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15.12.11
11:49 Uhr
SPD

Wolfgang Baasch zu TOP 33: Prekäre Beschäftigung verschärft Gegensatz von arm und reich

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 15. Dezember 2011


TOP 33, Arbeitsbedingungen für geringfügig Beschäftigte verbessern (Drucksache 17/2064)



Wolfgang Baasch:
Prekäre Beschäftigung verschärft Gegensatz von arm und reich

Schlecht bezahlte, atypische und prekäre Beschäftigung hat rasant zugenommen. Das Normal- Arbeitsverhältnis ist schon lange nicht mehr der Normalfall. Über 22 % der Beschäftigten arbeiten mittlerweile im Niedriglohnsektor. 1,4 Mio. Menschen brauchen trotz Erwerbstätigkeit staatliche Unterstützung. Die Hälfte aller neuen Arbeitsverträge ist befristet. Die Zahl der Leiharbeitsverhältnisse hat sich in den letzten sieben Jahren verdreifacht. Leiharbeit wird zunehmend zu Tarifflucht und Lohndumping missbraucht und bietet kaum Chancen, in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis zu wechseln.
Diese Entwicklung hat zu einer massiven Entwertung von Arbeit, von Lebensläufen, von Erwerbsbiografien insgesamt geführt. Es gibt in Deutschland zwei Klassen von Beschäftigten: Die einen stehen in einem festen Arbeitsverhältnis und bekommen einen meist ausreichenden Lohn; oft, aber noch nicht oft genug, zu tariflich vereinbarten Konditionen. Die anderen müssen ihre Arbeitskraft unter Wert und oft mit großer Unsicherheit verkaufen. Sie sind befristet auf Leiharbeits-, Teilzeit- oder geringfügiger Basis beschäftigt. Diese Menschen leben und arbeiten ohne existenzsicherndes Einkommen, ohne berufliche Perspektiven und Teilhabechance. Ihnen wird die gesellschaftliche Anerkennung ihrer Arbeit verwehrt. Auf den Punkt gebracht: Prekäre Arbeitsverhältnisse schaffen prekäre Lebensverhältnisse.
Eine Situation, die ganz besonders hart in Teilzeit beschäftigte Frauen trifft. Fast 40 % aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit. Fast jede dritte Frau in Deutschland arbeitet für einen Niedriglohn, während es unter den Männern mit etwa 12 % deutlich weniger sind. Und es ist ein Skandal, dass bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit immer noch Frauen im Durchschnitt 23 % weniger Lohn erhalten als Männer. 2



Diese Ungerechtigkeit und diesen Missbrauch von Minijobs durch Arbeitgeber gilt es zu bekämpfen und für Fairness auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen. Wir müssen uns für gute Arbeit einsetzen. Das bedeutet, Arbeit muss gerecht bezahlt und existenzsichernd sein. Und Arbeit sollte unbefristet und sozialversichert und auf einem hohen Niveau des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Betrieb organisiert sein. Das Auseinanderdriften unserer Gesellschaft in immer ärmere und immer reichere Menschen muss endlich gestoppt werden.
Um die Dimension noch einmal zu verdeutlichen: In Schleswig-Holstein waren 2010 von 828.000 Beschäftigen 268.000 in geringfügiger Beschäftigung tätig, was einem Anteil von 18,1 % entspricht. Damit liegt Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 16,6 %. Und wenn man auf die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein schaut, so sieht man, dass die Städte Kiel und Lübeck mit einem Anteil von jeweils 15,5 bzw. 15,8 % den geringsten Wert aufweisen, und im Kreis Plön mit 23,3 % der absolut höchste Anteil aller Beschäftigten, die ausschließlich in geringfügiger Beschäftigung tätig sind, gezählt wird. Zahlen, die sich übrigens in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der SPD-Fraktion wiederfinden. Diese Zahlen machen deutlich, dass geringfügige Beschäftigung auch in Schleswig-Holstein alles andere ist als ein geringfügiges Phänomen. Darum müssen die Arbeitsbedingungen für geringfügig Beschäftigte verbessert werden.
Wir fordern die Landesregierung deswegen auf, sich im Bundesrat für eine Reform der geringfügigen Beschäftigung und für eine verstärkte Bekämpfung der illegalen Beschäftigung einzusetzen. Es muss das Ziel sein, stärker darauf hinzuwirken, dass wesentliche arbeitsrechtliche Ansprüche wie zum Beispiel die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlter Urlaub und Kündigungsschutz durch Arbeitgeber den geringfügig Beschäftigten nicht mehr vorenthalten werden. Und durch eine Begrenzung der geringfügigen Beschäftigung auf eine wöchentliche Tätigkeit von maximal 12 Stunden muss Ausbeutung und Lohndumping verhindert werden. Minijobs müssen zurückgedrängt und dürfen nicht ausgeweitet werden. Und der Grundsatz „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ muss für Stammbeschäftigte und Leiharbeiter ohne Ausnahme gelten.
Und darum unterscheidet sich unser Engagement auch von dem Vorschlag der CDU- und FDP- Bundestagsfraktionen, die Verdienstgrenzen bei Minijobs von 400 auf 450 Euro anzuheben. Dies ist der falsche Weg und auch das völlig falsche Signal. Eine Anhebung der Verdienstgrenze auf 450 Euro würde die Situation der davon betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur noch verschlimmern. Die richtige Antwort ist, die Verdienstgrenze bei Minijobs nicht anzuheben und stattdessen für die Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse sowie für die Einführung 3



eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns zu sorgen und damit verbunden auch die Arbeitnehmerrechte von Minijobbern bzw. geringfügig Beschäftigten zu stärken.