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12.12.12
16:07 Uhr
SPD

Ralf Stegner zu TOP 17: Wir nehmen den Elternwillen ernst

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 12. Dezember 2012

TOP 17: Elternwille in der Schulpolitik beachten (Drucksache 18/349)
Dr. Ralf Stegner:
Wir nehmen den Elternwillen ernst
Bei der Lektüre mancher FDP-Anträge fühle ich mich in den Deutschunterricht der Oberstufe zurückversetzt, wenn uns Gedichte von Ernst Jandl oder Helmut Heißenbüttel vorgesetzt wurden mit der Leitfrage: „Was will uns der Dichter damit sagen?“ Der Unterschied zu Ihren Anträgen liegt allerdings darin, dass diese Dichter etwas zu sagen hatten.
Der Antrag, den wir heute beraten sollen, (bei der Überschrift möchte man nicht ausrufen: „Rettet dem Dativ!“, sondern „Rettet dem Akkusativ!“) beginnt mit einem Satz, den wir von der SPD voll und ganz unterschreiben können, wonach unser Land „bundesweit Vorreiter im Bereich der Wahlfreiheit und Eigenverantwortlichkeit an Schulen“ ist. Sie hätten noch dazuschreiben sollen: „dank sozialdemokratischer Kultusministerinnen wie Gisela Böhrk und Ute Erdsiek-Rave“.
Alles, was danach kommt, gehört in die Endlosschleife der Bildungsdiskussion Marke FDP. Da wird in diesem kurzen Text gleich viermal der Elternwille beschworen, was ja sehr begrüßenswert wäre, wenn Sie eben diesen Elternwillen in Ihrer Regierungszeit ebenso hoch gehalten hätten wie danach und die Ergebnisse der Anhörung zu Ihrer missratenen Schulgesetznovelle nicht in die Rundablage befördert hätten.
Wir nehmen den Elternwillen ernst. Die Koalition und besonders unsere Ministerin mussten ihn dafür jedoch erst einmal wieder aus Ihrem Papierkorb hervorholen. Und wir gehen sogar noch darüber hinaus und beteiligen nicht nur die Eltern, sondern auch Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler. Genau deshalb haben wir das umfangreichste Beteiligungsverfahren im Bildungsbereich gestartet. Unser Bildungsdialog ist zum einen in seinem Umfang ein Experiment und zum anderen schon jetzt ein Erfolg. Ich lade Sie noch einmal ein, sich daran konstruktiv zu beteiligen. 2



Wir diskutieren mit allen Beteiligten und kommen dann zu einer Lösung. Das bedeutet auch, dass wir nicht den lautesten Interessengruppen hinterherlaufen. Und genau deshalb ist unser Bildungsdialog eben auch Teil des Politikwechsels in diesem Land. Ein Politikwechsel in Stil und Inhalt. Diese Koalition steht für ein Schulsystem, in dem möglichst viele Kinder Abitur machen. Dafür setzen wir auf drei starke Säulen: Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und berufliche Schulen.
Sie konzentrieren sich einzig auf die Gymnasien. Aber wer das Gymnasium erhalten will, kann doch eigentlich nichts gegen ein deutlich anderes Profil bei den Gemeinschaftsschulen haben. Wenn Sie jetzt Krokodilstränen über G8 weinen, erinnere ich Sie daran, dass Sie es waren, die noch vor wenigen Jahren in der Opposition die damalige rot-grüne Landesregierung aufgefordert hatten, an den Gymnasien sofort und ohne Modellversuche von G9 auf G8 überzugehen.
Und wer immer wieder gerne darauf hinweist, dass sich die SPD in anderen Bundesländern anders positioniert hat, darf nicht ausblenden, dass es sich hierbei durchweg um Länder handelt, in denen eben die Wahlalternative zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule nicht beziehungsweise noch nicht und schon gar nicht flächendeckend vorhanden ist.
Dass das Modell G8 zu Leistungsverlust führt, ist erst vor wenigen Tagen durch die Hamburger Studie KESS 12 widerlegt worden, die feststellt, dass „unter den erhöhten Anforderungen des G8 mehr Abiturientinnen und Abiturienten höhere Lernstände erreicht haben“. Das heißt natürlich nicht, dass G8 - so wie es jetzt aussieht - problemfrei wäre. Besonders durch die Stauchung der Mittelstufe haben sich Belastungsspitzen ergeben, die die Jugendlichen ausgerechnet mitten in der Pubertät treffen. Wir müssen deshalb weiter nach Entlastungsmöglichkeiten suchen. Diese Entlastung kann jedoch nicht darin bestehen, dass unsere Schüler systematisch ein Jahr älter sind als die Schüler im restlichen Europa, wenn sie auf den Arbeitsmarkt oder an die Hochschule kommen.
Wir wollen für möglichst alle Kinder in Schleswig-Holstein ein quantitativ und qualitativ hochwertiges und räumlich erreichbares Abitur-Angebot. Für uns heißt Elternwille und Wahlfreiheit: Wir wollen, dass flächendeckend in Schleswig-Holstein die Eltern die Wahl zwischen G8 und G9 haben:
• G8 an Gymnasien
• G9 an Gemeinschaftsschulen und beruflichen Schulen 3



- auch deshalb brauchen wir so viele Oberstufen wie irgend möglich.
Wir wissen, dass es auf die Bildungspolitik ankommt, wenn wir über die Zukunft Schleswig- Holsteins reden. Deshalb tun wir wirklich etwas: Wir schaffen ein Schulsystem, das auf lange Sicht Bestand haben kann, das unserer Gesellschaft und ihren Anforderungen gerecht wird und das Bildungsqualität wieder ermöglicht. Unsere Priorität Nr. 1 heißt, jedem Kind und Jugendlichen in Schleswig-Holstein die besten Bildungschancen zu ermöglichen. Deshalb haben wir 300 Lehrerstellen wieder ins System gegeben.
Für diese Koalition ist der Elternwille nicht eine Monstranz, die wir vor uns hertragen. Wir führen ein Dialogverfahren, wie es das in diesem Land noch nicht gegeben hat. Die Betroffenen und die interessierte Öffentlichkeit haben in drei Phasen die Möglichkeit, auf die Schulgesetznovelle, die vor uns liegt, Einfluss zu nehmen: bei den Bildungskonferenzen, bei den Anhörungen des Ministeriums zum Referentenentwurf und bei den Anhörungen, die das Parlament zum Kabinettsentwurf durchführen wird. Um es mit den Worten von Hermann Hesse zu sagen: „Die Praxis sollte das Ergebnis des Nachdenkens sein, nicht umgekehrt.“