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23.02.12
18:10 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 19 - Frauen und Mädchen im Strafvollzug

Presseinformation
Kiel, den 23. Februar 2012 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 19 Frauen und Mädchen im Strafvollzug Drs. 17/2135

Mein ausdrücklicher Dank geht an die fragestellende Fraktion, deren Anfrage Fakten und
Informationen zutage fördert. Die Antworten zeigen meines Erachtens eindrücklich, wie
komplex die Struktur im Strafvollzug ist.
Andererseits hätte es den Fragestellern gut angestanden, wenn sie in allen Fragen das
Wort „Nordrhein-Westfalen“, wo die dortige Linken-Fraktion die Fragen erstmals stellte,
durch das Wort „Schleswig-Holstein“ ersetzt hätten (siehe Frage 8). Viele Fragen
erübrigen sich – im Vergleich zu NRW - durch die geringen Fallzahlen bei uns. Das
entbindet uns selbstverständlich nicht der Sorgfaltpflicht im Umgang mit einer kleinen
Minderheit.


Mit den Antworten auf die Fragen werden einmal mehr die Unterschiede zwischen den
Geschlechtern deutlich, die sich auch im Strafvollzug zeigen. Die Frauen sind im
Strafvollzug unterrepräsentiert und begehen andere Taten als die Männer. Aus der
Antwort ergibt sich, dass die Frauen im Vergleich zu Männern weniger zu Gewalt neigen. 2
Darüber hinaus zeigt sich der enorme Einfluss von illegalen Drogen auf die Frauen. Jede
zweite Inhaftierte ist drogenabhängig, so dass klar wird, dass Drogenkonsum bei Frauen
in Straffälligkeit mündet und meistens auch zu privaten Schulden führt, die ohne
Schuldnerberatung direkt zur nächsten Straftat führen. Das entsprechende Engagement
in Lübeck erscheint mir vorbildlich.


Wir erfahren eine Menge über Strukturen; bestehende und fehlende. Zu letzteren zähle
ich die fehlende Mutter-Kind-Unterbringung und die fehlende
Unterbringungsmöglichkeit jugendlicher Täterinnen in Schleswig-Holstein. In beiden
Fällen ist zu überlegen, ob Alternativen zur derzeitigen wohnortfernen Unterbringung
bestehen oder eingerichtet werden können. Zwar kann den jungen Frauen in Vechta eine
Reihe von Therapie- und Eingliederungsangeboten gemacht werden, andererseits ist der
Kontakt nach Hause entfernungsbedingt erschwert. Von Flensburg fährt man
beispielsweise fünf Stunden mit dem Zug bis Vechta. Solche Entfernungen können
gerade bei den jungen Frauen nicht im Sinne der Resozialisierung sein.


Die Antworten bezüglich der Kontakte der inhaftierten Frauen zu ihren Kindern lassen
keinen Rückschluss auf den Umfang der Besuche zu. Das ist bedauerlich, ebenso wie die
zu allgemein gehaltenen Antworten zum arbeitsmarktorientierten
Übergangsmanagement. Schließlich ist der Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen
Resozialisierung ein mehr oder weniger intaktes soziales Umfeld, zu dem ein klares
berufliches Profil gehört. Ohne Schulabschluss gehen die Chancen für entlassene
Strafgefangene auf eine existenzsichernde Beschäftigung draußen gegen Null. Es sollten
die Anstrengungen in diese Richtung also intensiviert werden. Es kann nicht angehen, 3
dass vor fünf Jahren das letzte Mal eine Strafgefangene in Schleswig-Holstein einen
Hauptschulabschluss gemacht hat. Diese Zahl hat mich wirklich erschreckt.


Ein abschließendes Wort zur Abschiebehaft. Sie hat nichts mit dem Strafvollzug zu tun.
Abschiebehaft und Strafvollzug geschehen oft in einem Gebäude, sind aber keinesfalls
das Gleiche!
Der SSW lehnt die Abschiebehaft ab. Auch wenn die Zeit, die die Frauen in Abschiebehaft
verbringen, statistisch gesehen sinkt, ist jeder Tag zu viel. In Eisenhüttenstadt können
die Frauen zumindest Besuch erhalten. Dennoch lehnen wir Abschiebehaft ab, weil sie
die Ausländer insgesamt kriminalisiert!