Regina Poersch zu TOP 60: Neue Ideen zur Bürgerbeteiligung? Fehlanzeige!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 16. Dezember 2011TOP 60, Bürgerbeteiligung im Bereich der erneuerbaren Energien (Drucksache 17/1922)Regina Poersch:Neue Ideen zur Bürgerbeteiligung? Fehlanzeige!Nur keinen Streit vermeiden! Lässt sich Streit beim Ausbau erneuerbarer Energien vermeiden? Im Bericht ist zu lesen über verschiedene Arten der Bürgerbeteiligung – die es schon gibt und die zum Teil gesetzlich vorgeschrieben ist. Und natürlich ist der Hinweis der Landesregierung im Fazit des Berichts richtig, dass Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist.Danke für diese Zusammenstellung. Das ist ein schöner Bericht zum Sachstand, aber keine Antwort und keine neuen Ideen, wie wir die Bürgerbeteiligung verbessern können. Und verbessern müssen wir sie – denn es geht darum, ganz schnell die erneuerbaren Energien in unserem Land weiter auszubauen. Ich vermisse in dem Bericht Aussagen zu der Frage, was denn über die reine Information von Bürgerinnen und Bürgern hinausgeht? Wo macht die Regierung mehr als sie muss? Und welche Chancen und Möglichkeiten haben denn Bürgerinnen und Bürger überhaupt, echte Veränderungen zu erreichen?Was mit der Energiewende ganz konkret gemeint ist, was mit der Energiewende auf Schleswig- Holstein und die Menschen hierzulande zukommt, wird vielen erst allmählich klar. Dass sich etwas ändern muss – „nach Fukushima“ allenthalben – ist abstrakt irgendwie allen klar. Dezentral, losgelöst von großen Konzernen, vielleicht noch mit sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen für unsere Kommunen, das ist das Gebot der Stunde und klingt zunächst verlockend einfach. 2Windenergieeignungsflächen und neue Stromtrassen sind DIE Herausforderung der nächsten Jahre für unser Land. Unser Land wird sein Gesicht verändern. Manchem Gegner einer Windkraftanlage würde ich gern die Frage stellen, ob denn ein Atomkraftwerk willkommener wäre? Unser Angebot lautet (auch da sind wir uns – nehme ich an – hier im Landtag einig): Wir bündeln beispielsweise Windenergieeignungsflächen an geeigneter Stelle und schließen diese Art der Energieerzeugung gleichzeitig an nicht geeigneten Stellen aus. Mit dieser Art der Planung sind wir bereits bei der ersten Teilfortschreibung der Regionalpläne Mitte der 1990er Jahre gut gefahren – und das Prinzip gilt auch bei den gerade laufenden Regionalplanfortschreibungen.Und doch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass unsere Vorstellung einer zukunftsfähigen Energiepolitik für Schleswig-Holstein nicht überall gleichermaßen gut ankommt. Wenn Menschen Widerstand leisten, sollten wir uns fragen, warum sie dies tun. Überzeugen wir sie, dass diese Schritte notwendig sind! Jede und jeder von uns auf seine und ihre Weise am jeweiligen Ort. Zeit, die wir in Bürgerbeteiligung investieren, die wir als Überzeugungsarbeit verstehen und nicht nur als schnöde Information, ist gut angelegte Zeit, denn sie bringt uns schneller ans Ziel! Unsere Antwort lautet dann oft, „Betroffene zu Beteiligten zu machen“.Meine Vorstellung und die meiner Fraktion einer Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist die Idee, in jeder Gemeinde Schleswig-Holsteins einen Prozess zu starten, mit dem die Erfordernisse der Energiewende und die Chancen für die Bürgerinnen und Bürger sondiert und vor Ort entschieden werden sollen. Und wir setzen auf die Idee, dass Bürgerinnen und Bürger auch wirtschaftlich teilhaben sollen. Energiegenossenschaften, Bürgerinnenwindparks – DAS ist Bürgerbeteiligung, ECHT und nicht nur verfahrensmäßig-formal. Unsere Forderung an die Landesregierung ist, dieses Wirtschaften auch zuzulassen. Im Gemeindewirtschaftsrecht zum Beispiel können wir neuen wie bestehenden Stadtwerken gute Rahmenbedingungen schaffen.Ich mag das Wort „alternativlos“ eigentlich nicht, aber hier beim Thema Energiewende ist es angebracht. Für uns sind bei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern drei Eckpunkte unverzichtbar: 31. Erhalt des Primats der politischen und von der Bevölkerung gewählten Interessenvertreter – eigene Ideen, keine Flucht aus der Verantwortung und kein Verschieben der Entscheidung auf eine zufällige Interessengruppe.2. Schaffung einer dauerhaften Informations- und Kommunikationsplattform im Internet – ähnlich wie das erfolgreich agierende Breitbandkompetenzzentrum Schleswig-Holstein, das vom Land und von der kommunalen Seite getragen wird, um möglichst viele Projekte im Land gebündelt voran zu treiben. Dort gehören alle relevanten und stets aktuellen Unterlagen zur Planung mit u. a. auch bewerteten Alternativen (keine „alternativlose“ Planung darstellen) hin.3. Und schließlich ist eben auch wirtschaftliche Teilhabe eine Form der Bürgerbeteiligung!Lassen Sie uns den Bericht und alle Ideen dazu vertieft im Wirtschaftsausschuss beraten.