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13.12.12
11:48 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 1A + 55 - Regierungserklärung "Schleswig-Holstein für Europa" und Europabericht der Landesregierung

Presseinformation
Kiel, den 13.12.2012 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 1A + 55 Regierungserklärung „Schleswig-Holstein für Europa“ und Europabericht der Landesregierung Drs. 18/360

Vorweg möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Europaministeriums für diesen
ausführlichen Bericht danken. Er ist in seinem Umfang mehr als nur die Aufzählung von Fakten.
Er beschreibt zum einen die großen Herausforderungen vor denen wir in Europa stehen, zeigt
aber gleichermaßen wie Schleswig-Holstein sich zukünftig in Europa einbringen wird.


Angesichts der großen Probleme, vor denen wir in Europa stehen, ist es wichtig, dass wir hier
im Land genau diese Wege aufzeigen, um den Menschen vor Ort Europa wieder ein Stück
näher zu bringen. Eines ist jedoch klar, nicht Europa ist von den Menschen abgerückt, vielmehr
ist es die Politik in der Europäische Union.
Die die neoliberale Wirtschaftspolitik der Europäischen Union hat dazu beigetragen, dass die
Menschen nicht nur hier im Land ein mehr als gespaltenes Verhältnis zu Europa bekommen
haben. Die Politik der EU ist dominiert von der Finanzmarkt- und Eurokrise. Es wird darum
gerungen, Instrumente auf den Weg zu bringen, um wieder Stabilität in den Finanz- und
Wirtschaftsmarkt zu bekommen oder um die Eurozone zu retten. Ob all die Maßnahmen 2
letztendlich ausreichen, wird die Zukunft zeigen. Denn die Krise wird uns auch in den nächsten
Jahren weiter beschäftigen.
Das Spannungsverhältnis zwischen den nationalen Interessen der Mitgliedstaaten und den
gemeinschaftlichen Interessen der Europäischen Union haben sich seit der Krise zugespitzt.
Auch in den nächsten Jahren wird weiter gerungen, um die EU und die Eurozone zu festigen.
All dies muss gelingen, wenn wir das Vertrauen der Menschen nicht verlieren wollen. Es darf
sich nicht der Eindruck verfestigen, dass die EU nur für die Rettung von Banken zuständig ist.
Denn sie ist viel mehr als das.


Angesichts dieser Eindrücke dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, worum es bei der EU
wirklich geht. Die Auszeichnung der EU mit dem Friedensnobelpreis öffnet uns hierfür wieder
die Augen. Das friedliche Zusammenwachsen von Europa ist eine große politische Leistung von
Jahrzehnten und von vielen Nationen. Zum einen ist sie eine Auszeichnung für die erbrachte
Leistung, sie ist aber auch ein Auftrag an die EU, dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren
und sich weiter dafür einzusetzen. Sie ist zugleich eine Mahnung, dass wir den Frieden in der
EU und in Europa nur erhalten können, wenn alle füreinander einstehen. Gerade in
Krisenzeiten zeigt sich, ob dieser Wille stark genug ist. Daher müssen wir alles dafür tun, dass
diese Auszeichnung auch in Zukunft ihre Berechtigung behält.


Das entscheidende Manko der bisherigen EU-Politik, ist die mangelnde Bürgernähe. Mit
anderen Worten, es müssen mehr Entscheidungen so nah wie möglich am Bürger dezentral
verankert werden. Denn nur vor Ort können die Bürgerinnen und Bürger von der
Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit überzeugt werden. Aus diesem Grund ist es
richtig, dass wir den Menschen in Schleswig-Holstein beweisen, dass die EU mehr ist, als nur
Bankenrettung. Dies sehen wir als ein Auftrag an die Politik hier im Land.


Es zu begrüßen, dass die Landesregierung sich künftig stärker als bisher auf eine aktive Rolle
als Ideengeber ausrichten wird, wie es auch dem Bericht zu entnehmen ist. Daher muss die 3
Landesregierung sich stärker auf europäischer Ebene einbringen und die Zusammenarbeit mit
den Partnern in Europa weiterentwickeln. Es bedarf aber auch einer aktiveren Rolle in den
europäischen Gremien in Brüssel, um die Schleswig-Holsteinischen Interessen besser zu
vertreten. Dafür werden wir auch das Hanse-Office neu einbinden und aufstellen. Soll heißen,
das Hanse-Office wird als echte Landesvertretung wird künftig stärker in die Zusammenarbeit
mit anderen Vertretungen und Gremien gehen, um gezielter an Informationen
heranzukommen und um in Brüssel stärker Einfluss auf Kernthemen des Landes zu nehmen.
Damit nimmt das Hanse-Office nicht nur die Funktion einer Beratungsinstitution für
schleswig-holsteinische und hamburger Institutionen, vielmehr schaffen wir eine bessere
Verzahnung von Politik und wirtschaftlichen Interessen des Landes.


