Rede von Heinz-Werner Jezewski zum Bleiberecht - TOP 40
Jannine Menger-Hamilton Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 40: Pressesprecherin Bleiberecht DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag 374/2011 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Es gilt das gesprochene Wort. Mobil: 0160 / 90 55 65 09 presse@linke.ltsh.de Kiel, 7. Oktober 2011 www. linksfraktion-sh.deRede von Heinz-Werner Jezewski zum Bleiberecht – TOP 40„Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,DIE LINKE und viele andere Menschen, die sich in Flüchtlingsfragen engagieren hatten nach der Initiative von Minister Schmalfuß die Hoffnung, dass wir zu einer sinnvollen stichtags- unabhängigen Bleiberechtsregelung kommen. Dass wir eine solche Regelung brauchen, darin sind sich alle einig, die etwas von Flüchtlingsfragen verstehen.Diese Hoffnungen sind nun enttäuscht worden und das massiv. CDU und FDP haben in einem beispiellosen Verfahren einen Antrag mit der Drucksachennummer 17/1746 in den Landtag ein- gebracht. Mit diesem Antrag haben Sie ihren Justizminister zurückgepfiffen.Besonders nach der Anhörung von Sachverständigen im Innen- und Rechtsausschuss ist es mir unerklärlich, wie Sie einen solchen Vorschlag vorlegen können.Bereits das Eckpunktepapier des Ministers Schmalfuß enthielt so hohe Anforderungen an die Menschen, dass ein Vertreter der Kieler Ausländerbehörde erklärte von hundert Menschen, die geduldet in Kiel leben und für die diese Regelung eigentlich zur Geltung kommen sollte, würde kein einziger Mensch die Kriterien erfüllen. Es wird deutlich – ihr Vorschlag ist ein Schein-Antrag. Er würde für eine verschwindend geringe Zahl oder sogar für niemanden zu einer Verbesserung führen.Was mich dabei besonders umtreibt, ist folgende Beobachtung:Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass CDU und FDP in Schleswig-Holstein dabei sind einen Diskurs zu formen. Dieser Diskurs heißt: Wir propagieren einen idealen Flüchtling. Denn das gibt uns die Möglichkeit alle, die diesem Idealbild nicht entsprechen abzuwerten.Ich möchte etwas genauer werden: Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de CDU und FDP stellen sich hin und sagen, von 1090 Menschen, die länger als 6 Jahren geduldet in Schleswig-Holstein dürfen jene in Deutschland bleiben, die1. perfekt Deutsch sprechen,2. die sich niemals eines auch nur kleinen Vergehens, wie z.B. die Verletzung der Residenzpflicht oder Schwarzfahren zu Schulden kommen lassen haben,3. die einen super Abschluss oder Berufsausbildung haben und die 4. zusätzlich einen super Job, der der Wirtschaft hilft haben und 5. gleichzeitig Kinder, die optimal in die Schule integriert sind und die von ihren Eltern zu jeder Zeit optimal unterstützt werden, wenn diese Menschen, die an Perfektion ja kaum noch zu überbieten sind, wenn diese Menschen dann 6. in ihrer „Freizeit“ auch noch ein Ehrenamt ausüben, dann, ja dann sind sie perfekt genug, um von CDU und FDP als „integriert“ bezeichnet zu werden.Damit haben sie sich dann einen befristeten Aufenthalt verdient. Sie dürfen Steuern zahlen, aber nicht wählen.Ich bezeichne einen solchen Vorschlag als populistisch. Das ist unglaublich clevere Schein-Politik, die viele tausend Menschen enttäuscht und für die Geduldeten eine Katastrophe ist.Sie konstruieren einen Idealtypus, der in der Wirklichkeit nicht vorkommt. Der nicht oder fast nicht vorkommt aus Gründen, die sie selbst geschaffen haben.Ich kann die Realität, in der die Menschen leben nur immer wieder in Erinnerung rufen. In der Hoffnung, dass Sie diese, von Ihnen geschaffene Realität endlich zur Kenntnis nehmen.Die von Ihnen georderten Deutschkenntnisse fordern Sie Menschen ab, die Sie explizit von den Deutsch- und Integrationskursen ausschließen. Die Sicherung des Lebensunterhalts fordern Sie Menschen ab, denen Sie lange Zeit keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und dann auch nur nach- rangigen Zugang zugestanden haben. Die Lage ihrer Unterkünfte und auch die extrem beschwer- liche Anerkennung von ausländischen Berufs- und Bildungsabschlüssen erschweren die Arbeits- platzsuche.Die Lage, der Zustand und die Größe der Unterkünfte erschweren einwandfreie schulische Leis- tungen der Kinder.Kurz und deutlich, das was Sie da eingebracht haben sind Kriterien, die in ihrer Gesamtheit ob- jektiv unmöglich zu erfüllen sind und das ist populistisch, weil Sie vorgeben etwas für die Men- schen zu tun, aber keine Menschen damit erreichen. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Weil Sie genauso wie ich im Innen- und Rechtsausschuss die Sachverständigen gehört haben, die sich allesamt extrem kritisch gegenüber den Kriterien geäußert haben, befürchte ich dass Sie die- sen Bockmist sehenden Auges verzapfen.Auch unsere Diskussion im Ausschuss, bei der Vertreter von CDU und FDP immer wieder zurück- gerudert sind und gesagt haben, so wie es geschrieben stehe, sei es doch gar nicht gemeint, war eine reine Lachnummer, meine Damen und Herren. Solange dieser Antrag in dieser Form vor- liegt, muss ich leider davon ausgehen, dass Sie jedes Wort, das Sie hier schreiben ebenso auch meinen. Und selbstverständlich lehnen wir das rundheraus ab.Dass die SPD nun sogar von ihrem ursprünglichen Antrag absieht und sich den Vorschlag vom Minister zu eigen macht, ist unrühmlicher Gipfelpunkt dieser durchweg enttäuschenden Entwick- lung.In unserem Änderungsantrag haben wir detailliert deutlich gemacht, wie eine sinnvolle Bleibe- rechtsregelung das Problem der Kettenduldungen verringern kann. Auch mit dem Vorschlag des Flüchtlingsbeauftragten wären wir noch zufrieden.Ich hoffe, dass sich Vernunft und Menschlichkeit bei diesem Thema irgendwann durchsetzen werden.Vielen Dank!“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de