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14.12.11
17:50 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 29 - Betreuungsgeld verhindern - Kinder und Familien in Schleswig-Holstein besser unterstützen

Presseinformation Kiel, den 14.12.2011



Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer
TOP 29 Betreuungsgeld verhindern – Kinder und Familien in Schleswig-Holstein besser unterstützen Drs. 17/2060


Ich habe für den SSW mehrfach deutlich gesagt, dass wir das Betreuungsgeld für den völlig
falschen Ansatz halten. Die Grünen weisen in ihrem Antrag auf eine Tatsache hin, die doch im
Grunde allen hier Anwesenden klar ist: Deutschland hat großen Nachholbedarf in Sachen
Familienförderung und damit insbesondere auch im Bereich der Kinderbetreuungsangebote.
Die so genannte Herdprämie hat - wenn überhaupt - den zweifelhaften Nutzen, dass die Politik
beim Ausbau der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur Zeit gewinnt. Die Nachteile einer
solchen Strategie überwiegen aus unserer Sicht bei weitem. Egal ob es um die bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder eine höhere Qualität der frühkindlicher Bildung geht:
Das Erreichen dieser Ziele würde durch die Einführung des Betreuungsgeldes deutlich
erschwert. 2

In der aktuellen Stunde zum Koalitionsrettungsschirm im November wurde deutlich, dass die
Regierungsfraktionen mit dem Betreuungsgeld eine Stärkung der Wahlfreiheit für die Familien
verbinden. Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass wir hier beim besten Willen keine
echte Wahlfreiheit für alle Familien sehen können. Besonders die Eltern, die nur über wenig
Geld verfügen, stehen durch das Betreuungsgeld unter großem Druck: Sie werden nicht selten
dazu verleitet, ihre finanzielle Situation auf Kosten der Bildungschancen ihrer Kinder zu
verbessern. Die Herdprämie gibt für viele Familien einen konkreten Anreiz dafür, ihre Kinder
von der Kita fernzuhalten und deshalb ist sie sozial ungerecht und kontraproduktiv.


Auch die finanzielle Dimension dieser unsinnigen Maßnahme wurde ausgiebig diskutiert:
Vorsichtig geschätzt handelt es sich allein für Schleswig-Holstein um 40 Millionen Euro
jährlich. Für den SSW gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass dieses Geld beim Ausbau
der Betreuungsinfrastruktur besser angelegt ist. Wir alle wissen, dass hier allein schon wegen
dem garantierten Rechtsanspruch im Jahr 2013 die Prioritäten liegen müssen. Klar ist, dass in
diesem Bereich noch große Anstrengungen notwendig sind, um 35 Prozent der Unter-
Dreijährigen einen Betreuungsplatz bieten zu können. Und daran, dass wir diesem Ziel
hinterherhinken kann heute kaum einer ernsthaft zweifeln.

Die Herdprämie ist in der Tat Ausdruck einer Politik von gestern. Mit dem Ausbau der
frühkindlichen Bildung investieren wir dagegen in die Zukunft Schleswig-Holsteins. Besonders
für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es notwendig, die
Betreuungsmöglichkeiten gerade für die Kleinsten zu erweitern. Doch mit einem größeren
Angebot für Null- bis Dreijährige steigt nicht nur die Zahl der Erwerbstätigen. Die Schaffung
weiterer frühkindlicher Betreuungsplätze kommt auch unmittelbar den Kindern zu Gute: Sie
können wichtige soziale Kontakte knüpfen und ihnen werden Fähigkeiten vermittelt, die zur
Chancengleichheit auf ihrem weiteren Weg beitragen. 3

Dabei muss aus Sicht des SSW klar sein, dass es in diesem Ausbau-Prozess nicht nur um eine
größere Zahl von Betreuungsplätzen geht. Entscheidend für eine gute und moderne
Familienförderung ist vor allem die Qualität der frühkindlichen Bildung. Die Neigungen und
Talente der Kinder müssen endlich gezielt gefördert werden - und zwar in professionellen
Institutionen und so niedrigschwellig wie überhaupt möglich. Damit alle in unserer
Gesellschaft die gleiche Chance auf Bildung bekommen brauchen wir verbindliche
Qualitätsstandards und eine angemessene Finanzierungsgrundlage für die frühkindliche
Bildung. Und wir sind hier optimistisch: Wenn offensichtlich rund 2 Milliarden Euro für das
unsinnige Betreuungsgeld zur Verfügung stehen, werden sich sicher auch Mittel für diese
sinnvolle Zukunftsinvestition finden. Aus Sicht des SSW stünde es Union und FDP wirklich gut
zu Gesicht, wenn sie endlich umdenken und ein modernes Gesamtkonzept der
Familienförderung mittragen. Die aktuellen Pläne sind leider ein Schritt zurück.