Icon Hinweis

Unsere Website befindet sich zurzeit im Umbau. Es kann zu kürzeren Ausfällen oder einer ungewohnten Darstellungsweise kommen.

Wir beeilen uns! Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
06.10.11
15:16 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 7: Hilflosigkeit oder Tätigkeitsnachweis der Linken?

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 6. Oktober 2011


TOP 7, Neofaschismus und Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/1755)



Serpil Midyatli:
Hilflosigkeit oder Tätigkeitsnachweis der Linken?


Zunächst einmal möchte ich all denjenigen danken, die an der Beantwortung der Großen Anfrage beteiligt waren. Dies gilt umso mehr, da man sich bei dieser Großen Anfrage mit Recht die Frage stellen darf: Was soll das?
Keine Frage, alle demokratischen Parteien - vorne weg die beiden großen Volksparteien - tragen hier eine große Verantwortung, Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus in all seinen Formen zu bekämpfen. Antidemokraten, die unsere demokratische Grundordnung zerstören wollen, müssen wir entschieden entgegentreten. Dieses tun wir, in dem wir uns mit den Ursachen, den Erscheinungsformen und den Gefahren des Rechtsextremismus auseinandersetzen und dabei auch kritisch hinterfragen, welchen Beitrag wir selbst zu der Entwicklung geleistet haben und was wir besser machen müssen, um rechtsradikalen Brandstiftern das Handwerk legen zu können.
Wir tun es, indem wir uns mit den „Argumenten“ und Parolen der Rechtsextremen beschäftigen, damit wir ihren Vereinfachungen, Vorurteilen und Scheinlösungen widersprechen können und ihnen nicht kampflos die Hoheit über die Stammtische überlassen. Wir zeigen in der Öffentlichkeit Präsenz, indem wir uns an gewaltlosen Demonstrationen gegen rechtsextreme Aufmärsche und Aktionen beteiligen und hierzu auch öffentlich aufrufen. 2



Wir unterstützen die Arbeit der Polizei, die nach unserer Erfahrung und Überzeugung den braunen Mob in Lübeck oder anderswo genauso abstoßend und Ekel erregend findet wie wir, jedoch an Recht und Gesetz gebunden ist und daher Demonstrationsfreiheit für alle zu gewährleisten hat. Wir organisieren Veranstaltungen, in denen wir für mehr Toleranz und Vielfalt in unserem Land werben, über Vorurteile aufklären. Wir machen Infoveranstaltungen in den Schulen. Dazu gehört auch die Finanzierung von Demokratieinitiativen, Beratungseinrichtungen und Aussteigerprogrammen.
Wir beteiligen uns an Runden Tischen gegen Rechtsextremismus dort, wo der Rechtsextremismus nicht nur abstrakt, sondern konkret vor Ort vorhanden ist und das friedliche Zusammenleben der Menschen gefährdet.
Jetzt fragen Sie sich sicherlich, was das denn mit der Großen Anfrage der Linken zu tun hat? Zu Recht. Die Große Anfrage ist aus meiner Sicht entweder ein erschreckendes Dokument der Hilf- und Einfallslosigkeit einer Fraktion, die in ihrer Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus bereits an den Begrifflichkeiten scheitert. Oder aber sie ist der, wie ich finde, ebenfalls gescheiterte Versuch, gegenüber bestimmten Interessengruppen einen Tätigkeitsnachweis für ein Thema abzuliefern, das von Ihnen zwar immer wie eine Monstranz vorweg getragen wird, mit dem Sie sich aber offenkundig - außer anlässlich von Sitzblockaden - überhaupt nicht beschäftigt haben. Wie denn auch? Bei Veranstaltungen von Fachleuten, wie beispielsweise der Fachkonferenz des Rates für Kriminalitätsverhütung vom 19. September in Lübeck, fehlen Sie ja in der Regel.
So ist es denn auch nicht verwunderlich, wenn Ihre so genannte Große Anfrage so spannende Fragen enthält wie beispielsweise Nr. 1.5.4: „Wie finanzieren sich die jeweiligen Parteien, bzw. parteinahen (Jugend-) Organisationen?“ Die überraschende Antwort: „Rechtsextremistische Parteien finanzieren sich im Wesentlichen durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung.“ Toll! Und so geht es weiter. Da wird nach den politischen Mandaten rechtsextremer Parteien seit 2005 gefragt, obwohl doch nun wirklich jeder, der sich in der Szene auskennt und mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass die NPD in der Kieler Ratsversammlung und dem Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg erstmals bei der Kommunalwahl 2008 jeweils ein Mandat erhalten hat. 3



Da werden Datenfriedhöfe angelegt und Zahlen abgefragt, die bereits durch Anfragen der Bundestagsfraktion der Linken ständig erhoben werden.
Wozu das alles dienen soll, erschließt sich uns nicht. Vor allem ist uns völlig unklar, warum diese Auflistung nun erforderlich ist, obwohl die wesentlichen Fakten und Zusammenhänge bereits umfänglich und periodisch im Verfassungsschutzbericht dargestellt werden. Da hat man beim Lesen der Antworten auf Ihre Anfrage zu Recht auch ständig Déjà-vu-Erlebnisse, weil wir in der letzten Tagung bereits über diesen Bericht debattiert haben.
In dieser Debatte fiel übrigens auch vom Kollegen Schippels ein Satz, den Sie mir noch mal erklären müssen. Sie sagten in der Debatte zum Verfassungsschutzbericht 2010 in der Sitzung am 15.09.2011 folgendes: „Der Bericht, der uns heute hier vorgelegt wird, ist aus unserer Sicht so unsinnig wie die Arbeit des Verfassungsschutzes in Schleswig-Holstein.“ Was glauben Sie denn, Herr Schippels, woher denn die Informationen kommen, die Sie da abfragen? Glauben Sie denn ernsthaft, dass das Innenministerium bei der NPD angerufen und nach der Altersstruktur der Mitglieder gefragt hat, oder wann das nächste Zeltlager der HDJ stattfindet? Wie wollen Sie denn ohne den Verfassungsschutz das tatsächliche Bedrohungspotential der rechtsautonomen Gruppen beurteilen? Recht Ihnen da das fachkundige Urteil des Kollegen Thoroe und seiner Freunde? Mir nicht!
Ihre Anfrage ist genau so konfus, wie Ihre Auseinandersetzung mit dem Thema. Ihre Methodik im Umgang mit politischem Extremismus ist widersprüchlich und aus meiner Sicht unprofessionell. Ein Beitrag zur ernsthaften Auseinandersetzung mit diesem Thema ist Ihre Anfrage sicherlich nicht.