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06.10.11
16:41 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 11 + 18: Das Gesetz führt zu Fehlanreizen und Konkurrenzkämpfen

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 6. Oktober 2011


TOP 11 + 18, Anträge: GKV-Versorgungsstrukturgesetz / Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen (Drucksachen 17/1841, 17/1866)



Bernd Heinemann:


Das Gesetz führt zu Fehlanreizen und Konkurrenzkämpfen
Danke für Ihren Bericht Herr Minister, wir hoffen, die Krankenversorgung wird wirklich besser.
Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz birgt in den bisher vorliegenden Inhalten einige Flexibilisierungen und bietet Chancen. Geplant ist allerdings eine Eier legende Wollmilchsau, und das fast geschenkt. Wenigen im Gesetzentwurf genannten Kostenfaktoren stehen weitreichend optimistische Einsparvisionen durch weniger Behandlungen gegenüber. Jetzt können sich alle freuen.
Einzig Finanzminister Schäuble macht in seiner Bewertung die Kostenrisiken deutlich:
• Heilmitteldauerverordnungen
• Entlassungsmanagement
• Zuschläge für besondere Leistungen
• Wegfall von Staffelungen von Arzthonoraren
• Aufhebung der Grundlohnanbindung bei zahnärztlichen Vergütungen
• neue spezialärztliche Versorgungsbereiche ohne Budgetierung
• neue Abrechnungsziffern z.B. für Telemedizin 2



Manches ist wirklich sinnvoll. Der FDP-Bundesgesundheitsminister spricht über Kosten von nur 320 Millionen - ein Schnäppchen, wir sind begeistert! Aber der CDU-Bundesfinanzminister kalkuliert mit 4 Milliarden plus x und das ist deutlich solider kalkuliert.
Im Gesetzentwurf bleiben die Risiken und die Finanzierung im Dunkeln. Hier ist unser Bundesfinanzminister schlau, denn er hat den Bundeshaushalt auch noch gegen einen steigenden Sozialausgleich für die Zusatzbeiträge abgesichert. Das hat er in dieses Gesetz hinein diktiert: „Mehrkosten dürfen den Bundeshaushalt nicht belasten“. Und nun? möchte man die liberalen Gesundheitsminister in Land und Bund fragen.
Verlierer sind die Beitragszahler, vor allem die Menschen mit geringem Einkommen oder Rentner - also die, die sich nur schwer wehren können. Sie müssen nämlich auch die gewollten Zusatzbeiträge bezahlen, die für die vielen neuen Kostenrisiken aufzubringen sind. Und jetzt sollen die Beitragszahler auch noch selbst für den Sozialausgleich derjenigen sorgen, die durch die Zusatzbeiträge überfordert werden. Minister Rösler hat den Sozialausgleich aus Steuermitteln versprochen, da hat er sich wohl versprochen, denn die Versicherten zahlen selbst. Die Menschen, und nicht nur die unteren Einkommensgruppen, werden immer weniger Netto vom Brutto haben.
Wir Sozialdemokraten werden das ändern - mit einer leistungsfähigen Bürgerversicherung, aus allen Einnahmen solidarisch, paritätisch und gerecht finanziert, unterstützt von einem einheitlichen Basisfallwert. Gerecht bedeutet auch: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei stationären und ambulanten Ärzten und zwar von GKV und PKV gleichermaßen.
Das Gesetz wäre auch eine gute Gelegenheit gewesen, eine Alternative zur jetzigen Ausgestaltung der Berufshaftpflicht für alle Gesundheitsberufe zu schaffen; die Hebammen sind nur die Spitze des Eisbergs.
Über das neue Entlassungsmanagement freuen wir uns, aber was das für die Praxis in den Krankenhäusern und die Finanzierung bedeutet, bleibt im Nebel. Die Krankenhäuser haben im Normalfall die Verantwortung - schön, aber der Gesetzgeber muss auch beachten, dass die niedergelassenen Ärzte die notwendigen entsprechenden Verordnungen grundsätzlich nur nach persönlicher Untersuchung realisieren können. Nicht überall kann das so gut funktionieren wie in der Westküstenklinik. 3



Der Informationsaustausch zwischen Krankenhaus, niedergelassenem Arzt und anderen Leistungserbringern ist zwar möglich, aber nicht verbindlich geregelt, weder mit den Hilfsmittelerbringern, noch mit ambulanten Pflegediensten; selbst Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses hierzu - Fehlanzeige.
Und was ist mit der Entscheidungsfreiheit der Patienten? Wer informiert die Patienten im Rahmen des Entlassungsmanagements über die relevanten ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in den Regionen? Vielleicht große private Krankenhausträger mit einladenden Ambulanzen? Alles offen!
Übrigens, Herr Minister, Privat-Monopole sind wirklich zentralistisch. Wenn wir das Problem der ärztlichen Unterversorgung wirklich lösen wollen, müssen wir auch die Überversorgung im Blick behalten, sonst werden bei sehr knappen neu ausgebildeten Allgemeinmedizinerinnen mit Teilzeitarbeitswünschen immer mehr Ärzte benötigt, weil die Überversorgung erhalten bleibt. Kauft die KV wirklich Praxen auf, um sie vom Markt zu nehmen? Wir sind gespannt!
Zuschläge dürfen jedenfalls nicht einseitig erhalten bleiben, während Abschläge gestrichen werden. Stattdessen sollte alles getan werden, um die Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe in allen Sektoren zu fördern. Dies gilt besonders für strukturschwache Regionen.
Das Gesetz ist jedenfalls keine echte Hilfe, es setzt Fehlanreize zur weiteren Mengenexpansion und auf Konkurrenzkämpfe zwischen den Sektoren und Berufen. Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz ist in der jetzigen Form unklar und schwach. Ihr geliebtes Docmobil, Herr Minister, ist in Schleswig-Holstein schon jetzt gescheitert. Die Ärzte verweigern sich schlicht. Mobilität geht auch anders.
Was wir für Schleswig-Holstein brauchen, ist eine Versorgung, die sich am Bedarf ausrichtet und für die älter werdende Bevölkerung erreichbar ist. Dafür müssen wir stärker die Sektoren überwinden und Haus- und Fachärzte ggf. mit Anreizen, übrigens auch der Kommunen, unter einen Hut bringen. Es darf nicht sein, dass das einzige, mit dem fest zu rechnen ist, die höheren Honorare und die steigenden Kosten für die Versicherten sind. 4



Deshalb wollen wir die richtigen Anreize auf echter Augenhöhe setzen und eine glaubwürdige Gegenfinanzierung auf den Weg bringen mit mehr Mitwirkung der Länder und das nicht am Katzentisch.
Stimmen Sie unserem Antrag zu, machen wir unseren Gesundheitsminister mit diesem Auftrag stark!