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24.02.12
09:59 Uhr
Linke

Björn Thoroe: "Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein." (Christian VIII von Dänemark)

Rede von Björn Thoroe zu TOPs: 25, 28, Jannine Menger-Hamilton Pressesprecherin
31, 33, 34, 36, 37 DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 52/2012 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 Kiel, 24. Februar 2012 presse@linke.ltsh.de
www. linksfraktion-sh.de


Björn Thoroe: „Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein.“ (Christian VIII von Dänemark)
„Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
Christian VIII (seinerzeit König von Dänemark) hat seinem Finanzminister entgegnet, als dieser sich weigerte den Bildungsetat zu erhöhen: (ich zitiere): ‚Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm wer- den, können wir aufhören, ein Staat zu sein.‘ Und genau das ist ein Kern der heutigen Debatte.
Da haben wir auf der einen Seite die Regierung: Die schwarz-gelbe Koalition hält noch immer an ihren un- sozialen Kürzungsorgien im Bildungsbereich fest.
Auch wenn Sie jetzt anfangen, Nebelkerzen zu werfen, weil wir uns im Wahlkampf befinden. Die Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und auch die Schülerinnen und Schüler in diesem Land werden Ihnen nicht auf den Leim gehen. Alle wissen: Durch Flickschusterei wird es keine qualitative Verbesserung an den Schulen ge- ben. Es wird keine Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer geben und es wird auch keine Förderung der Schülerinnen und Schüler geben. Weder durch ausreichend Schulsozialarbeit noch durch Ganztagsangebote oder binnendifferenzierten Unterricht.
Auf der anderen Seite haben wir die Fraktionen von SPD, GRÜNE und SSW, die sich plötzlich für die Wahl- kampfvorschläge des Bildungsministers interessieren und gleichzeitig die Schuldenbremse und die Haus- haltskonsolidierung hochhalten. Das passt nicht zusammen. Die Schuldenbremse wirkt sich zwangsläufig als Bildungsbremse aus. Die Schuldenbremse ist ein selbstgeschaffener Sachzwang, der dazu dient, Kürzungen im Bildungssystem durchzusetzen, die ohne die Schuldenbremse am erbitterten Widerstand der Betroffe- nen scheitern würden.
Wir, DIE LINKE, meinen es ernst mit einem guten Bildungssystem in Schleswig-Holstein. Wir haben bereits in den Haushaltsberatungen zum letzten Doppelhaushalt gegen die Streichung von Lehrerstellen gestimmt. Uns geht es nicht nur um die bevorstehende Streichung von Stellen im kommenden Schuljahr. Für DIE LIN- KE sind auch die bereits gestrichenen Stellen ein enormer Einschnitt in die Arbeitsfähigkeit der Schulen.
Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Im demographischen Wandel sehen wir die große Chance, endlich die Ausstattung des schleswig- holsteinischen Bildungssystems grundlegend zu verbessern und den Lehrenden erträgliche Arbeitsbedin- gungen zu schaffen. Weniger Schülerinnen und Schüler an den Schulen heißt für uns nicht weniger Stellen für Lehrerinnen und Lehrer. Wir sehen in weniger Schülerinnen und Schülern an den Schulen die reale Mög- lichkeit die Klassengröße durchschnittlich um mindestens 4 Schülerinnen und Schüler zu reduzieren. Wir sehen die Chance, auf alle Schülerinnen und Schüler binnendifferenziert und individuell einzugehen. Und DIE LINKE will die personellen Bedingungen dafür schaffen, Inklusion endlich qualitativ hochwertig umzu- setzen. Alle anderen Parteien sehen – mit unterschiedlichen Facetten – in erster Linie die Möglichkeit für Kürzungen und Haushaltskonsolidierung. Allein für DIE LINKE steht ein qualitativ hochwertiges und sozial gerechtes Bildungswesen an erster Stelle! Wir machen Kürzungsorgien nicht mit!
Wir haben heute auch beantragt den Unterrichtsausfall endlich realistisch zu erfassen. Die Statistik des Bil- dungsministeriums erweist sich als Mogelpackung. Das Ministerium muss endlich eine Statistik über Unter- richtsausfall vorlegen, die sich an den realen Gegebenheiten in den Schulen Schleswig-Holsteins orientiert. Eine reine Auflistung der Stunden, die tatsächlich ausgefallen sind, also in denen Schülerinnen und Schüler nach Hause geschickt wurden, reicht bei weitem nicht aus. Es reicht nicht aus, die Betreuung zu sichern, indem man eine Lehrerin oder einen Lehrer einsetzt, um mehrere Klassen mit Aufgaben zu versorgen. Schu- le muss mehr leisten können, als die Lernenden zu beaufsichtigen. Das bedeutet, um in Zukunft angemes- sene Zahlen vorlegen zu können, bedarf es zumindest der Entwicklung eines validen Messinstruments. Erst dann können wir bewerten, wie die Entwicklung des Unterrichtsausfalls tatsächlich zu interpretieren ist. Aber darum geht es ihnen ja gar nicht. Sie benutzen den Bildungshaushalt als Steinbruch zur Haushaltssa- nierung. Damit machen sie alles nur schlimmer, als es ohnehin schon ist.