Doch wie bereits gesagt, um die europäische Sinnkrise zu bewältigen, bedarf es aktiver Politik
vor Ort. Gerade Schleswig-Holstein, als Verbindungsland zwischen Skandinavien und Europa,
als Ostsee- und Nordseeanrainer hat hierbei eine wichtige Aufgabe und Funktion. Dies müssen
wir mit Leben füllen.


Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat seinerzeit einstimmig beschlossen, Sønderborg als
Kulturhauptstadt Europas für 2017 zu unterstützen. Nun wissen wir zwar, dass Århus nominiert
wurde, aber wir haben in dem gesamten Bewerbungsverfahren erlebt, wie eine Region -
diesseits und jenseits der Grenze - geschlossen hinter Sønderborg stand und wie man sich
gemeinsam für Sønderborg ausgesprochen hat. Allein deshalb hat sich der Aufwand gelohnt -
auch wenn Sønderborg den Zuschlag nicht erhalten hat. Diese Zusammenarbeit und dieser
Zusammenhalt über Grenzen hinweg sind gelebter europäischer Gedanke. Dies wäre vor
wenigen Jahrzehnten so nicht möglich gewesen. Daher ist Sønderborg ein Erfolg für die
gesamte Region. Und es ist richtig und wichtig, dass die Landesregierung diesen Erfolg weiter
unterstützt, indem die grenzüberschreitende Kulturkooperation mit der Region Süddänemark
mit einem Zuschuss von 50.000 Euro extra gefördert wird. 4
Ein weiterer Mosaikstein im europäischen Zusammenhang ist die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit im Arbeitssektor. Auch hier hat es in Schleswig-Holstein in den letzten
Jahrzehnten Veränderungen gegeben, die früher einfach nicht denkbar waren. Gerade in der
grenznahen Region ist es mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr, wenn der Nachbar jeden
Tag rüber fährt, um auf der anderen Seite der Grenze zu arbeiten.
Aber auch in einem vereinten Europa müssen wir immer noch akzeptieren, dass wir immer
wieder auf Hürden stoßen. Soll heißen, wir haben auf beiden Seiten der Grenze
unterschiedliche Systeme – Steuern, Krankenversicherungen – die nicht kompatibel sind. Wir
sind uns alle einig, dass die Zusammenarbeit weiter ausgebaut und die Hürden abgebaut
werden müssen. Aber, wir müssen auch akzeptieren, dass es diese unterschiedlichen Systeme
und Hürden gibt und diese auch grundsätzlich bleiben. Für alle diejenigen, die heute als
Grenzpendler unterwegs sind, müssen wir die Hürden jedoch so niedrig wie möglich gestalten.
Dies ist jedoch auf nationaler Ebene zu lösen. Es gibt jedoch Kooperationen über die Grenzen
hinweg, die sich der Problematiken angenommen haben, um Hilfestellung zu leisten. Aber
auch dies ist ein Ergebnis langjähriger Erfahrung und Zusammenarbeit. Das Regionskontor in
Padborg ist das gemeinsame Sekretariat und Informationsbüro der Region Sønderjylland-
Schleswig. Es ist die Anlaufstelle für Politik, Verwaltung, Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und
Bürger die Fragen haben, beziehungsweise um Kontakte zur jeweils anderen Seite
herzustellen. Aber auch, um Anregungen und Vorschläge für Projekte und Aktivitäten
aufzunehmen, um sie an entsprechende Stellen weiterzuleiten. Dies ist praktisches Handeln in
der Region, um grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu erleichtern. Und das ist der richtige
Weg.
Wenn wir in Schleswig-Holstein über die Fehmarnbelt-Region sprechen, dann gelten dort die
gleichen Voraussetzungen wie an der Landgrenze zu Dänemark. Aber auch das
Zusammenwachsen dort wird nur möglich sein, wenn wir entsprechende Anlaufstellen und
Ansprechpartner vorhalten. Auch in der Fehmarnbelt-Region wird es Hürden hinsichtlich der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geben. Darum ist es notwendig, auf beiden Seiten der 5
Grenze dafür zu sorgen, das Wissen über den jeweils anderen zu schaffen und dafür ist das
Modell des Regionskontors vorbildlich geeignet.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass die Kooperation mit Dänemark so konkret und so
ergebnisorientiert wie möglich ausgerichtet wird. Ausgehend von den Erfahrungen und
Ergebnissen der bisherigen grenzüberschreitenden Projekte wird die Landesregierung die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter ausbauen. Hierfür wurde bereits ein
Thesenpapier erstellt, das die Grundlage für gemeinsame Aktivitäten darstellt.
In diesem Kontext ist auch der Besuch von Ministerpräsident Albig, der Europaministerin
Spoorendonk und der Minderheitenbeauftragten zu sehen. Dies begrüßen wir ausdrücklich.
Im Bericht wird in diesem Zusammenhang explizit darauf hingewiesen, dass die
Minderheitenpolitik als „sehr konstruktiv“ bezeichnet wurde. Dies ist eindeutig ein Verdienst
der jetzigen Landesregierung, die sich zu ihren Minderheiten bekennt und die Gleichstellung
wieder eingeführt hat. Ich möchte aber deutlich sagen, dass die Kürzungen bei den
Minderheiten seinerzeit nicht nur im deutsch-dänischen Zusammenhang gesehen wurden.
Vielmehr wurden die Kürzungen auch auf europäischer Ebne wahrgenommen und es hat auch
dort für Entrüstung und Unverständnis gesorgt. Daher wurde auch dort die Gleichstellung
positiv aufgenommen. Minderheitenpolitik ist auch Europapolitik. Dies war der schwarz-
gelben Landesregierung jedoch völlig egal. Uns ist es aber nicht egal. Wir wollen eine gute
Europapolitik haben und dazu zählt ausdrücklich auch eine moderne Minderheitenpolitik.


