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23.03.12
12:54 Uhr
SPD

Wolfgang Baasch zu TOP 18,28,40,42: Gute Arbeit muss anständig bezahlt werden!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 23. März 2012



TOP 18, 28, 40, 42: Gesetzentwurf und Anträge zum Mindestlohn und zum gleichen Lohn für Leiharbeiter (Drucksachen 17/2330, 17/2376, 17/2378, 17/2380)



Wolfgang Baasch:
Gute Arbeit muss anständig bezahlt werden!


Es ist schon eine skurrile Diskussion, die wir immer wieder führen. Wir werden uns verhältnismäßig schnell einig, wenn es darum geht, in großen Bereichen der Wirtschaft - z.B. bei Bankenrettungen - auch hier im Haus Geld zu beschließen. Aber wenn es denn darum geht, über den Mindestlohn zu diskutieren, dann kommen wir immer wieder an Punkte, wo wir uns nicht einig werden.
Dabei ist jedem von uns klar: Mindestlöhne sollen Armut verhindern, Mindestlöhne sollen präventiv gegen Altersarmut wirken, Mindestlöhne sollen auch einen Wert von Arbeit dokumentieren, dass nämlich nicht Niedriglohn und prekäre Arbeit das Vorherrschende ist, sondern dass Arbeit in dieser Gesellschaft einen Wert darstellt und auch entsprechend bezahlt werden muss.
Dabei sind selbst Mindestlöhne in Schleswig-Holstein und in Deutschland nichts Exotisches. In der Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Winterdienst einbezogen, gibt es im Bundesgebiet seit dem 1.11.2011 einen Mindestlohn von 8,33 €, im Baugewerbe im Bundesgebiet-West seit 1.1.2012 11,05 €, für einfache fachliche Arbeiten 13 €, im Bundesgebiet-Ost gilt seit 1.11.2011 ein einheitlicher Mindestlohn von 10 €. Im Dachdecker-Handwerk Bundesgebiet-West sind es 10,80 €. Das Entscheidende ist das Eingeständnis, dass die Mindestlohnquote auf 8,50 € 2



angehoben werden muss, dass sie letztlich für alle gelten sollte und nicht nur in diesen einzelnen Bereichen.
Aber es gibt ja auch hier in diesem Hause immer noch Menschen, die glauben, dass mit Mindestlöhnen Arbeitsplätze vernichtet werden. Genau da sage ich, es ist nichts Exotisches, sondern es ist richtig, dass dieses auch bundesweit eingeführt wird. Mindestlöhne gibt es in den allermeisten europäischen Staaten und auch in der Bundesrepublik sind sie in vielen Bereichen Realität. Und genau das wollen wir auch anerkennen und haben deswegen einen gemeinsamen Antrag - SPD und SSW - eingebracht, um deutlich zu machen, dass wir auch eine Art von Selbstverpflichtung gerade des Landes verlangen, die dazu übergeht, auch für Auftragnehmer und Zuwendungen 8,50 € als Mindestlohn vorzuschlagen. Dass dort dann tarifliche Vereinbarungen darüber hinausgehen, weil nämlich der Wert der Arbeit dies auch hergibt, ist natürlich selbstverständlich.
Doch ein gesetzlicher Mindestlohn hat auch andere Vorteile. Nach Studien des Prognos-Instituts würden beim eingeführten Mindestlohn die Steuer- und die Mehreinnahmen im Bereich der Sozialversicherung erheblich steigen. Man geht von 7 Milliarden Euro bundesweit aus. Und es würden Leistungen für die sogenannten Aufstocker wegfallen, d.h. auch dort wären die Sozialkassen entlastet. Das macht auch dort wieder deutlich: Wenn ein Mensch Vollzeit arbeitet, soll er von seinem Lohn leben können, soll er seine Familie davon ernähren können und nicht auf zusätzlich staatliche Transferleistungen angewiesen sein.
Und deswegen ist es gut, wenn das Land Schleswig-Holstein in Tarifverträgen festgelegt hat, 8,92 € ist der geringste Stundenlohn, mit dem man beim Land Schleswig-Holstein anfangen kann zu arbeiten. Aber es ist auch klar, dass im Regelfall die Kolleginnen und Kollegen, wenn sie denn über Tarifverträge beim Land Schleswig-Holstein beschäftigt werden, mit einem Stundenlohn von 10,02 € beginnen. Das ist zumindest eine richtige Hausmarke.
Und wir sollten darauf achten, dass auch bei Zuwendungen und Aufträgen, die das Land oder Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, vergeben, der Mindestlohn gilt und dass anständige tarifliche Vereinbarungen getroffen werden. Dass das in Schleswig-Holstein noch nicht überall der Fall ist, können wir sehen – z. B. beim DRK-Rettungsdienst im Kreis Segeberg: tarifloser Zustand. Der Arbeitgeber weigert sich sogar, über einen Tarifvertrag zu verhandeln. 3



Und deswegen ist es völlig unverständlich, wenn eine Rettungsorganisation wie das DRK teilweise Dumpinglöhne zahlt, um dann aus öffentlichen Kassen ihre Mitarbeiter bezuschussen zu lassen. Das ist nicht in Ordnung!
Die AWO hat einen Tarifvertrag, der über 8,50 € liegt. Darüber können wir gerne diskutieren. Aber ich will zumindest noch andeuten, dass wir im Bereich der Abstimmung hier und heute uns ja auch noch mit dem Gesetzentwurf von Bündnis90/Die Grünen auseinandersetzen. Dieser Gesetzentwurf, den wir im Grundsatz komplett unterstützen, hat allerdings zwei offen liegende Mängel: Er hat im Gegensatz zu dem Bremer Entwurf den Verweis auf ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist aus dem Bremer Entwurf herausgenommen worden. Wir finden es schon notwendig, dieses in einem Gesetzentwurf mit zu regeln.
Und das zweite ist, dass wir natürlich auch gerne die Leiharbeitsregelung, die in NRW in einem entsprechenden Gesetzentwurf enthalten ist, auch in dieses Gesetz aufnehmen. Aber ich bin mir sicher, dass wir nach dem 6. Mai in diesen Fragen schnell Einigkeit bekommen und dann mit dem Gesetzentwurf auch gemeinsam gutes Regieren in Schleswig-Holstein praktizieren können.