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26.09.12
13:17 Uhr
SPD

Birgit Herdejürgen zu TOP 34: Die Paragraphenreiter der Piraten sind Verursacher, nicht Opfer

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 26. September 2012



TOP 34, Änderung der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages (Drucksache 18/9, 18/181)



Birgit Herdejürgen:
Die Paragraphenreiter der Piraten sind Verursacher, nicht Opfer


Es gibt bestimmte Regeln, die das menschliche Zusammenleben erleichtern. Damit meine ich noch nicht einmal den politischen, sondern den ganz privaten Bereich. Diese sehr einfachen Regeln sorgen im Übrigen dafür, dass wir im Konfliktfall nicht mit der Eichenkeule hintereinander herlaufen und uns gegenseitig den Kopf einschlagen. Das ist einmal der Kompromiss und wenn dieser nicht zustande kommt, der Mehrheitsentscheid. Das beginnt bei ganz einfachen Sachen, wie z.B. sich auf das gemeinsame Fernsehprogramm zu einigen oder das nächste Reiseziel festzulegen.
Diese Prinzipien haben sich auch im politischen Raum bewährt: festgeschrieben in Verfassungen, Gesetzen, Geschäftsordnungen – nicht ausdrücklich festgeschrieben dort, wo Gespräche stattfinden im gegenseitigen Einvernehmen, Dinge flexibel und schnell zu regeln und Abläufe reibungslos auf den Weg zu bringen und wo unabhängig von inhaltlichen Differenzen ein gewisses Grundvertrauen herrscht, dass die Beteiligten von genau diesen Motiven geleitet werden und um Einigkeit und Kompromiss zumindest bemüht sind.
Ganz offensichtlich gibt es in diesem Hause sehr unterschiedliche Auffassungen darüber (das gilt auch innerhalb der Koalitions-Fraktionen), wie viel Öffentlichkeit nötig und wie diese herzustellen ist, was Voraussetzungen für vertrauensvollen Umgang miteinander sind und was 2



die reine Höflichkeit an Verhalten gebietet. Und jeder Besuchergruppe erklären wir, dass im Landtag andere Spielregeln gelten, als beispielsweise in der Schulklasse, dass Zwischenrufe in gewissem Rahmen zugelassen sind und dass neben dem Plenum auch noch andere Arbeit zu leisten ist und daher die Reihen nicht immer vollständig gefüllt sind.
Entscheidend ist, dass dieses Parlament sich auf diese Spielregeln geeinigt hat und das diese Regeln sich im Zeitablauf ändern und heute anders aussehen als 1950.
Welche Situation haben wir heute: Da kommen sechs Abgeordnete und sagen: „Hallo, wir sind die Neuen. Wir wollen alles anders machen und wenn ihr das nicht mitmacht dann sind wir 1. schockiert und 2. ist uns egal, was die Mehrheit möchte. Wir ziehen unseren Striemel durch.“
An vielen Stellen wird klar, warum wir uns nicht der Deutungshoheit der Piraten unterwerfen wollen, was Diskussionsverläufe von Sitzungen angeht. An einem Beispiel kann ich dies deutlich machen: die Piraten vermehren sich lang und breit über das unmögliche Verhalten der etablierten Fraktionen, ihnen die Nutzung der sozialen Netzwerke verbieten zu wollen. Davon ist nirgendwo die Rede.
Mir ist es völlig egal, wo Sie sich virtuell tummeln, während diese Landtagssitzung am Laufen ist. Und das gilt für meine Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen auch. Ebenso gibt es schon seit der vergangenen Legislatur Diskussionen darüber, wie ein störungsfreier, weitgehend papierfreier Parlamentsbetrieb gewährleistet werden kann. Da haben wir uns auch ohne die Piraten auf den Weg gemacht und hier wird es zügig zu einer Lösung kommen. Also wenn Sie sich empören, dann doch bitte nicht über virtuelle Probleme, die in der realen Welt des Landtags von niemandem aufgeworfen worden sind.
Liebe Kollegen von den Piraten: Wenn Sie wirklich Veränderungen wollen, gibt es einen ganz einfachen demokratischen Mechanismus: Suchen Sie sich Mehrheiten. Das kostet etwas mehr Arbeit, als einfach darauf zu warten, dass andere bei Ihnen an die Tür klopfen, aber dafür werden Sie schließlich bezahlt.
Im Moment habe ich allerdings den Eindruck, dass die Piraten sich in der Rolle der armen Opfer gefallen, die sich geradezu darauf freuen, aus dem Sitzungssaal herausgetragen zu werden. Was wir ganz sicher nicht tun, ist Ihnen ein Forum für solch einen Affenzirkus zu liefern. 3



Ich möchte ausdrücklich herausstellen, dass die Geschäftsordnung bisher ohne explizite Regelungen zur Vertraulichkeit von Ältestenratsitzungen und ohne Sanktionsmöglichkeiten ausgekommen ist.
Ihnen ist möglicherweise auch aufgefallen, dass mangels einer Einigung im Ältestenrat zukünftig keinerlei IT-Technik mehr zulässig ist. Das ist das Resultat Ihres fehlenden Einigungswillens und nicht Ausfluss dessen, was die übrigen Fraktionen hier wollen.
Die Paragraphenreiter der Piraten sind Verursacher dieser Bestimmungen und nicht die Opfer der etablierten Parteien. Ich freue mich darauf, jetzt zügig wieder zur Tagesordnung zurückkehren zu können, damit wir uns nicht länger mit uns selbst, sondern mit Themen befassen können, die für Schleswig-Holstein wichtig sind.