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23.02.12
11:49 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 6: CDU und FDP setzen ihren Feldzug gegen die Städte fort

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 23. Februar 2012


TOP 6,Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung und des Kommunalabgabengesetzes (Drucksache 17/1600 und 17/2266)



Thomas Rother:
CDU und FDP setzen ihren Feldzug gegen die Städte fort


Selten hat uns ein Gesetzentwurf in diesem Landtag erreicht, der so wie dieser in den Anhörungsstellungnahmen von Sachverständigen und in der Öffentlichkeit verrissen worden ist:
„CDU und FDP teilweise auf dem Holzweg“, Bund der Steuerzahler.
„…aus diesen Gründen haben die Gremien des SHGT beschlossen, den Vorschlag zur Streichung von § 76 GO Abs. nicht zu unterstützen“, Jörg Bülow.
„Der Gesetzentwurf setzt sich in der Gesamtschau der Änderungen dem Makel der Widersprüchlichkeit aus“, Prof. Dr. Christoph Brüning, Lorenz-vom-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften.
„…halte ich für so nicht anwendbar…Änderungen, von denen ich abraten möchte“, Reimer Steenbock, Gesellschaft für Kommunalentwicklung und Beratung.
„Abschließend sind wir der Ansicht, dass wiederkehrende Beiträge rechtlich nicht haltbar sind und darüber hinaus nicht den gewünschten Effekt erzielen“, Jochem Schlotmann, Haus und Grund. 2



„Beide Vorstände haben einstimmig den Beschluss gefasst, den Gesetzentwurf abzulehnen“, Städtebund und Städtetag.
„Insgesamt erscheint die vollständige Aufhebung der Verpflichtung zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge vor dem Hintergrund der nach wie vor angespannten Haushaltslage vieler Kommunen nicht opportun“, Dr. Aloys Altmann, Landesrechnungshof.
„Die in Artikel 2 vorgeschlagenen wiederkehrenden Ausbaubeiträge lehnen wir ab“, Dr. Joachim Wege, Raimund Dankowski, Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen.
Und das alles ist nur aus Stellungnahmen, die die CDU selbst angefordert hat, zitiert.
Lediglich der Bauernverband sieht das aus nahe liegenden Gründen positiv! Und diese Gründe sind sogar nachvollziehbar, weil die Wegstrecken an den Äckern und Wiesen ja länger sind als an Eigenheimgrundstücken und Tiefenbegrenzungen beim Straßenbau den Bauern zugute kämen. Welcher Beschenkte kritisiert schon sein Geschenk?
Mit diesem Gesetz setzen CDU und FDP nach dem Landesentwicklungsplan mit einer weiteren schweren Waffe ihren Feldzug gegen die Städte fort. Es ist kein Geheimnis, dass die Bevölkerungszahl Schleswig-Holsteins schrumpfen wird und dass der demografische Wandel dazu führen wird, dass gerade für ältere Menschen die Zentren wieder attraktiver werden. Zu einer vernünftigen Zukunftspolitik gehört es daher, diesen Wandel, hin zu einer älteren Gesellschaft, aufzunehmen, die Zentren zu stärken und die Menschen nicht auf dem platten Land ohne Daseinsvorsorge allein zu lassen.
CDU und FDP wollen aber, dass die Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aufgehoben wird und dass nicht nur ein einmaliger, sondern auch ein wiederkehrender Beitrag erhoben werden kann. Sie wollen die Landgemeinden stärken, junge Familien anwerben und glauben, dort sei genug Geld, um die Beiträge ganz zu übernehmen und somit eine Ansiedlung zu fördern.
Den Städten geht es finanziell meist nicht so gut und sie müssen alle Möglichkeiten der Einnahmenerzielung ausschöpfen. Sie würden bei diesem Mittel des Standortwettbewerbs nicht mithalten können und sollen zudem statt bisher 10 nun 15 % Mindestbeitrag erheben. Das ist 3



alles andere als die Schaffung von Wettbewerbsgleichheit! CDU und FDP locken die Menschen aufs Land, locken sie quasi hinters Gebüsch, sorgen für einen billigen Spaß und lassen die Beteiligten dann sitzen, wenn die Rücklagen im Asphalt verschwunden sind.
Dem Vorhaben von CDU und FDP stehen nicht nur politisch-moralische, sondern auch rechtliche Zweifel entgegen: Gemeinden sind gemäß der Einnahmebeschaffungsgrundsätze des § 76 GO dazu verpflichtet, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen zunächst aus Entgelten für ihre Leistungen und im Weiteren aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Einnahmen nicht ausreichen.
Derjenige, der einen Vorteil aus einer kommunalen Leistung erfährt, ist vorrangig zur Abgabe heranzuziehen – erst dann die Allgemeinheit. Die Entscheidungsträger könnten also unter Druck geraten, vom Beitragsverzicht Gebrauch zu machen, um politisch gut da zu stehen, gerade vor Wahlen, statt an solide Finanzen zu denken. Und genau das haben Städteverband und Landkreistag gestern zu Recht noch einmal kritisiert!
Ebenso zweifelhaft ist der Sinn der Erhebung wiederkehrender Beiträge. Eine vergleichbare Regelung wurde in Rheinland-Pfalz für verfassungswidrig erachtet und ist an das Bundesverfassungsgericht zur Klärung weitergeleitet worden. Unabhängig davon wäre ein hoher Verwaltungsaufwand erforderlich, um die Maßnahmen abzurechnen und die Beiträge zu berechnen. So etwas sorgt dann in der Konsequenz für weitere Rechtsstreitigkeiten.
Somit bleibt der Gesetzentwurf unzureichendes Stückwerk - ohne eine grundlegende Reform der Finanzierungsgrundlagen der Kommunen und ohne einen gerechteren Ausgleich zwischen Städten und ländlichem Raum, die beide notwendig sind. Er ist lediglich ein Wahlkampfgeschenk an den ländlichen Raum.
Ich schließe mich dem Urteil der Landesregierung im Schreiben des Staatssekretär Dornquast vom 05.12.2011 an: „Von einer Umsetzung rate ich aus den genannten Gründen ab“.