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24.02.12
17:10 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 45 - Menschenrecht auf medizinische Versorgung auch für Menschen ohne Papiere

Presseinformation Kiel, den 24. Februar 2012 Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer

TOP 45 Menschenrecht auf medizinische Versorgung auch für Menschen ohne Papiere Drs. 17/2282
Der Antrag der Fraktion „Die Linke“ macht auf ein zentrales Defizit in der
Gesundheitsversorgung Schleswig-Holsteins aufmerksam. Und was die Notwendigkeit und die
rechtliche Herleitung eines Menschenrechts auf medizinische Versorgung auch für Menschen
ohne Papiere betrifft, teilen wir die Zielrichtung des Antrags.


Der SSW möchte aber anregen, den Kreis der Betroffenen zu erweitern. Wir haben in
Schleswig-Holstein mindestens vier Gruppen von Menschen die auf medizinische Versorgung
angewiesen sind, aber keine „Papiere“ haben. Das sind Menschen ohne qualifizierten
Aufenthaltsstatus, auf die im Antrag der „Linken“ eingegangen wird. Das sind aber auch
Obdachlose, zwangsprostituierte Frauen und Menschen, die aus finanziellen Gründen nicht
krankenversichert sind, wie etwa ein Teil der Selbstständigen und Freiberufler. Bei allen
handelt es sich zumeist um „bedürftige Menschen ohne Papiere“. 2
So gesehen reicht es auch nicht aus, die Landesregierung dazu aufzufordern, lediglich die
Kommunen, den Flüchtlingsbeauftragten, das MediBüro und die Ärztekammer in die
Erarbeitung eines Konzeptes einzubeziehen. Zumindest die Krankenkassen sind zu
berücksichtigen, die wohl für die Finanzierung aufkommen müssen. Außerdem muss mit ihnen
das Verfahren geklärt werden, wie die Behandlung der „Papierlosen“ anonymisiert
abzurechnen ist. Einbezogen werden müssen zudem die Wohlfahrtsverbände und die
Gewerkschaften. Auch die örtlichen Leitungen der Gesundheitsämter bzw. der Fachdienste
Gesundheit sollten sich in den Konzeptentwicklungsprozess einbringen können. Sind sie es
doch, die neben den Migrationsberatungsstellen als sogenannte „Clearingstellen“ unmittelbar
mit der Umsetzung betraut werden sollen.


Und hier gibt es ein weiteres Problem. „Die Linke“ strebt ja an, dass die Gesundheitsämter den
Menschen ohne Papiere nicht nur einen anonymen Krankenschein ausstellen sollen, sondern
auch bei „aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen zu beraten“ haben. Dazu ist zu überlegen, ob
das vom örtlichen Personal geleistet werden kann, ob Schulungen stattfinden müssen oder
spezialisiertes Personal einzustellen wäre. Der SSW würde vorschlagen, dass die
Gesundheitsämter die „Papierlosen“ nicht beraten, sondern an die Stellen vermitteln, die den
Menschen bei aufenthaltsrechtlichen Fragen weiter helfen können.


Gleichwohl sieht der SSW in dem Antrag die Möglichkeit die regionalen Gesundheitsämter zu
stärken und ihre Funktion im Gesundheitssystem weiter aufzuwerten. Es dürfen aber keine
Doppelstrukturen aufgebaut werden. Die Gesundheitsvorsorge ist staatliche Aufgabe und die
Etablierung privater Subsysteme ist auf jeden Fall zu vermeiden. Die derzeit bestehenden
„informellen“ Parallelstrukturen müssten längerfristig aufgelöst werden.


Schließlich zeigt der Antrag der Fraktion „Die Linke“ eine Reihe von rechtlichen Hürden auf, die
auch noch genommen werden müssen. So wird vorgeschlagen, die Übermittlungspflicht der
Sozialämter an die Ausländerbehörden auf Bundesebene zu streichen, die 3
Leistungsbeschränkungen des Asylbewerbergesetzes aufzuheben und rechtliche Lösungen für
nichtversicherte EU-Bürgerinnen und Bürger zu finden.


Zu berücksichtigen wäre auch, dass Kreise und kreisfreie Städte die Aufgaben der
Gesundheitsdienste als Selbstverwaltungsaufgabe wahrnehmen und für die Einrichtung der
„Clearingstellen“ eventuell Kreis- oder Gemeindeordnungen angepasst werden müssten.


Alles zusammen genommen, betrachtet der SSW die Zielrichtung des Antrages als Weg
weisend. Zum Abbau kleiner Schwächen und zur Weiterentwicklung empfehlen wir die
Behandlung im Sozialausschuss.