Martin Habersaat zu TOP 36: Eigener Wissenschaftstarif könnte Probleme lösen
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 27. Januar 2012TOP 36: Gute Arbeit in der Wissenschaft – Verlässliche berufliche Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses in Schleswig-Holstein sicher stellen (Drucksache 17/2186)Martin Habersaat:Eigener Wissenschaftstarif könnte Probleme lösenKurz vor der Wahl ist sie da: Die Versuchung, Wahlkampfflugblätter zu Parlamentsanträgen umzulayouten. Schon die Überschrift des vorliegenden Antrags würde sich auf einem Plakat in Hochschulvierteln gut machen. Nun fordern Sie den Landtag auf, die Landesregierung aufzufordern, die schöne neue Welt an den Hochschulen zu schaffen. Da sind wenige Gedanken dabei, die andere nicht schon vor Ihnen gehabt hätten.Und ein Bestandteil Ihrer Forderung ist die Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen. Ich verrate Ihnen ein Geheimnis, das Ihnen Ihre parlamentarische Tätigkeit in den verbleibenden drei Monaten erleichtern könnte: Nach Artikel 50 unserer Landesverfassung (wie auch nach jeder anderen Landesverfassung und dem Grundgesetz) ist nicht die Landesregierung, sondern der Landtag Haushaltsgeber. Die Landesregierung kann nur im Rahmen des Ende 2010 verabschiedeten Doppelhaushaltes tätig werden – auch wenn wir uns alle wünschen würden, dass die Finanzierung der Hochschulen auskömmlicher wäre als sie in der Vergangenheit war, derzeit ist und wohl auch in Zukunft sein wird.Wir haben über die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses im Zusammenhang mit der Antwort auf unsere Große Anfrage zu den Promotionen und Habilitationen erst vor wenigen Monaten diskutiert. Der Kollege Thoroe hat damals in seinem Redebeitrag auf die soziale Lage von Privatdozenten und auf prekäre Beschäftigung an den Hochschulen hingewiesen. Das ist ein reales Problem, keine Frage. 2Wissenschaftlerstellen an den Hochschulen dienen in erster Linie dazu, wissenschaftlichen Nachwuchs zu qualifizieren und sind deshalb nicht auf eine Dauerbesetzung angelegt. Das vom Bundestag 2007 beschlossene Wissenschaftszeitvertragsgesetz regelt diese Qualifizierungsphase mit seiner 12-Jahresregelung und der Möglichkeit, danach noch in Drittmittelprojekten beschäftigt zu werden, erheblich besser als z. B. die frühere Unsitte, dass Beschäftigte auf den Tag genau fünf Jahre nach Beginn ihrer Tätigkeit entlassen werden mussten.Für eine funktionierende Hochschule gibt es natürlich auch einen Bedarf an dauerhaftem wissenschaftlichem Personal unterhalb der Professur. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass jede unbefristete Besetzung einer Wissenschaftlerstelle zu Lasten der Qualifikationsmöglichkeiten von bis zu 20 Nachwuchswissenschaftlern geht.Befristungsketten bei Drittmittelverträgen können nun nichts mit der Grundfinanzierung der Hochschule zu tun haben, sonst wären es ja keine Drittmittel. Die Ursachen können tatsächlich in einem besonders trickreichen Verhalten des Hochschullehrers liegen, häufig ist es aber so, dass verbleibende Projektmittel aus diversen Projekten und kleinere Projekte zusammengezogen werden, um einem Mitarbeiter eine Perspektive zu bieten – also genau das Gegenteil von dem, was Sie vermuten. Bei den Landesstellen achten normalerweise die Personalräte sehr darauf, dass bei Promotionen zunächst 2-Jahresverträge gemacht werden. Ich habe mir am Montag die Stellenausschreibungen der CAU durchgesehen, alle Promotionsstellen waren auf zwei Jahre ausgeschrieben, eine DFG-Stelle sogar auf drei Jahre.Um wirklich an Problemlösungen zu arbeiten, schlage ich vor, dem Gedanken eines eigenen Wissenschaftstarifes, der auch HiWis mit und ohne Abschluss einschließt, näherzutreten. Viele Verwerfungen, so auch die wirklich nicht neue Problematik der „halben Stellen mit voller Arbeitserwartung“ ließen sich damit besser lösen.Wir haben in einer Kleinen Anfrage vor rund zwei Jahren nach der Vereinbarkeit von Studium und Elternschaft gefragt und erfahren, dass nahezu alle Hochschulen umfangreiche Betreuungsangebote vorhalten; dass aber noch einiges zu tun bleibt. Deshalb bleibt unseres 3Erachtens das Thema „Vereinbarkeit von Studium und Kindererziehung“ ein wichtiges Element bei den Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und Ministerium.Wir haben nichts dagegen, den Antrag der LINKEN im Bildungsausschuss weiter zu diskutieren. Sollte eine Entscheidung in der Sache gewünscht werden, werden wir ihn ablehnen.