Marlies Fritzen zur Ölförderung im Wattenmeer
PresseinformationEs gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 35 – Explorationsbohrungen im Wattenmeer Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Marlies Fritzen: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 641.11 / 18.11.2011Ölförderung ist ein fossiler AnachronismusDie Ölplattform Mittelplate ist der Stachel im Fleisch des Nationalparks Wattenmeer. Ihn jetzt noch tiefer zu bohren, könnte bei einem Unfall auch den Tod dieses sensiblen und weltweit einzigartigen Ökosystems bedeuten.Auch deshalb ist die völlig überzogene und klamm heimlich vorgenommene Verlänge- rung der Fördererlaubnis um 30 Jahre im vergangenen Jahr in höchstem Maße fahrläs- sig und verantwortungslos.Ölförderung verträgt sich weder mit den Schutzzielen im Nationalpark noch wird sie den Herausforderungen des Klimawandels gerecht. Der Weltklimarat rechnet bereits in 30 Jahren mit einer Erderwärmung um zwei Grad Celsius. Bis zum Ende des Jahrhunderts bewegen wir uns auf eine Erhöhung um sogar vier Grad zu, wenn wir den CO2-Ausstoß nicht ab sofort drastisch verringern. Wir müssen also nicht hin, sondern endlich weg vom Öl! Stattdessen strebt RWE Dea nun aber sogar eine Ausweitung der Ölförderung an.Im Nationalparkgesetz sind Bohrungen ausdrücklich verboten (Paragraph 5 Schutzbe- stimmungen, Absatz 1 Ziffer 1). Eine Ausnahme gilt nur für die Ölplattform Mittelplate A (Paragraph 6, Absatz 3 Ziffer 6).Nach Auffassung des wissenschaftlichen Dienstes (Umdruck 16/3396) sind Explorati- onsbohrungen von dieser Ausnahmeregelung explizit ausgeschlossen, denn diese zielt lediglich auf die Erhaltung des Status quo. Man bräuchte dafür eine weitere Ausnahme, (Paragraph 6, Absatz 4), die nur erteilt werden kann, wenn damit keine erheblichen Be- Seite 1 von 2 einträchtigungen der Schutzziele verbunden sind. Genau diese Gefahr besteht aber, wie zahlreiche Ölunfälle auch in jüngster Zeit belegen.Ölförderung ist eine ständige Bedrohung für die Funktionsfähigkeit des Ökosystems Wattenmeer. Im Falle eines Unfalls droht die großflächige Vernichtung dieses Lebens- raumes, der auch als Nahrungsgrundlage und Kinderstube für die Nordsee insgesamt von hoher Bedeutung ist.Ein Unfall ist nicht unmöglich. Das zeigt auch die Tatsache, dass die vermeintlich so si- chere Bohrinsel Mittelplate durch die Verlagerung eines Priels bedroht ist. Um den Be- trieb aufrechtzuerhalten, wurden seit Herbst 2007 umfangreiche Steinschüttungen vor- genommen. Diese sind nach dem Rahmenbetriebsplan nicht vorgesehen. Es bestehen deshalb Zweifel, ob ein Weiterbetrieb der Bohrinsel überhaupt zulässig ist.Ein Genehmigungsverfahren (Planfeststellungsverfahren) für die Sicherungsmaßnah- men, die einen erheblichen Eingriff in das Wattenmeer darstellen, wurde erst im März 2008, lange nach Beginn der Maßnahme, eingeleitet und ist bisher nicht abgeschlos- sen.Allein dieser ungeheuerliche Vorgang lässt das Misstrauen gegenüber RWE Dea aber auch den zuständigen Behörden nicht geringer werden. Für jede Garage braucht man in Deutschland eine Genehmigung. Erdölplattformen in Naturschutzgebieten dürfen da- gegen offenbar hin und her geschoben werden, ohne dass jemand genauer hinschaut.Ölförderung in Deutschland ist aber auch ökonomischer Unsinn. RWE Dea argumen- tiert, die deutschen Ölreserven würden sich um zwei Drittel vergrößern, wenn sich das vermutete Feld von 23 Kubikmeter Größe bestätigt. Die Importabhängigkeit Deutsch- lands würde vermindert und die Versorgung des gesamten Bundesgebietes auf lange Zeit gesichert. In ganz Deutschland schätzt man die Reserven auf rund 35,9 Millionen Tonnen. Gefördert werden jährlich 2,5 Millionen Tonnen, davon 1,4 von Mittelplate aus. Der Verbrauch liegt bei jährlich 100 Millionen Tonnen. Man muss schon RWE- Mathematiker sein, um daraus eine Unabhängigkeit von Ölimporten zu errechnen.Nein, das Erdöl aus der Nordsee ist so unnötig wie ein Kropf. Wir sollten es lassen, wo es ist und uns durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und verstärkte Energie- einsparung tatsächlich unabhängig machen.Ölförderung ist ein fossiler Anachronismus. Sie passt nicht in die Zeit und erst recht nicht ins Wattenmeer. *** 2