Anette Langner zu TOP 14: Prioritäten benennen und am Bedarf der Regionen ausrichten
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 6. Oktober 2011TOP 14: Strukturfonds zukunftsfähig für Schleswig-Holstein gestalten (Drucksache 17/1860)Anette Langner:Prioritäten benennen und am Bedarf der Regionen ausrichtenNicht erst durch die kürzlich vorgelegten Vorschläge der EU-Kommission zur Neugestaltung der Strukturfondsförderung ist klar, dass für die neue Planungsperiode ab 2014 1. weniger Mittel insgesamt zur Verfügung stehen, 2. ein größerer Anteil der Strukturfondsmittel in die neuen Beitrittsländer gehen wird und 3. es eine Verschiebung innerhalb der Fonds geben wird.Die Europäische Kommission hat in ihren Vorschlägen deutlich gemacht, dass es zukünftig der Abstimmung eines gemeinsamen strategischen Rahmens und der operationellen Programme auf die Ziele der Strategie 2020 bedarf. Die Finanzmittel sollen auf einige wenige strategische Prioritäten konzentriert werden. Ein System von Konditionalität und Anreizen soll Effizienz und Effektivität und die Leistungsfähigkeit der Programme steigern.Im Rahmen des Konsultationsprozesses zur Zukunft der europäischen Kohäsionspolitik hat es einen umfangreichen Katalog von Stellungnahmen geben. Die Landesregierung hatte die Möglichkeit, schleswig-holsteinische Interessen in die Stellungnahme der Länder einzubringen. Dies ist sicherlich in der Gewichtung der für Schleswig-Holstein so wichtigen 2INTERREG-Programme oder in der Protokollnotiz von Hamburg und Schleswig-Holstein zur Förderung von Metropolregionen im Ansatz gelungen.Aber es gibt noch eine ganze Reihe von Punkten, bei denen wir erst am Anfang der Diskussion stehen und bei denen es auch zwischen den Ländern und der Bundesregierung Differenzen gibt. So lehnen z.B. die Länder vor dem Hintergrund der angespannten Haushalte eine Absenkung der bisherigen Kofinanzierungshöchstsätze der EU unter 50 Prozent ab. Die Bundesregierung dagegen begrüßt eine Überprüfung der Kofinanzierungssätze als einen Beitrag zur Steigerung der Effizienz.Was mir in der ganzen Debatte fehlt und mich im Zuge der fortschreitenden Diskussion über die Zukunft der Strukturfonds zunehmend beunruhigt – und in den nächsten Monaten wird es ans Eingemachte gehen – und da bin ich ganz an der Seite der Kolleg/innen von den Grünen, ist eine Gesamtkonzeption und eine abgestimmte Strategie der Landesregierung, wie sich Schleswig-Holstein in der zukünftigen Debatte positionieren will. Zuerst die Vorstellungen der Kommission abzuwarten und dann eigene Vorstellungen zu entwickeln, halte ich für den falschen Weg.Aus unserer Sicht muss eine Gesamtstrategie der Strukturfondsförderung für Schleswig- Holstein folgende Sachverhalte berücksichtigen: Die Kohäsionspolitik ist ein zentrales Element, um einen gemeinsamen Wohlstandsraum zu schaffen, dies gilt nicht nur auf der zwischenstaatlichen Ebene, sondern ganz besonders auch auf regionaler Ebene. Wenn dies vor Ort sichtbar wird, stärkt es auch die Identifikation von Bürgerinnen und Bürgern mit der EU. Besonders in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise sind Fördermittel entscheidend, die eine Wirkung über den Tag hinaus entfalten, nicht nur im Hinblick auf wirtschaftliche Erfolge, sondern auch für soziale Sicherung und Absicherung.Dies bedingt eine klare Ausrichtung der Programme auf die Prioritäten:Wissen und Innovation stärken, Ausbildung verbessern, Chancen sichern und Arbeit schaffen, den sozialen Zusammenhalt stärken sowie Daseinsvorsorge gewährleisten. 3Die Konzentration auf einige wenige Prioritäten sollte flexibel an dem Bedarf der einzelnen Regionen ausgerichtet sein; die Nutzung von Synergieeffekten zwischen den Programmen und einzelnen Zielen würde den Wirkungsgrad der Förderung erhöhen. Eine Stärkung und flexible Ausgestaltung des ESF, auch in der Priorität Wissen und Innovation, ist dazu eine wichtige Voraussetzung.Das geplante Programm „Connecting Europe“, in dem 40 Mrd. Euro für große Infrastrukturprojekte vorgesehen sind, beinhaltet große Chancen für Schleswig-Holstein beim Netzausbau für erneuerbare Energien und beim Ausbau der Hafenhinterlandanbindungen. Dazu müssen frühzeitig Konzepte entwickelt werden.Eine weitere Bedeutung sehen wir in den Prioritäten Stadtförderung und Stadt-Land- Beziehungen. Die Studie zum Entwicklungspotenzial im Ostseeraum des HWWI bescheinigt gerade den Städten eine besondere Dynamik, die nicht in Konkurrenz zum ländlichen Raum steht, sondern auch Wachstumsimpulse für das Umland entfalten kann.Sie sehen, es gibt viele offene Fragen und es besteht die dringende Notwendigkeit, Konzepte für unser Land zu entwickeln, wenn wir die speziellen Bedarfe Schleswig-Holsteins in die zukünftige Ausgestaltung der EU-Strukturpolitik einbringen wollen, um auch weiterhin von der Förderung maximal zu profitieren. Unsere Ideen dazu habe ich Ihnen gerade geschildert. Aber was tut die Landesregierung? Wo, Herr Ministerpräsident, sehen Sie die besonderen Bedarfe Schleswig-Holsteins, die schon jetzt in die Diskussion eingebracht werden müssen? Wo ist ein schlüssiges Konzept der Landesregierung, mit dem die Verhandlungen in Brüssel geführt werden könnten? Dazu habe ich auch heute wieder nichts von Ihnen gehört.