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14.12.11
18:03 Uhr
SPD

Siegrid Tenor-Alschausky zu TOP 29: Das Betreuungsgeld ist ein bildungspolitischer Rückschlag

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 14. Dezember 2011


TOP 29, Betreuungsgeld verhindern – Kinder und Familien in Schleswig-Holstein besser unterstützen (Drucksache 17/2060)



Siegrid Tenor-Alschausky:
Das Betreuungsgeld ist ein bildungspolitischer Rückschlag

Was wünschen sich junge Eltern? Gute, bezahlbare Krippen- und Kitaplätze!
Was fordern Pädagoginnen und Pädagogen? Gute Förderung von Kindern auch bildungsferner Schichten durch frühkindliche Betreuungsangebote!
Was fordern Integrationspolitikerinnen und -politiker? Frühe Sprachförderung von Kindern, deren Muttersprache nicht deutsch ist!
Was bietet die CDU/CSU/FDP-Bundesregierung? Ein Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nach den ersten zwölf Monaten nicht in Krippen betreuen lassen! Dieses Betreuungsgeld ist eine Fernhalteprämie, ein Chancenverhinderungsgesetz, das lediglich dazu diente, die CSU zu veranlassen, die unverantwortliche Steuerpolitik dieser Regierung mitzutragen und als Beleg für eine traditionelle Familienpolitik herzuhalten. Frei nach dem Motto: Egal, was Familien leisten können, es ist allemal besser als öffentliche Kindertageseinrichtungen!
Dieses Betreuungsgeld ist politischer Irrsinn. Es ist ein bildungspolitischer Rückschlag, weil es Kinder von früher Förderung in Kitas fernhält. Es ist ein integrationspolitischer Kardinalfehler, weil es Kinder aus Einwandererfamilien von früher Sprachförderung fernhält. Es ist ein gleichstellungspolitischer Holzweg, weil es Frauen die frühe Rückkehr in den Beruf erschwert.
Das Betreuungsgeld dient der Befriedung konservativer (bayrischer) Wählerklientel. Mit einer dringend erforderlichen zukunftsgewandten Politik für bessere Bildungschancen, für bessere Integration, für die Gleichberechtigung von Frauen im Erwerbsleben und bei sozialer Sicherung, für mehr Fachkräfte und einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern ist es völlig unvereinbar. 2



Wer in den letzten Wochen die Haushaltsberatungen in den Kommunen in unserem Land verfolgte, konnte immer wieder feststellen: Unter großen Anstrengungen bemühen sich die Kommunalpolitikerinnen und -politiker, den Ausbau von Krippenplätzen zu finanzieren, um dem ab 2013 geltenden Rechtsanspruch der Eltern vor Ort entsprechen zu können. Aber das wird trotz vielfältiger Anstrengungen nicht gelingen, wenn die Kommunen keine zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten.
Die Milliarden, die jetzt für die Fernhalteprämie verschwendet würden, sollten in den Ausbau von Krippenplätzen und die Finanzierung von Erzieherinnen und Erziehern investiert werden. Denn nach aktuellen Berechnungen fehlen noch 233.000 Betreuungsplätze, um den ab 2013 geltenden Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung erfüllen zu können. Mit den zwei Milliarden, die das Betreuungsgeld jährlich kostet, könnten rund 50.000 zusätzliche Kita-Plätze geschaffen werden.
Lassen Sie mich die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Irene Johns zur Einführung des Betreuungsgeldes zitieren: „Wer die Chancen sozial benachteiligter Kinder verbessern will, setzt mit dem Betreuungsgeld die falschen Anreize… Je früher ein Kind gefördert wird, desto höher sind seine Chancen, Bildung zu erwerben. Frühkindliche Bildung ist eines der Schlüsselfelder zur Gewährleistung gleicher Lebenschancen. In Deutschland ist der Zugang zu Bildungs- und Entwicklungsförderung ganz wesentlich abhängig von der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Eltern, ihrem Bildungsgrad und gegebenenfalls einer Migrationserfahrung. Das Bildungssystem schafft bei uns bisher keinen Ausgleich.“
Auch deshalb bleibt es dabei: Das Betreuungsgeld ist eine Fernhalteprämie, eine Verhinderungsprämie von Chancengleichheit für alle Kinder! Auch ist es absurd, Geld für die Nicht-Inanspruchnahme staatlicher Leistungen zu zahlen. Dann wäre es auch angebracht, jeder und jedem, die keine Opernaufführungen besuchen, dafür eine Prämie zu zahlen.
Ich appelliere insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Machen Sie diesen Unsinn nicht mit! Unterstützen Sie unseren gemeinsamen Antrag und sorgen Sie so mit dafür, dass in unserem Land die Infrastruktur an Kinderbetreuung entstehen kann, die Eltern sich wünschen!