Rede von Björn Thoroe zu geringfügiger Beschäftigung
Jannine Menger-Hamilton Rede von Björn Thoroe zu TOP 33: PressesprecherinGeringfügige Beschäftigung DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 447/2011 24105 Kiel Es gilt das gesprochene Wort. Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 presse@linke.ltsh.de Kiel, 15. Dezember 2011 www. linksfraktion-sh.deRede von Björn Thoroe zu geringfügiger Beschäftigung„Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,Geringfügige Beschäftigung ist prekäre Beschäftigung. Es handelt sich um Minijobs. Mehr als 80 Prozent dieser Minijobs werden unterhalb der Niedriglohngrenze entlohnt. Und diese geringfügig Beschäftigten sind völlig unzureichend sozial abgesichert. Sie entrichten keine eigenständigen Bei- träge in die sozialen Sicherungssysteme und erwerben auch keine Ansprüche.Noch aus Zeiten der rot-grünen Regierung stammt die Regelung, dass auf diese Jobs zwar 25 Pro- zent Abgaben in die Sozialversicherung erhoben werden, die Betroffenen aber keinerlei Ansprüche daraus erwerben. Sie bieten keine eigenständige Absicherung gegen allgemeine Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Altern. Die Minijobs unterlaufen die sozialen Sicherungssysteme, da die abgeführten Beiträge ein bisschen höher sind als die Arbeitnehmerbeiträge, die Arbeitgeber- beiträge wegfallen und insgesamt deutlich niedriger sind, als bei einer sozialversicherungspflichti- gen Beschäftigung.In dem Maße wie reguläre Arbeitsverhältnisse durch Minijobs verdrängt werden, verringern sich die Einnahmen der Sozialsysteme. Schöne neue sozialdemokratische Welt.Fast 5 Millionen Beschäftigte in einem Minijobgeben geben an, dass es sich um unerwünschte Tä- tigkeiten handelt. Die meisten wollen mehr arbeiten. Die meisten wollen eine Arbeit, die Existenz sichert. Stattdessen werden sie in Zwangsarbeitsverhältnisse gepresst, die die Betroffenen weiter von Hartz IV abhängig macht.Weitere 2,5 Millionen Menschen üben einen Minijob als Nebentätigkeit aus, um zu niedrigen Ein- kommen aus dem Haupterwerb aufzustocken. Da Minijobs bekanntermaßen sozialversicherungs- pflichtige Arbeitsplätze verdrängen, wird es zugleich immer schwieriger, einen Arbeitsplatz zu fin- Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de den, der anständig entlohnt wird und von dem man leben kann. Da kommt die Wirklichkeit des Arbeitsmarktes nach Hause, meine Damen und Herren. Deshalb sind wir nur unter ganz bestimm- ten, sehr scharf geschnittenen Bedingungen für diese Jobs.Minijobs tragen zusätzlich in erheblichem Maße zur geschlechtsspezifischen Spaltung des Arbeits- marktes bei. Zwei von drei Minijobs werden von Frauen ausgeübt. Minijobs bieten zudem kaum berufliche Perspektiven. Viele Frauen wollen eigentlich gar keinen Minijob. Zwei Drittel aller ge- ringfügig beschäftigten Frauen würden gerne länger arbeiten, im Durchschnitt rund doppelt so lange.Minijobberinnen und Minijobber sind auch im Arbeitsalltag häufig benachteiligt. Obwohl das Ar- beitsrecht auch für geringfügig Beschäftigte gilt, wird es oft missachtet. Das betrifft nicht nur die Gleichbehandlung bei der Entlohnung. Geringfügig Beschäftigte erhalten meist keine Lohnfortzah- lung im Krankheitsfall oder keinen bezahlten Urlaub. Sie werden kaum in Weiterbildungsmaßnah- men einbezogen. Das bestehende Diskriminierungsverbot gegenüber Teilzeitbeschäftigten wird in der Praxis unterlaufen.Das alles führt dazu, dass sich die Unternehmer auf Kosten der Arbeiter immense Kostenvorteile verschaffen. Das ist eine Umverteilung von unten nach oben. Und die Risiken, die dann aus Ar- beitsverhältnissen resultieren, muss nicht der Verursacher tragen, sondern die Allgemeinheit. Wir stimmen Walter Eucken zu, der davon gesprochen hat, dass den Schaden zu tragen hat, wer den Nutzen hat.Minijobs sind keine Brücke in reguläre Beschäftigung. Nur ein Drittel der geringfügig Beschäftigten gelangen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Die große Mehrheit bleibt in der prekären Beschäftigung gefangen. Minijobs sind keine Zwischenbeschäftigung. Sechs von zehn Minijobs dauern länger als ein Jahr, vier von zehn sogar länger als zwei Jahre.Geringfügige Beschäftigung muss ebenso wie die Beschäftigung in der Gleitzone den regulär so- zialversicherungspflichtigen Beschäftigungen gleich gestellt werden. Die Privilegierung von Mini- jobs wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten kennen mehrheitlich keine vergleichbaren Abweichungen von einer allgemeinen Sozialversiche- rungspflicht wie in Deutschland. Die Überleitung von geringfügiger in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist deshalb wichtig für ein sozial einheitliches Europa. Beachtenswert ist die Volks- abstimmung im April dieses Jahres in Slowenien. 80 Prozent haben sich gegen eine Einführung von Minijobs nach deutschem Vorbild ausgesprochen.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de