchweg alle Prognosen der Bank als zu optimistisch erwiesen haben. Was soll uns zu der Annahme veranlassen, diesmal sei es anders, diesmal werde es schon gut gehen?Liebe Kolleginnen und Kollegen, der 31.12.2012 naht, und ich vermute, dass wir uns im Januar oder Februar 2013 noch mit ganz anderer Intensität der Bank widmen müssen.Frau Ministerin, wer sagt, einen weißen Ritter gäbe es nicht, muss zumindest darlegen, dass er nach einem gesucht hat.“Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: susann.wilke@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de