Serpil Midyatli zu TOP 40: Klare gesetzliche Regelung statt Gnadenentscheidung!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 7. Oktober 2011TOP 40, Bundesratsinitiative für eine wirksame und stichtagsunabhängige gesetzliche Bleiberechtsregelung (Drucksachen 17/1700, 17/1746, 17/1748, 17/1750, 17/1873, 17/1905)Serpil Midyatlı:Klare gesetzliche Regelung statt Gnadenentscheidung!In der August-Tagung waren wir uns hier im Hause einig, dass wir eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung mit vernünftigen Zugangskriterien brauchen. Der Fall Tigran und die Reaktionen der Öffentlichkeit auf dessen bevorstehende Abschiebung haben uns alle, quer durch die Fraktionen, bestürzt und uns vor Augen geführt, dass hier endlich eine gerechte Lösung gefunden werden muss. Entsprechende Anträge wurden in den Ausschuss überwiesen, Anhörungen durchgeführt.Herr Minister Schmalfuß nahm den Fall zum Anlass, am 22. August öffentlich eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung nach dem Vorbild des § 25a Aufenthaltsgesetz zu fordern. In der letzten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses präsentierte er uns schließlich einen konsensfähigen Vorschlag für eine Bundesratsinitiative mit Eckpunkten. Unter anderem fordert er die Sicherung des Lebensunterhaltes durch aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt im Sinne einer überwiegenden Erwerbsicherung – als Ergebnis des Anhörungsverfahrens. Zudem fordert er, dass Antragsteller unbestraft sein müssen, mit Ausnahme solcher Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländerinnen und Ausländern begangen werden können. 2Alles wunderbar, könnte man meinen – aber dem ist nicht so. Denn die Fraktionen der CDU und FDP legten uns in der Sitzung ebenfalls einen Antrag vor, aus dem nicht eindeutig hervorgeht, wie die beiden Kriterien denn gemeint sind. Auf meine Nachfrage hin bekam ich vom Kollegen Gerrit Koch die Aussage, es handle sich um die überwiegende Lebenssicherung. Dem widersprach jedoch die Aussage der Kollegin Damerow, man habe eine völlige Lebensgrundsicherung gemeint. Ähnlich unterschiedliche Auffassungen gelten auch für das Kriterium der Unbestraftheit.Gleichwohl haben die Regierungsparteien ihren Antrag, über dessen Inhalt man offensichtlich völlig unterschiedlicher Auffassung ist, beschlossen. Zugleich haben Sie damit den zuständigen Fachminister Ihrer Landesregierung öffentlich brüskiert, da dessen fachkundiges Urteil Sie offenbar gar nicht interessiert.Wir haben jetzt die interessante Situation, über ein gemeinsames Papier von CDU und FDP abstimmen zu müssen, über dessen Inhalt die Autoren höchst unterschiedliche Auffassungen vertreten. Schwarz-Gelb stellt uns vor immer neue Herausforderungen. Wir sind der Auffassung, dass der Vorschlag von Minister Schmalfuß der richtige Schritt zu einer Bundesratsinitiative ist und legen Ihnen heute hier den Vorschlag des Ministers zur Abstimmung vor.Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Das, was Sie uns hier vorgelegt haben, bringt uns keinen einzigen Schritt weiter. Wenn das so verabschiedet wird, wird keiner der betroffenen 1.800 Menschen in Schleswig-Holstein von der neuen Regelung profitieren können.Der Vorschlag von Minister Schmalfuß ist weder rot noch grün, auch nicht schwarz oder gelb. Zur Lösung eines immer wieder auftretenden Problems ist dies ein sachlicher Vorschlag, bei dem eine Gnadenentscheidung des Ministerpräsidenten durch eine klare gesetzliche Regelung ersetzt wird. Zwar sprechen wir dem Ministerpräsidenten nicht ab, hier verantwortliche Entscheidungen zu treffen, aber das Prinzip „Gnade vor Recht“ ist in einem Rechtstaat keine gute Lösung!Mit der Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses sprechen Sie Ihrem Justizminister erneut das Misstrauen aus, nachdem Sie ihn bereits bei der doppelten 3Staatsbürgerschaft und dem Optionsmodell zurückgepfiffen haben. Welch ein erbärmliches Schauspiel!