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05.10.11
15:15 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 21: Ordentliche Steuersätze und -grundlagen statt Extrasteuern!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 5. Oktober 2011



TOP 21, Bessere Kontrollen der Schusswaffen in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/1874)



Dr. Kai Dolgner:
Ordentliche Steuersätze und -grundlagen statt Extrasteuern!


Mit der letzten Verschärfung des Waffenrechts 2009 wurden verdachtsunabhängige Kontrollen der sicheren Aufbewahrung von Waffen und Munition ermöglicht. Zweifellos geht von unsachgemäßer Aufbewahrung eine erhebliche Gefahr aus, wie es nicht nur der anlassgebende Amoklauf von Winnenden gezeigt hat. Bei der Umsetzung dieser Kontrollen scheint es jedoch, wenn man den Zahlen aus der öffentlichen Diskussion glauben darf, ein erhebliches Vollzugsdefizit zu geben.
Wenn im Kreis Plön bei 4.832 Waffenbesitzern nur 11 Kontrollen stattgefunden haben, dann müsste rechnerisch jeder Waffenbesitzer nur alle 439 Jahre mit einer Kontrolle rechnen. Nun wird eine jährliche Kontrolle sicher nicht notwendig sein, aber die Kontrollwahrscheinlichkeit sollte ausreichend hoch sein, dass jeder Besitzer innerhalb einer normalen Lebenserwartung mit einer Kontrolle rechnen muss, sonst kann sich die gewünschte Lenkungswirkung nicht einstellen.
Es kann nicht sein, dass die Aufbewahrung so gefährlicher Gegenstände wie Schusswaffen so wenig kontrolliert wird. Da die Kreise die Kontrollen als untere Landesbehörde durchführen, gehe ich davon aus, dass der Innenminister dazu noch Stellung nimmt. 2



Eine andere Frage ist allerdings, wie diese Kontrollen zu finanzieren sind. Versuche, eine kommunale Aufwandssteuer einzuführen, sind in letzter Zeit an juristischen Bedenken gescheitert. Das weiß wohl auch der SSW, weshalb er jetzt die Einführung einer bundesweiten Waffensteuer vorschlägt.
Nun ist das mit Steuern so eine Sache, sie sind nämlich nicht zweckgebunden. Die Schaumweinsteuer wurde 1902 nicht nur zur Flottenfinanzierung, sondern auch zur Finanzierung des Nord-Ostsee-Kanals eingeführt. Tja, schade, die 420 Mio. Euro im Jahr könnten wir für den Ausbau doch gut gebrauchen, aber ich schätze, Herr Schäuble wird sich nicht darauf einlassen.
Wir sollten uns auch davor hüten, für jede staatliche Kontrollaufgabe eine Extrasteuer einführen zu wollen. Gibt es demnächst eine Grenzkontrollsteuer für Reisepassinhaber? Eine Fahrradbeleuchtungskontrollsteuer für Radbesitzer?
Wenn die Kommunen die ihnen übertragen Aufgaben nicht wahrnehmen können, dann zeigt das zweierlei: Erstens, wir brauchen endlich ein bundesweites Konnexitätsprinizip, schließlich hat auch hier wieder der Bund die Musik bestellt, ohne etwas dafür zu bezahlen und zweitens müssen wir das FAG in ein kommunales Leistungsgesetz weiterentwickeln, das alle Finanzbeziehungen sowie die damit verbundenen Aufgaben transparent und nachvollziehbar regelt. Hierin würden auch Leistungsumfang und Finanzierungsvolumen der Aufbewahrungskontrolle zu regeln sein.
Der letzte Punkt im SSW-Antrag ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Natürlich müssen die Polizeibeamten wissen, bevor sie zu einem Einsatzort fahren, ob sich eventuell Schusswaffen im Haus befinden. Nicht erst seit der KFN-Studie zur Gewalt gegen Polizeibeamte wissen wir, welches hohe gesundheitliche Risiko unsere Polizeibeamten vor allem im Einsatz- und Streifendienst eingehen. Und wozu sollte ein solches Register auch nützen, wenn nicht zur Gefahrenabwehr? Wir sollten aber bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass trotz der spektakulären und sehr tragischen Fälle die größte Bedrohung nicht von legalen Waffen und ihren Besitzern, fast ausschließlich umsichtige Sportschützen und Jäger, ausgeht! 3



Der Tag, an dem kriminelle Rockerbanden ihre illegalen Waffendepots behördlich kontrollieren lassen, dürfte wohl noch in weiter Ferne liegen. Bei illegalen Schusswaffen hilft kein Register, sondern nur ordentliche Ermittlungsarbeit! Dafür brauchen wir auch entsprechendes Personal in Polizei und Staatsanwaltschaften. Wir brauchen ordentliche Steuersätze und -grundlagen, die die notwendigen staatlichen Aufgaben finanzieren, und nicht ein Wirrwarr aus fragwürdigen Einzelsteuern.