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23.02.12
10:59 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 11: Die arzt- und sektorenzentrierte Sichtweise überwinden!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 23. Februar 2012


TOP 11, Gesetzentwurf zur Entwicklung medizinischer Versorgungsstrukturen (Drucksache 17/2238)



Bernd Heinemann:
Die arzt- und sektorenzentrierte Sichtweise überwinden!

Was ist passiert, dass nicht die Regierung, sondern ihre behilflichen Fraktionen ganz schnell noch mal ein Gesetz verabschieden wollen?
Zunächst: Ein neues Landesgremium im GKV-Versorgungsstrukturgesetz findet unsere Zustimmung. So weit, so gut. Regional planen, alle kennen das Land und die Besonderheiten, das macht Sinn. Jetzt wird die Versorgung an die Wirklichkeit in unserem Land angepasst. Endlich! Die Aufgabenstellung des gemeinsamen Landesgremiums klingt auf den schnellen Blick einleuchtend, aber: Warum muss eine Geschäftsstelle beim Land eingerichtet werden? Und was bedeutet das für eventuelle Planstellen? Und von wem werden diese mit welchem Ziel dann besetzt? Gibt es andere Möglichkeiten, die Geschäftsstelle durch die Beteiligten selbst evtl. sogar rotierend zu besetzen?
An die Vertretung der Patienten wurde gleich gar nicht gedacht. Es geht um die Versorgung von uns. Dann sollten wir als Patienten auch vertreten sein!
Wir Sozialdemokraten haben nicht nur dazu Fragen, es soll ja schließlich ein gutes Gesetz werden. Das gilt auch für das Privileg als unmittelbar Beteiligte im §19 Krankenhausfinanzierungsgesetz für die Kassenärztliche Vereinigung. Dieser Vorstoß ist 2011 schon einmal rechtlich gescheitert und muss gutachterlich neu geprüft werden.
Wir würden auch gerne mit den Kassenärzten im Rahmen dieser Gesetzesänderung darüber sprechen, wie die KV z.B. selbst durch eine Satzungsänderung eine sektorenübergreifende 2



Verständigung und einen gestaltenden Austausch mit der Krankenhausgesellschaft formal neu organisieren könnte. Es sei nur der Vollständigkeit halber daran erinnert, dass wir ja alle die Augenhöhe in der Versorgung anstreben.
Es gibt viele Fragen, die mit den wie auch immer Beteiligten zu klären sind, und sicher viele gute Ideen, bevor wir uns alle hinterher über einen Schnellschuss ärgern.
Wir haben mit diesem Gesetz eine weitere Chance, die arzt- und sektorenzentrierte Sichtweise zu überwinden. Aber schon das GKV-Versorgungsstrukturgesetz leidet beispielsweise an der weitgehenden Ausblendung des Krankenhaussektors. Wirklich zukunftsweisende sektorenübergreifende Strukturveränderungen sind ohne das umfassende Mitdenken der Krankenhäuser im Land undenkbar.
Insbesondere die Durchsetzung einer sektorenübergreifenden wirksamen Versorgungsplanung ist in strukturschwachen Regionen für die Schaffung zusätzlicher Versorgungskapazitäten ohne die Krankenhausversorgung kaum machbar. Dabei bricht sich ganz nebenbei die Erkenntnis Bahn, dass die Diagnose bezogenen Fallgruppenabrechnungen das kleine Krankenhaus auf dem Land eigentlich gar nicht mehr vorsehen. Es wird, wie wir nicht nur in Brunsbüttel sehen, immer enger.
Hier versprechen wir uns durch das neue Landesgremium eine Lockerung betonierter Sektorengrenzen, wenn es die beteiligten Akteure zulassen und nicht etwa neue Mauern errichten. Aber wir sind da durchaus zuversichtlich und versprechen uns auch für die medizinischen Versorgungszentren eine neue Aufbruch-Stimmung.
Was wir nicht wollen, ist eine weitere Schwächung der Grundversorgung und der Allgemeinmedizin. Es entsteht der Eindruck, dass das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vor allem zu Gunsten der auch finanziell fortschreitenden Spezialisierung immer weitreichendere Offerten bietet. Besonders wichtig ist uns Sozialdemokraten z.B. die Beteiligung der Kommunen in diesem Versorgungsgremium, denen im Zweifel das Hemd „direkte Standortversorgung“ näher ist als die Hose „schönes Kreiskrankenhaus“.
Im letzten Jahr habe ich einen Gemeindebürgermeister aus Dithmarschen kennen gelernt, der sich mit seiner Gemeindevertretung für den Erhalt einer Landarztpraxis den Straßenausbau und Beleuchtungsprojekte verkniffen und den teilweisen Leerstand des Bauhofes als Chance 3



genutzt hat, um eine behindertengerechte Praxis zu ermöglichen und damit einen Arzt und zwei Gewerbebetriebe dauerhaft im Ort zu halten.
Mit dem neuen Gesetz können Kommunen u. U. sogar direkt in die Versorgung einsteigen und müssen das in Zukunft vielleicht sogar, wenn sie strukturell nicht völlig abgehängt werden wollen.
Ein Thema für dieses Gremium könnte auch die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit Versorgungsplanungsexperten sein. Dies setzt die Beiziehung dieses Sachverstandes allerdings zwingend und ggf. auch formal voraus. Das Gremium bietet viele Chancen, wenn es nicht zahnlos bleibt. Die Empfehlungen, die gemeinsam entstehen, sollten dann auch umgesetzt werden. Viele Chancen und viele Fragen! Gut ist die Etablierung dieses Landesgremiums vor allem dann, wenn sie dafür sorgt, gegenseitige Schuldzuweisungen für Versorgungslücken, Unterfinanzierung, Überbelastung, Engpässe und andere Klagen zu verhindern. Dazu sollte es taugen.
Allerdings, ein gutes Gesetz setzt gute und umfassende Beratungen voraus. Wer wirklich ein nachhaltiges und gutes Gesetz will, der muss alle damit verbundenen Fragen vorher beantworten und auch Nachfragen bei allen Beteiligten vorher ermöglichen und das mit der nötigen Sorgfalt und Zielstrebigkeit. Wir zählen auf Sie.