Hans Müller zu TOP 6: Koalition verpasst weitere Chance!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 26. April 2012TOP 6, Bibliotheksgesetz (Drucksache 17/683, 17/2451)Hans MüllerKoalition verpasst weitere Chance!Die Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages zur Lage der Kultur in Deutschland, die 2007 ihre Arbeit abgeschlossen hat, hat den Ländern ausdrücklich empfohlen, „Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken im Bibliotheksgesetz zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.“Die Verfassung unseres Landes ist da schon seit einiger Zeit einen Schritt weiter. Da heißt es in Artikel 9 Absatz 3: „Die Förderung der Kultur einschließlich des Büchereiwesens ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände.“ Es war schade, dass die Große Koalition nicht mehr die Kraft hatte, der Aufforderung der Enquête-Kommission nachzukommen und einen Entwurf für ein Bibliotheksgesetz vorzulegen. Dass die derzeit noch amtierende Landesregierung keine Anstrengungen in dieser Richtung unternommen hat, wird einen kaum noch wundern.Stattdessen hat sich die Fraktion des SSW der Mühe unterzogen, uns bereits vor knapp zwei Jahren einen detaillierten Entwurf für ein Bibliotheksgesetz vorzulegen. Ich habe in der Aussprache zur ersten Lesung gesagt, dass wir eine Reihe von schwerwiegenden Bedenken haben, wobei für mich als Lübecker die Pflichtmitgliedschaft der Kommunen im Büchereiverein eine besonders schwierige Angelegenheit gewesen wäre. Wir hatten uns deshalb unser endgültiges Votum für die zweite Lesung offengehalten. 2Der Bildungsausschuss hat unter den besonders zahlreichen Anhörungen, die wir in dieser Legislaturperiode durchgeführt haben, natürlich auch eine zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt. Es ehrt den SSW, dass er selber seinen Entwurf vor dem Hintergrund der Stellungnahmen sehr gründlich überarbeitet hat.Insbesondere die zahlreichen Änderungswünsche, die von der Initiative Bibliotheksgesetz eingebracht wurden, sind vom SSW berücksichtigt worden. Neben terminologischen Klarstellungen machen uns besonders die folgenden Punkte eine Zustimmung zu diesem Gesetz nunmehr möglich: - der Verzicht auf eine Pflichtmitgliedschaft im Büchereiverein, - die wesentlich detailliertere Beschreibung der Pflichten wissenschaftlicher Bibliotheken und - die Ersetzung einer uneingeschränkten Ablieferungspflicht für Publikationen, die in Schleswig-Holstein entstehen, durch eine Anbietungspflicht, die nicht nur die Verlage bzw. Autoren, sondern auch die Bibliotheken selbst entlastet.Wir würdigen, dass auch innerhalb der größeren Regierungsfraktion die Auffassungen und das Abstimmungsverhalten im Ausschuss unterschiedlich waren und dass die Türen nicht für alle Zeiten zugeschlagen worden sind. Es ist ein unglücklicher Zeitablauf, dass die Behandlung dieses Gesetzentwurfs im Ausschuss erst unmittelbar vor der Neuwahl des Landtages erfolgen konnte.Auch wenn dieser Gesetzentwurf heute höchstwahrscheinlich abgelehnt wird, hindert uns niemand daran, ihn sehr bald nach der Landtagswahl in der 18. Legislaturperiode erneut auf die Tagesordnung zu setzen und ihn dann möglicherweise mit Änderungen sehr bald zu verabschieden. Die SPD ist dazu jedenfalls bereit.