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14.12.11
10:17 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 11: Schwarz-Gelb setzt Lobbyinteresse vor Landesinteresse

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 14. Dezember 2011


TOP 11, Gesetzentwürfe zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes (Drucksachen 17/88, 17/1617neu, 17/2089, 17/2112)



Dr. Ralf Stegner:
Schwarz-Gelb setzt Lobbyinteresse vor Landesinteresse


Als wir hörten, dass CDU und FDP dieses Denkmalschutz-Abbaugesetz als ersten Tagesordnungspunkt für Mittwoch, 10 Uhr, setzen wollten, dachten wir schon, Sie hätten das Wort „Denk-mal“ als Imperativ wörtlich genommen und doch noch einmal nachgedacht. Aber leider ist das Gegenteil der Fall. Es ist wie immer: Sie halten gerade das für eine besondere Leistung und brüsten sich für etwas, worüber man in der ganzen Republik den Kopf schüttelt.
Ob beim Glückspielgesetz, beim Sparkassengesetz, bei der Minderheitenpolitik oder jetzt beim Denkmalschutz-Abbaugesetz: Sie tun wirklich alles dafür, das Ansehen unseres schönen Landes zu schädigen, indem Sie, statt das Wohl des Landes zu mehren – wie es unser aller Amtseid vorsieht -, konsequent den Eigennutz über das Gemeinwohl stellen.
Auch wenn Sie nach den Ausschussberatungen einige der gröbsten Unsinnigkeiten wieder zurückziehen mussten, so bleibt das, was Sie vorlegen, ein Schutzgesetz für einzelwirtschaftliche Interessen gegen die Belange des Denkmalschutzes, eben ein Denkmalschutz-Abbaugesetz. Ihr Credo lautet: Lobbyinteresse vor Landesinteresse. Immer wieder konzentriert sich Ihr Handeln darauf, lästige Stolpersteine für einzelne Klientelgruppen aus dem Weg zu räumen.
Warum nur bleiben Sie beim sogenannten konstitutiven Verfahren, statt wie 14 andere Länder zum deklaratorischen Verfahren überzugehen? Wenn das keine Geisterfahrerlogik ist! 2



Warum nur halten Sie an Ihrem § 6 fest, der in der Anhörung fast einhellig verrissen wurde; Sie privilegieren einseitig die wirtschaftlichen Interessen vor dem Denkmalschutz –das ist das Ende eines Denkmalschutzes in Schleswig-Holstein, der diesen Namen verdient.
Warum nur durch die Streichung des bisherigen § 22 auf die Möglichkeit verzichten, die wirtschaftliche Nutzung von Grundstücken mit eingetragenen Kulturdenkmälern ganz oder teilweise z. B. auf die bisher ausgeübte Nutzung zu beschränken? Dies ist, wenn ich hier mal den Denkmalrat zitieren darf: „für die Erhaltung der Kulturlandschaft eine mittlere Katastrophe“. Und das alles nur, um einem kleinen Teil der Grundbesitzer eine Weihnachtsfreude zu machen? Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren von der FDP, dass Sie das nennenswert über die 3 % bringt?
Dieselbe Selbstherrlichkeit Ihrer permanenten Sonderwege zeigt sich in dem in § 5 Absatz 2 immer noch vorgesehenen Ministervorbehalt. Immerhin: Das durch absolut nichts begründbare Stichdatum 1950 ist weg. Stattdessen haben wir nun die 65 quasi als Rentenalter für Denkmale plus Einvernehmensklausel. Was passiert aber, wenn Ministerium und Landesamt unterschiedlicher Auffassung sind? Seine Majestät, der Herr Minister, waren ja schon verstimmt, als der Chef der Denkmalschutzbehörde aus purer Unbotmäßigkeit und - horribile auditu sogar öffentlich - fachliche Einwände vorgetragen hat.
Was bleibt, ist Unklarheit. Lassen Sie mich die Kuriosität dieser Regelung an einem gegriffenen Beispiel erläutern. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe den Vorschlag, unseren geschätzten Herrn Ministerpräsidenten als Kulturdenkmal unter Schutz zu stellen: Heute noch könnte der Herr Minister dagegen sein Veto einlegen – quasi als Rache gegen die Abreibung der FDP im Koalitionsausschuss; ab dem 12. März nächsten Jahres (da würde das Denkmal 65) ginge das schon nicht mehr. Ein einziges Jahr oder vielleicht ein einziger Tag soll also wirklich über die Denkmalqualität entscheiden? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Was dahinter steckt, ist einfach ein Kulturverständnis von vorgestern; was neu ist, ist aus Ihrer Sicht kulturell nicht relevant.
Es ziehen sich Unklarheiten und unbestimmte Begrifflichkeiten wie „Denkmalwert“ und „wesentliche Sichtachsen“ durch das ganze Gesetz. Sicher ist nur, dass dies viel Arbeit für die Verwaltungsgerichte produzieren wird.
Von Mark Twain stammt der Rat, man solle den Gegner nicht schlechter machen als er ohnehin ist. Und Sie haben – das will ich immerhin zugeben – ein paar Verbesserungen vorgenommen und wenige Anregungen aufgegriffen. Insgesamt bleibt Ihr Entwurf aber immer noch Murks, inhaltlich wie technisch. 3



Vielleicht hören Sie ja nicht auf die Opposition, aber ignorieren Sie doch wenigstens nicht das, was der Denkmalrat zu der im Ausschuss verabschiedeten Fassung geschrieben hat. Unsererseits spricht nichts gegen eine erneute Ausschussberatung und eine anschließende dritte Lesung – darin haben wir ja inzwischen Übung. Besser noch, stimmen wenigstens Sie von der Union für unseren Entwurf, der schon einmal gemeinsame Grundlage von CDU und SPD in diesem Hause war. Dies wäre doch kurz vor Weihnachten ein Zeichen der Hoffnung, dass die menschliche Vernunft grenzenlos sein kann. Wäre das nicht wahrhaft Frieden stiftend?