Wie eingangs bereits erwähnt, kommt dem Land Schleswig-Holstein auch im Zusammenhang
mit der Ostsee- und Nordseepolitik eine wichtige Rolle zu. Im Zusammenhang mit der
integrativen europäischen Meerespolitik hat sich Schleswig-Holstein seinerzeit unter Minister
Döring ein Standing erarbeitet. Und ich weiß, dass es eine Herzensangelegenheit von
Europaministerin Spoorendonk ist, dies wieder neu zu beleben und Schleswig-Holstein neu zu
profilieren. So wird Schleswig-Holstein in Zukunft wieder ein maßgeblicher und verlässlicher
Zusammenarbeitspartner, wenn es um die die Kooperation im Ostseeraum und um die 6
Umsetzung EU-Ostseestrategie geht. Mit anderen Worten, Schleswig-Holstein wird dazu
beitragen, dass der Ostseeraum zur maritimen Modellregion Europas wird.
Der Bericht macht deutlich, dass die Nordseekooperation zur Zeit noch in den Kinderschuhen
steckt. Der Wille von Seiten der Nordseekommission, die Zusammenarbeit voranzubringen ist
da. Jedoch fehlt es derzeit an politischer Durchschlagskraft. Nichts desto trotz wurde von der
Nordseekooperation ein Aktionsplan entwickelt, der als Teil einer europäischen
Nordseestrategie herangezogen werden könnte. Die Zusage Schleswig-Holsteins, sich stärker
in der Nordseekooperation zu engagieren, ist positiv, um die Zusammenarbeit in der
Nordseeregion praktisch und wirkungsvoll voranzubringen.
Für den Bereich der Wattenmeer-Region, entlang der dänischen, deutschen bis einschließlich
der niederländischen Küste, lässt sich feststellen, dass es sich hierbei durchaus um eine
homogene zusammenhängende Region handelt. Das Wattenmeer, die Inseln und Halligen
sowie das Festland und die Deiche bilden die einheitlichen Elemente, die für die gesamte
Küstenregion prägend sind. Seit Jahrtausenden ist diese Küstenlandschaft gleichermaßen den
Einflüssen der Nordsee ausgesetzt. Die Lebensgrundlage für die dort lebende Bevölkerung, ist
nahezu identisch und hat sich entsprechend entwickelt.
Die natürliche Lebensgrundlage ist - wie anderswo auch - die Grundlage für die kulturelle
Entwicklung der Bevölkerung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir in der gesamten
Wattenmeer-Region so viele kulturelle Gemeinsamkeiten entdecken – trotz der nationalen
Grenzen. Vom LancewadPlan gibt es ein Projekt, dessen Strategie der Erhalt dieser Landschaft
als gemeinsames Erbe und als lebendige historische Landschaft ist.
So ist es einleuchtend für den SSW, darüber hinaus die gesamte Kultur der Wattenmeer-Region
als lebendiges kulturelles Erbe zu erhalten. Als immaterielles Kulturerbe der UNESCO lässt sich
diese einzigartige Wattenmeer-Kultur und damit verbunden die dort vorhandene einmalige
sprachliche Vielfalt nicht nur schützen, sondern auch auf die europäische Ebene heben. Die
niederdeutsche Sprachgruppe hat schon diesen Wunsch geäußert und auch die friesische
Minderheit zeigt sich überzeugt von dieser Idee. Übrigens nicht nur hier bei uns, sondern auch
in den Niederlanden. Eine solche Initiative könnte somit der Startschuss für eine noch engere 7
Zusammenarbeit in der Nordseeregion sein. Wir wollen diese Zusammenarbeit angehen und
zwar nicht nur in der Nordsee-, sondern auch in der Ostseeregion und grenzüberschreitend
nach Dänemark. Das ist das gelebte Europa der Regionen und das bringt den europäischen
Gedanken auch näher zu den Menschen.