Ein letztes Wort zu ihrer Statistik: Uns erreichen viele Briefe, in denen Eltern den Unterrichtsausfall bekla- gen. Das ist für uns ein wichtiger Seismograph für die Bewertung der Situation jenseits aller Statistik. Und demnach besteht extremer Handlungsbedarf. Aus diesem Grund fordern wir in unserem Antrag konkrete Maßnahmen, die endlich zu einer langfristige Lösung des Problems führen.
Ein wichtiger Schritt ist die Einführung einer Statistik, die auch die nicht planmäßigen Stunden erfasst. Dass es technisch möglich ist, zeigt das System, das in Brandenburg eingeführt wurde und dass sich bereits be- währt hat. Darin wird nicht nur erfasst, warum der Unterricht nicht planmäßig erteilt wurde. Es wird auch erfasst, wie der Vertretungsunterricht stattfand. Und Herr Klug, ich kann ihnen nur raten, nehmen Sie auch die Anmerkung der Kollegin Franzen ernst, die unseren Argumenten zustimmt. In den Lübecker Nachrichten vom 2.2 sagte sie, ich zitiere: ‚Das ist kein Instrument zur Erfassung, sondern zur Verschleierung von Unter- richtsausfall.‘
Ich finde es wenig zielführend jetzt, blindlings 12 Millionen Euro in den Vertretungsfonds zu stecken und zu glauben, das würde alle Probleme lösen. Damit wird vielleicht das Symptom bekämpft, aber die Ursache, Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de meine Damen und Herren, liegt doch an ganz anderer Stelle. Die Ursache liegt an der Unterfinanzierung der Schulen, an den Lehrerinnen und Lehrern, die schon längst am Limit arbeiten. Zu wenige Lehrkräfte, zu we- nig Schulsozialarbeiter, zu hohes Arbeitspensum. Herr Klug erst vor kurzem hat der NDR die Frage gestellt, macht die Schule krank. Im Schuljahr 2010/2011 sind fast ein Viertel der pensionierten Lehrerinnen und Lehrer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand gegangen. Ich sage Ihnen, JA, so wie die Schulen im Mo- ment arbeiten müssen, machen sie alle krank.
DIE LINKE fordert eine nachhaltige Lösung. DIE LINKE fordert neben der Aufstockung des Vertretungsfonds die Versorgung 5 % über dem errechneten Bedarf anzusetzen, also 105% LehrerInnenstundenzuteilung. Mit diesen 5 % kann eine Vertretungsreserve entstehen, es können fachliche Aufgaben und pädagogische Maß- nahmen „finanziert“ werden.
Zum Bericht des Ministers möchte ich nur sagen: Hinter dem großen Stichwort Bildung steht ein Zukunfts- versprechen. Es geht, wenn es um Bildung geht um die Zukunft des Landes Schleswig-Holstein. Erstens um die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Jeder Euro, der in Bildung investiert wird, nützt der Volkswirtschaft. Jeder Euro, der ins Bildungssystem fließt, bewirkt volkswirtschaftlich gesehen einen Ertrag von acht Euro. Dies müsste eigentlich selbst die letzten Konservativen oder Liberalen überzeugen. Zumindest, wenn es Ih- nen um die Zukunft des Landes Schleswig-Holstein und all seiner Einwohnerinnen und Einwohner gehen würde.
Der LINKEN geht es zudem um weitaus mehr, als um die wirtschaftliche Komponente. Wie ein Bildungssys- tem ausgestaltet ist, prägt auch die soziale Zusammensetzung der Gesellschaft. Ein gut ausgestattetes Bil- dungssystem würde darauf hinwirken, soziale Ungerechtigkeiten abzubauen. Ein gut ausgestattetes Bil- dungssystem würde die Talente aller Kinder in den Mittelpunkt stellen. Auch die Talente der Kinder, die aus finanziell schlechter gestellten Familien kommen. Ein gerechtes Bildungssystem würde Werte wie Zusam- menhalt und Solidarität vermitteln und nicht 10-jährige auf verschiedene Bildungsgänge aufteilen. Im Bil- dungssystem liegt der Schlüssel für eine solidarische und gerechte Gesellschaft.
Ich bin der festen Überzeugung, dass CDU und FDP die Schulform Gemeinschaftsschule mit voller Absicht gegen die Wand fahren wollen. Die Streichung der Hälfte der Differenzierungsstunden belegt dies ebenso wie die Posse um den Pflichtstundenerlass für Lehrkräfte an Gemeinschaftsschulen. DIE LINKE tritt dafür ein, den Gemeinschaftsschulen ihr Herzstück, die Differenzierungsstunden zurückzugeben. Auch die Mehr- arbeit für Lehrkräfte an den Gemeinschaftsschulen wollen wir zurücknehmen.
Alle Kräfte aufs Gymnasium zu konzentrieren, wie es die Landesregierung praktiziert, hilft nur den ohnehin schon besser gestellten Menschen in unserer Gesellschaft bei der Verteidigung ihrer Privilegien. Die Bil- dungspolitik von CDU und FDP ist ausschließlich Politik für die Bildungselite unseres Landes.



Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Es gibt weitere Beispiele ihrer Politik, soziale Ungleichheit zementieren. und Sie sparen an der Bildung. Die Streichung des beitragsfreien dritten Kita-Jahres, die es Kindern aus finanzschwachen Familien erschwert KITAs zu besuchen. Die Streichung beim Studentenwerk, die bewirkt, dass für Studierende mit wenig Geld weniger Wohnheimplätze zur Verfügung stehen. Ich könnte unzählige weitere Beispiele nennen, warum ihre Politik nicht nur die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes zerstört, sondern auch den sozialen Zu- sammenhalt unserer Gesellschaft.
DIE LINKE will allen Kindern eine gute Bildung zukommen lassen. Jetzt geht es Ihnen aber nicht mehr um die Erreichung von Bildungszielen, mit denen Schleswig-Holstein und Deutschland auch nur den Anschluss an die durchschnittlichen Ausgaben der europäischen Nationen hält, sondern nun zerstören Sie die Schulland- schaft, kürzen die Zuschüsse für die Schulen der dänischen Minderheit, fahren die Anerkennung von Bil- dungsanstrengungen bei der Rentenversicherung herunter und verweigern die Übernahme der Schülerbe- förderung in den großen Kreisen. Das machen wir nicht mit! Wir wollen große Investitionen in Bildung! Wir wollen Investitionen in die Zukunft!
Ich möchte noch kurz etwas zu den Anträgen der SPD sagen. Ich denke wir sind uns einig darüber, dass die individuelle Förderung jedes Kindes endlich im schulischen Alltag umgesetzt werden muss. Unsere Schulen grenzen noch immer aus, sie sortieren unsere Schülerinnen und Schüler. Eine optimale Förderung durch eine Schule für alle, das ist die Lösung, die DIE LINKE fordert.
Die Programme zur Stärkung der Sprachförderung und zum Ausbau der Lese- und mathematischen Förde- rung unterstützen wir als LINKE selbstverständlich. Dass das in unseren Augen nicht ausrecht um ein sozial gerechtes Schulsystem auf den Weg zu bringen, wird sie nicht verwundern.
Wenn wir jetzt schon so weit sind, dass wir durch Wahlkampf-Schaufensteranträge über den Haushalt 2013/14 sprechen, den diese schwarz-gelbe Landesregierung ganz sicher nicht mehr ausarbeiten wird, dann möchte ich auch gern noch die Schwerpunkte der LINKEN an dieser Stelle hinzufügen. Denn neben den zusätzlichen LehrerInnenstellen, der Sprachförderung und der Lese- und mathematischen Förderung muss es endlich auch mehr Stellen für Schulsozialarbeit geben. Längeres gemeinsames Lernen und Inklusive Bildung erfordert nicht nur die Rücknahme der gestrichenen Differenzierungsstunden. Wir brauchen aus- reichend und gut qualifiziertes Personal, um den Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Förderung zu bieten.
Statt Schulschließungen fordert DIE LINKE eine Stärkung des wohnortnahen Bildungsangebots von der Kita bis zur Erwachsenenbildung. Bildung, meine Damen und Herren, darf nicht unter Haushaltsvorbehalt ge- stellt werden. Jeder Euro, der in Bildung investiert wird, hat einen volkswirtschaftlichen Nutzen von ca. 8 Euro zur Folge. Für gute Bildung muss das Geld da sein und zwar nicht nur auf dem Papier für den Koaliti- onsausschuss. Wir brauchen gute Bildung in der Gegenwart und die Zukunft. Viele Dank!“

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